C919: Chinas Passagierflugzeug hat langen Marsch vor sich
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Am Freitag hat Chinas staatlicher Flugzeughersteller Comac unter großer medialer Anteilnahme erstmals sein Mittelstreckenflugzeug C919 abheben lassen. Der Jungfernflug ist ein wichtiger Meilenstein in der bisher achtjährigen Entwicklungsgeschichte des Flugzeugs, mit dem Comac große Pläne verfolgt. Die C919 soll dereinst den ähnlich dimensionierten internationalen Bestsellern Airbus A320 und Boeing 737 Konkurrenz machen. Experten sind aber skeptisch, ob der Jet aus China jemals bei Fluglinien im Ausland Fuß fassen wird.
"Überlegenheit des Systems"
Der Comac C919 soll "die ganze Stärke und Weisheit der Nation nutzen und die politische Überlegenheit des sozialistischen Systems ausspielen, die dazu fähig ist, all seine Ressourcen zu konzentrieren, um große Dinge zu erreichen." So heißt es in der Beschreibung des Flugzeugtyps auf der Webseite der Commercial Aircraft Corporation of China (Comac). 2008 wurde das Projekt C919 mit dem Ziel gestartet, den ersten großen kommerziellen Passagierjet des Landes zu produzieren.
2009 wurde das Design des Flugzeugs präsentiert. 2010 ging die erste Bestellung für 100 Stück des C919 ein. Die Wirtschaftsmacht China verfolgte sein Projekt augenscheinlich mit Hochdruck und Erfolg. Der Jungfernflug wurde für 2014 anvisiert, dann aber Jahr für Jahr verschoben. Der Termin am 5. Mai 2017 konnte schließlich eingehalten werden. Der Flug, gestartet vom Flughafen Pudong in Shanghai, wurde vom Staatsfernsehen CCTV live übertragen. Ranghohe Vertreter der kommunistischen Partei waren anwesend. Wie Fortune beschreibt, wurde dem Ereignis ein ähnlicher Stellenwert beigemessen, wie in den USA der 1960er-Jahre den Weltraumflügen der NASA.
Internationale Partner
Rein chinesisch ist die Comac C919 freilich nicht. Das Projekt hat eine ganze Reihe wichtiger internationaler Zulieferer, ohne die der bisherige Fortschritt kaum denkbar wäre. Die Zulieferer kommen unter anderem aus den USA, aus der Schweiz oder aus Frankreich. Auch das österreichische Unternehmen FACC (seit 2009 hauptsächlich in chinesischem Besitz) ist mit an Bord. Es steuert Innenraum-Dekorationen bei.
Viele Zulieferer wurden von Comac allerdings in Firmenkonstruktionen mit chinesischem Anteil gedrängt. Aus Sorge um Patente wurden hochentwickelte Technologien allerdings davon ferngehalten, sodass der C919 am Ende nicht mit topaktuellen Komponenten ausgestattet wurde. Die Triebwerke für das Flugzeug stammen von CFM, einem Joint Venture von General Electric (USA) und Safran (Frankreich). Sie wurden bereits vor drei Jahren nicht als herausragend gegenüber der Konkurrenz bewertet. Bis zur Markteinführung des C919 werden weitere Jahre vergehen.
Komplexer Luftfahrtmarkt
Die Comac C919 soll etwa in drei Jahren reif für den Markteintritt sein. Bis dahin werden die jeweils aktuellsten Versionen der Konkurrenz, der Airbus A320neo, die Boeing 737 MAX, oder die Bombardier CS300, ebenfalls verfügbar und technologisch fortschrittlicher sein. "Die Luftfahrt ist ein komplexer Markt, du brauchst langjährige Erfahrung", meint Marktanalyst Si Jingzhe gegenüber Reuters. "Boeing hat 100 Jahre Erfahrung, Airbus über 40 Jahre." Comac dagegen stehe erst ganz am Anfang seiner Entwicklung.
Innerhalb Chinas droht dem Hersteller kaum Konkurrenz. Chinas Fluglinien sind mehr oder weniger dazu gezwungen, die C919 zu bestellen. Der Staat begibt sich damit allerdings in eine Zwickmühle. Die Flugzeuge der Konkurrenz sollten wesentlich energieeffizienter sein. Somit nimmt man entweder zusätzliche Kosten für die heimischen Fluglinien in Kauf oder man lässt den heimischen Flugzeughersteller im Stich.
Durchhaltevermögen gefragt
China wird jedoch weiter mit Hochdruck am Erfolg seines Flugzeugprojektes arbeiten, auch auf internationaler Ebene. Comac bemüht sich derzeit um Zertifizierungen der amerikanischen und europäischen Luftfahrtregulatoren. Ist die C919 einmal von ihnen abgesegnet, könnte der Mittelstreckenjet aus China auch für Käufer aus anderen Ländern interessanter werden. Der Markt in China ist unterdessen groß genug für satte Erträge. Laut Einschätzung von Boeing werden in China bis 2036 mehr als 6800 neue Flugzeuge zu einem Wert von rund einer Billion Dollar (910 Mrd. Euro) benötigt.
"Außerhalb von China kann die C919 höchstens sehr langfristig zu einem echten Konkurrenten werden", wie Luftfahrtexperte Kurt Hofmann der futurezone erklärt. "Airbus und Boeing, in zweiter Linie aber auch Bombardier und Embraer haben bereits global Marktanteile und ihre Produkte funktionieren bestens. Comac muss erst beweisen, dass sein Flugzeug die Erwartungen erfüllt." Für neue Flugzeughersteller sei es traditionell schwierig, Produkte international zu verkaufen.
Wo sich die C919 in ferner Zukunft hervortun könnte, ist der Preis. Auch das sei schwierig, weil Airbus und Boeing ihre Produktionskosten beständig senken, meint Hofmann. Irgendwann könnte Comac die Konkurrenz aber unterbieten. "Airbus und Boeing nehmen den neuen Mitspieler wahr. Die werden die Entwicklung von Comac genau beobachten."
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