Server-Dienste

Cloud Computing: Dreikampf um die Milliarden

Der Server als Drehscheibe für alle persönlichen Daten – darin sehen die führenden IT-Konzerne Apple, Google, Microsoft und Amazon das nächste große Geschäft. Anstatt Musik, Fotos, Software und Dokumente ständig zwischen Arbeitscomputer, Heim-PC und Smartphone hin und her kopieren zu müssen, soll die so genannte „Cloud“ – riesige Serveranlagen – diese Daten automatisch via Internet synchronisieren.

„Das Abgleichen und Synchronisieren von Geräten treibt einen in den Wahnsinn“, sagte Apple-Chef Steve Jobs bei der Präsentation von „iCloud“ – jenem neuen Dienst, der diesem „Wahnsinn“ ein Ende setzen soll und iPhone-, iPad- und Mac-Nutzern ab Herbst teilweise gratis zur Verfügung stehen.

Rennen um Marktanteile
Bei „gratis“ wird es aber wohl nicht bleiben: Eine neue Studie des US-Marktforschers Forrester Research rechnet vor, dass 2016 das Geschäft mit Cloud-Angeboten zwölf Milliarden US-Dollar (8,2 Mrd. Euro) ausmachen wird. Allein in den USA soll jeder Dritte seine Daten an einen Server-Betreiber ausgelagert haben – und davon jeder Zweite auch bereit sein, dafür zu zahlen.

Dabei werden die Anbieter vorraussichtlich das Freemium-Modell fahren: Basis-Funktionen sind kostenlos, wer mehr will (z.B. iTunes Match), zahlt eine Gebühr oder muss ein Abonnement abschließen. Google etwa bietet seine Apps ("Docs", "Gmail", "Calendar") Privatnutzern kostenlos an, im Einsatz im Unternehmen werden etwa 40 Euro/Nutzerkonto/Jahr verrechnet.

Amazon außen vor?
Die Cloud-Dollars werden sich Forrester zufolge drei US-Unternehmen teilen: Apple, Google und Microsoft. Während Apple auf Unterhaltung wie Musik und Filme setzt und Microsoft seine Büro-Software „Office“ online an Firmen vermieten will, lagert Google gleich sein komplettes Betriebssystem „ChromeOS“ auf seine Server aus.

Geht es nach der Prognose von Forrester, soll der Online-Riese Amazon, Betreiber riesiger Rechenzentren, übrigens wenig von dem neuen Geschäftsfeld abbekommen. Gerüchten zufolge (Engadget-Bericht) will Amazon Tablets mit Googles Betriebssystem Android auf den Markt bringen und würde in diesem Moment auch seine Chancen im Cloud-Markt aufgeben.

Vertrauensproblem
Bevor sich die IT-Riesen um Marktanteile balgen können, müssen sie erst das Vertrauen der Konsumenten gewinnen. Server-Ausfälle, Internet-Blackout oder Funkloch: Da der Zugriff auf die eigenen Daten auf Handy oder Notebook einen funktionierenden Online-Zugang voraussetzt, gibt es viele Glieder in der Kette, die ausfallen können.

Auch im bezüglich Datenschutz weitaus empfindlicheren Europa werden die US-Firmen zu kämpfen haben. „Hier ist den Leuten Privatsphäre und Kontrolle wichtiger als in den USA“, sagt etwa Mitchell Baker, Vorsitzende des Firefox-Herstellers Mozilla, kürzlich in einem

. „Die Sorgen, dass ein oder zwei Konzerne die ganze Kontrolle über das Internet haben, sind hier viel größer.“

Schmutzige Wolke
Der Begriff „Cloud“ verschleiert außerdem die Umweltproblematik von Server-Diensten. Die Rechenzentren sind bei steigender Tendenz bereits für zwei Prozent des globalen Stromverbrauchs verantwortlich. Einer

zufolge beziehen US-Firmen große Mengen Energie aus umweltschädlichen Kohlekraftwerken – Apples Server-Farmen sind dabei die schmutzigsten.

Die Anstrengungen der Branche, ihre Rechenzentren auf "öko" zu trimmen, sind dabei nicht zu übersehen. Vor kurzem startete Facebook das "Open Compute Project" (

), bei dem es darum geht, effizientere Datenzentren zu entwerfen.

Cloud-Angebote in Österreich
Während „iCloud“ von Apple im Herbst und Googles Online-Betriebssystem ChromeOS im Juli starten, gibt es unter anderem diese Cloud-Angebote bereits in Österreich:

Microsoft vermietet die Büro-Programme Word, Excel und PowerPoint unter www.office365.com. Die Nutzung kostet  pro Nutzer und Monat ab 5,25 Euro. Zudem gibt es bei Microsoft mit „SkyDrive“ 25 Gigabyte gratis Online-Speicher für Hotmail-Nutzer.
Google
stellt schon seit geraumer Zeit kostenlose Online-Programme wie „Texte & Tabellen“, „Kalender“ oder „Gmail“ zur Verfügung. Die Nutzung setzt einen Google-Account voraus.
T-Mobile
bietet Kunden im „Mediencenter“ Online-Speicherplatz  für Musik, Fotos oder Videos an. Zehn Gigabyte kosten 2,90 Euro pro Monat, für 100 GB sind fünf Euro pro Monat fällig. Via Smartphone kann man auf diese Daten zugreifen und etwa Musik anhören, ohne die Dateien herunterladen zu müssen.
Dropbox
vergibt kostenlos zwei GB Online-Speicher unter www.dropbox.com, die Daten können von überall abgerufen werden. Dropbox hat seine Server bei Amazon angemietet.
Evernote
spendiert Nutzern seines Notizen-Dienste unter www.evernote.com pro Monat kostenlosen Online-Speicherplatz von 60 MB. Wer mehr benötigt, zahlt etwa eine Jahresgebühr von 36 Euro und bekommt dafür 1 Gb/Monat.
TunesBag
, eine junge Wiener Web-Firma, bietet unter  www.tunesbag.com einen Gigabayte kostenlosen Online-Speicher für MP3s an, die man mobil am iPhone abrufen kann.

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Jakob Steinschaden

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