Emissionsnebel NGC 3603 und NGC 3576

Die Emissionsnebel NGC 3603 (links) and NGC 3576 (rechts) 

© EPA / ESO/VVVX survey HANDOUT

Science

Forscher veröffentlichten gigantische Infrarot-Karte der Milchstraße

Über einen Zeitraum von 13 Jahren hat ein internationales Team von Astronomen mit dem Spezialteleskop VISTA der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile die Zentralregion unserer Milchstraße im infraroten Bereich fotografiert. Über 500 Terabyte an Daten haben die Wissenschaftler dabei gesammelt und 1,5 Milliarden Objekte erfasst - ein gewaltiger Schatz, dessen Auswertung vermutlich Jahrzehnte dauern wird, schreiben die Forscher im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics".

"Es handelt sich um die bisher umfangreichste, vollständigste Erfassung der Zentralregion der Milchstraße", schreiben die Astronomen um Roberto Saito von der Universität Santa Catarina in Brasilien. Die Karte enthält zehnmal mehr Objekte als die vorherige, die das Team vor zwölf Jahren veröffentlicht hat. VISTA, das Visible and Infrared Telescope for Astronomy, ist auf Beobachtungen im Infrarot-Bereich spezialisiert. Diese Strahlung durchdringt das Gas und den Staub, der überall in der Milchstraße vorhanden ist, und ermöglicht so einen klaren Blick in das Zentrum der Milchstraße hinein.

➤ Mehr lesen: Wie Forscher im All und tief im Berg Dunkle Materie suchen

200.000 Himmelsaufnahmen

Auf den über 200.000 Himmelsaufnahmen entdeckten die Astronomen neugeborene Sterne, die noch in dichte Staubwolken gehüllt sind, ebenso wie bisher unbekannte Kugelsternhaufen, Ansammlungen von vielen Hunderttausend bis zu Millionen von Sternen. Zu den vielen neuen Entdeckungen zählen außerdem Braune Zwerge - eine Art verhinderter, kühler Sterne, in denen es keine dauerhafte Kernfusion gibt -, sowie kalte Riesenplaneten, die nicht einen Stern umkreisen, sondern einsam ihre Bahn durchs All ziehen.

ESO telescope captures the most detailed infrared map ever of our Milky Way

Von links nach rechts und von oben nach unten: NGC 3576, NGC 6357, Messier 17, NGC 6188, Messier 22 und NGC 3603

Insgesamt hat das Team VISTA in 420 Nächten von 2010 bis 2023 genutzt. Dabei haben die Forscher jeden Bereich der untersuchten Himmelsregion - deren Fläche so groß ist wie 8.600 Vollmonde - mehrfach fotografiert, um auch Veränderungen erfassen zu können. Auf diese Weise identifizierten sie zahlreiche Sterne, die ihre Helligkeit regelmäßig verändern. Einige davon, die sogenannten Cepheiden, dienen den Himmelsforschern auch als Entfernungsmesser. Mithilfe dieser Sterne konnte das Team sogar eine dreidimensionale Karte der zentralen Milchstraße erzeugen.

Bewegung von Sternen

Zudem erfassten die Astronomen durch den Vergleich mehrerer Aufnahmen auch die Bewegung von Sternen. Dabei stießen sie auf zahlreiche sogenannte Hyperschnellläufer: Sterne, die mit bis zu tausend Kilometern pro Sekunde durchs All sausen. Diese Sterne sind vermutlich unlängst nahe an dem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße vorbeigeflogen und haben dadurch ihre hohe Geschwindigkeit erhalten.

Zwar werden Forscher nun auf lange Zeit mit der Auswertung der Daten beschäftigt sein. Doch deshalb ruhen sie sich nicht auf ihren Lorbeeren aus. Die ESO plant bereits die Aufrüstung von VISTA mit einem neuen Zusatzgerät - und auch das Very Large Telescope der ESO bekommt ein neues, hochempfindliches Instrument. Mit beiden Teleskopen können die Forscher dann die Strahlung vieler Millionen Objekte noch genauer untersuchen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare