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Studie

Autobauer verschenken Chancen bei Online-Konfiguration

Das Zusammenstellen eines Neuwagens im Internet ist für Kunden laut Branchenexperten oft umständlich und nutzerunfreundlich. Teilweise verschenkten die Fahrzeughersteller wegen Schwachstellen in ihren Online-Konfiguratoren sogar handfeste Verkaufschancen und damit bares Geld. Dies ist das Ergebnis einer seit 2010 laufenden Bewertung zu den deutschen Internet-Fahrzeugkonfiguratoren. Dafür untersuchte die Bonner Preis- und Strategieberatung Simon-Kucher 36 Autobauer. Die Analyse lag der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vor.

Demnach machen die Lokalmatadoren die ersten vier Plätze unter sich aus: Audi, BMW, Mercedes und Volkswagen. Doch eine starke Stellung auf dem Heimatmarkt ist kein Garant für gute Platzierungen. So landet der junge US-Elektropionier Tesla auf Platz fünf. Tesla setzt so im Internet ein Gegengewicht zur Schwäche des noch dünnen Händlernetzes.

Individuell konfiguriert

Die Online-Konfiguratoren sind wichtig: 64 Prozent der Neuwagenkäufer in Deutschland informieren sich vorab im Internet über das gewünschte Fahrzeug, wie Zahlen des Branchendienstleisters Deutsche Automobil Treuhand zeigen. 2015 sei fast die Hälfte der Autos individuell konfiguriert worden. Simon-Kuchers Autobranchen-Experte Martin Gehring gab zu bedenken: „Kunden kommen heute mit sehr konkreten Vorstellungen oder fertigen Konfigurationen zum Autohändler. Der Verkäufer hat immer weniger Einfluss auf das bestellte Fahrzeug. Umso wichtiger wird die aktive Beratung der Kunden im Konfigurator vorab.“

Der Leiter der Studie, Matthias Riemer, bilanzierte den Trend seit 2010 so: „Insbesondere die Verknüpfung mit sozialen Medien hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Bereich der Verkaufsberatung und -förderung im Konfigurator hat sich jedoch nur wenig verändert.“

Schwachstellen

Schwachstellen seien etwa: keine aussagekräftigen Fotos zu relevanten Ausstattungen, Mängel an der optischen Darstellung des konfigurierten Fahrzeugs oder fehlende Hinweise auf bessere Ausstattungen mit nur geringem Preisunterschied. Selbst Standards aus dem Online-Verkauf wie etwa der Hinweis „Andere Kunden kauften auch“ fehlten fast durchgängig. Nur Porsche auf Rang zehn bilde dabei eine Ausnahme.

Verschenkt werde zu oft auch die Chance, anonymisiert Statistiken zu den Käuferwünschen auszuwerten. „Jeder spricht über “big data„ - hier aber bleibt viel Wissen über Kundenvorlieben liegen“, sagte Riemer.

Mehr Online-Präsenz zeigen

Das Internet ist nicht nur für die digitalisierte Mobilität an sich von riesiger Bedeutung, sondern auch als Marktplatz fern klassischer Autohäuser. Auf dem weltgrößten Automarkt China etwa beeinflusst das Internet Kaufentscheidungen und Markenvorlieben nach Einschätzung des Autozulieferers Continental schon heute stärker als anderswo. Das sei etwa wichtig für das Ersatzreifen-Geschäft, sagte Contis Reifenchef Nikolai Setzer vor kurzem: „Das ist eine Umstellung etwa für das Marketing. Man muss deutlich mehr Online-Präsenz haben - und vor allem die richtige für diejenige Generation, die dort hineingeht.“

Autobranchen-Experte Stefan Bratzel meinte: „In China gibt es schon heute 650 Millionen Smartphone-Nutzer. Und ganz anders als etwa in Deutschland läuft bereits ein hoher Anteil der Verkaufsanbahnung in den Autohäusern über das Internet, bis hin zum Abschluss.“ Ein Grund dafür sei auch, dass in China Neuwagenkäufer im Oberklasse-Segment im Schnitt 36 Jahre alt seien - in Deutschland weit über 50 Jahre.

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