Games-Branche stellt sich auf harte Zeiten ein
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Entwicklung, Finanzierung, Marketing – alles ist schwerer und härter geworden. So lautet der Grundtenor auf der Game Developers Conference (GDC), die diese Woche in San Francisco stattfindet. Egal ob als riesiges Studio, mittelgroßer Entwickler oder kleines Independent Team, für jeden hat sich der Wettbewerb drastisch verschärft. Die Entwicklungskosten steigen, weil Konsumenten mehr Qualität in Sachen Grafik erwarten. Die Marketingausgaben sind ebenso gewachsen, weil es ob der wachsenden Konkurrenz immer schwieriger wird, aufzufallen und ein Publikum zu finden. Als Reaktion haben vergangenes Jahr etliche Studios geschlossen oder wie etwa Activsion Blizzard diesen Februar einen Teil der Belegschaft entlassen.
Kleine Studios haben kaum noch Chancen
"Ich bin froh, dass wir schon einige Jahre dabei sind. Ich würde jetzt nicht ein Studio aufmachen wollen", sagt Paul Taylor im Gespräch mit der futurezone. Der Brite ist einer der Chefs von Mode 7 Games, das mit Frozen Synapse im Bewerb des diesjährigen Independent Games Festivals läuft. Vor fünf Jahren waren die Erwartungen an ein Indie Studio noch bedeutend geringer als heute. "Der Wettbewerb hat sich deutlich verschärft", so Taylor. Für ihr nächstes Spiel etwa haben sie erfahrene Grafiker und Audio-Designer angeworben, um sich vom Mitbewerb abheben zu können.
"Die Chancen für kleine Studios werden immer geringer", resümiert auch Nils Deneken gegenüber der futurezone. Der Gründer des Studios Die Gute Fabrik ist mit dem Spiel Joust beim Festival nominiert. "Die Konkurrenz ist enorm und es ist schwer, sich etwas langfristig aufzubauen. Oft gehört auch extrem viel Glück dazu, um einen Hit zu landen", so die ernüchternde Bilanz des deutschen Designers. Ohne öffentliche Fördermittel und eigenes Geldinvestment könnte der Firma kaum überleben.
Social Games: Markt ist gesättigt
Zu einem tristen Schluss kommt auch Steve Meretzky vom Social Game Entwickler Playdom. Sein Vortrag "Social Game Design 2011: A year in Review" eröffnete die diesjährige GDC und analysierte vergangene und kommende Trends. Laut Meretzky, einem Veteranen der Spielebranche, sei der Boom-Markt der Social Games weitestgehend gesättigt. "Wer jetzt in diesen Markt eindringen will, braucht viel Geld und viel Zeit", so der Amerikaner. Große Studios besetzen wichtige Genres und schrauben im Wettlauf mit der Konkurrenz die Qualität kontinuierlich nach oben. Kleine Studios hätten kaum noch Chancen. Als Beispiel nennt er etwa Zyngas CastleVille, dessen Soundtrack von einem Orchester eingespielt wurde. Auch die Grafik sei im Vergleich zu älteren Zynga-Titeln extrem hochwertig. Dieser Trend zu besserer Aufmachung werde sich zweifellos fortsetzen.
Vorteile durch Datenanalyse
Durch den Erfahrungsvorsprung seien die etablierten Studios zudem im Vorteil. Da gerade Social Games von der Analyse der Spieler leben, können erfolgreiche Firmen auf diesen Daten aufbauen und so optimierte Produkte abliefern. Größere Studios können sich auch Statistiker und Mathematiker leisten, die untersuchen, wie ein Titel gespielt wird, an welchen Stellen Spieler aussteigen und warum. Kleinen Entwicklerteams bleiben diese Erkenntnisse oftmals verwehrt. Abhilfe soll in den nächsten Jahren laut Meretzky die Einführung des Publisher-Modells bringen. Kleine Studios wenden sich mit ihren Social Games nicht mehr direkt an Facebook, sondern überlassen die Vermarktung einem Verlag bzw. Vertrieb. Dieser übernimmt dann auch die Analyse und Aufbereitung der Daten für den Entwickler. Erstes Anzeichen für diesen Trend ist etwa Zynga.com, das eigenständige Portal des bekannten Social Games Herstellers.
Große Studios schaufeln sich eigenes Grab
Laut Philip Reisberger vom deutschen Studio Bigpoint leiden aber nicht nur die kleinen Studios. Auch Größen wie Zynga und EA bekommen den Druck zu spüren. "Die Lebenszyklen von Spielen werden immer kürzer. Zwar ist der Zuwachs rasanter, dafür ist der Verfall auch schneller da", so Reisberger. Farmville hatte lange Zeit, um eine Nutzerbasis aufzubauen und konnte danach konstante Nutzerzahlen halten. Das sei nun anders. EAs The Sims Social hatte zwar binnen kurzer Zeit Millionen von Nutzern, nach wenigen Monaten setzte aber bereits die Abwärtsbewegung ein.
Das Kopieren bewährter Konzepte
Damit weiterhin Geld in die Kassen kommt, sucht man auf der GDC fieberhaft das nächste große Ding. Ein Trend, der sich laut Meretzky bereits 2011 abzeichnete, wird sich heuer fortsetzen. Alte oder vergessene Spielkonzepte werden als Social Game neu aufgelegt. Er rechnet mit einer Unzahl an Hidden Object Games (in statischem Bild Gegenstände finden), mit Bubble Burst Games (gleichfärbige Blasen zerplatzen) oder etwa Wortspielen (Scrabble, Anagramme). Auch Casino Games und Slot Games sollen sich Meretzkys Analyse zufolge 2012 noch stärker auf Facebook und anderen Plattformen ausbreiten. Schließlich werden Firmen versuchen, andere Zielgruppen abseits der gelangweilten Hausfrau zu erreichen. Vor allem der Hardcore Gamer ist dabei im Visier der Studios. Er gibt tendenziell mehr Geld aus als ein Casual Gamer. "Spiele, der sich auf diese Zielgruppe spezialisieren, werden von Venture Capitalists gerade extrem unterstützt", so Meretzky.
Mobil, sozial und im Fernsehen
Besonders viel Potenzial erwartet sich die Branche heuer jedoch von der Konvergenz aus Social und Mobile. Laut Reisberger von Big Point werden diese zwei Segmente heuer zusammen wachsen. Soziale Elemente werden verstärkt in mobile Spiele einfließen und dabei die speziellen Eigenschaften des Smartphones berücksichtigen.
Andere Spielestudios wiederum setzen ihre Hoffnungen in eine gänzlich neue Gerätekategorie. "Wir experimentieren mit SmartTVs. Aus unserer Sicht ist das ein Markt, der demnächst abheben wird", sagt Simon Gardner, Chef des britischen Entwicklers Climax gegenüber der futurezone. Sein Studio überlegt bereits intensiv Konzepte für diesen Bereich. Mit dem Start wolle er aber erst warten. Falls Apple einen eigenen Flat-TV bringt, werde das den gesamten Markt anstacheln. Sobald das passiert, sei das Studio ganz vorne dabei.
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