Kaufen statt mieten

Handel mit Gebrauchtsoftware im Aufwind

Auf rund 8,8 Milliarden Euro, schätzen Marktforscher das Potenzial für den Verkauf gebrauchter Software in Europa. Für Österreich wird ein Marktvolumen von bis zu 300 Millionen Euro angenommen. Noch sind die Umsätze weit davon entfernt. "Das liegt auch daran, dass viele Unternehmen nur ungenügend über die Möglichkeiten gebrauchter Software informiert sind", sagt Stefan Tauchhammer, Geschäftsführer des nach eigenen Angaben ersten österreichischen Gebrauchtsoftwarehändlers SoftwareReUse.

Der Umsatz des Ende 2010 gestarteten Unternehmens hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Rund 430.000 Euro setzte Tauchhammer mit dem Verkauf gebrauchter Software 2013 um. Zum kräftigen Umsatzwachstum hat vor allem ein Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beigetragen, der im Juli 2012 den Weiterverkauf von Software auch dann für rechtmäßig erklärte, wenn sie aus dem Netz heruntergeladen wurde. Der EuGH bejahte auch das Recht auf den Weiterverkauf von Volumenslizenzen unter bestimmten Bedingungen. "Seither haben wir einen ganz starken Zuwachs", sagt Tauchhammer.

"Viele wollen keine Cloud-Dienste"

Auftrieb erhält das Geschäft der in Wien ansässigen Firma aber auch durch Änderungen im Geschäftsmodell großer Softwarefirmen, wie Adobe und Microsoft. Die Hersteller setzen zunehmend auf den Verkauf von Mietlizenzen in Verbindung mit Cloud-Diensten. "Uns bringt das viele Kunden", sagt Tauchhammer. "Viele Unternehmen wollen solche Modelle nicht. Sie wollen lieber Software kaufen."

Das liege auch daran, dass Software in österreichischen Betrieben sehr lange genutzt werde. "Wir haben viele Unternehmen, die noch Office 2003 oder Office 2007 im Einsatz haben." Der Funktionsumfang älterer Versionen würde für den Einsatz in Firmen auch häufig genügen, sagt der Gebrauchtsoftwarehändler.

Zögern bei neuen Versionen

Grund für den Kauf gebrauchter Software ist neben Kosteneinsparungen, die bis zu 75 Prozent betragen können, auch der Einsatz älterer Betriebssysteme in Unternehmen. Firmen würden bei Betriebssystemen sehr lange zuwarten, bis sie neue Versionen implementieren. "Es gibt viele Unternehmen, die noch Windows XP nutzen", erzählt Tauchhammer. "Neue Office-Versionen laufen darauf gar nicht."

Beim Zukauf von Software würde von Unternehmen auch darauf geachtet, dass einheitliche Softwareversionen zum Einsatz kommen, da sonst mit Kompatibilitätsproblemen zu rechnen sei. "Ein einheitlicher Release-Stand ist wichtig."

Starke Nachfrage nach Windows 7

Besonders gefragt sind bei dem Händler derzeit Lizenzen für Windows 7. Dazu trägt auch das bevorstehende Auslaufen des Supports für Windows XP bei. Auf Windows 8 würden viele Unternehmen noch nicht umsteigen wollen, meint Tauchhammer. Windows 7 laufe sehr gut. "Firmen kaufen es häufig gebraucht, weil sie so Geld sparen."

Stark nachgefragt ist auch Microsoft Office ab der Version 2003. Besonders zu der Version 2010 gebe es viele Anfragen, sagt Tauchhammer, da die Nachfolgeversion Office 2013 eine eigene Aktivierung habe und etwa Einzelizenzen von Microsoft einem Konto zugewiesen werden müssten. "Manchen Unternehmen ist das zu viel Administrationsaufwand." Auch Adobe-Software werde nach dem Umstieg des Herstellers auf ein Mietmodell häufig gesucht.

Großteil der Umsätze in Deutschland

Derzeit macht der Wiener Händler den Großteil seines Umsatzes in Deutschland, aber auch der Verkauf in Österreich gewinnt zunehmend an Fahrt. SoftwareReUse zählt vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen zu seinen Kunden. Auch mit Behörden sei man in Verhandlungen, sagt Tauchhammer. Vereinzelt würden auch Privatkunden nach gebrauchter Software fragen. Zahlenmäßig sei dieser Markt aber nicht relevant.

Die zum Weiterverkauf angebotene Software bezieht der Händler großteils von Unternehmen, die auf neuere Versionen umgestiegen sind, Mitarbeiter abbauen und so über frei werdende Lizenzen verfügen oder in die Insolvenz geschlittert sind. "Viele Firmen sind sich gar nicht bewusst, dass es einen Markt für gebrauchte Software gibt", meint der Unternehmer. "Sie brauchen die Software nicht mehr, verkaufen sie aber auch nicht." Das führe auch zu Engpässen im Gebrauchtsoftwarehandel. "Die Nachfrage ist teilweise größer als das Angebot."

Zumindest für die nächsten fünf bis zehn Jahre macht sich Tauchhammer für sein Geschäft keine Sorgen und erwartet weiter steigende Umsätze. Selbst wenn große Hersteller ausschließlich Mietsoftware anbieten würden, werde das Geschäft noch einige Jahre weitergehen, ist der Unternehmer zuversichtlich. "Viele Firmen werden den Umstieg solange hinauszögern, wie es geht."

- Gebrauchtsoftware sollte generell im selben Umfang weiterverkauft werden, wie sie im Original ausgeliefert wurde. Echtheitszertifikat oder Code reichen bei einigen Herstellern nicht aus, um als gültig anerkannt zu werden. Wenn beim beim Erstverkauf ein Handbuch und eine CD inkludiert waren, sollten sie auch beim Weiterverkauf dabei sein.

- Vorsicht ist geboten, wenn die Software besonders billig angeboten wird oder nur ein digitaler Schlüssel mit anschließendem Download angeboten wird. Dabei könnte es sich um illegale Lizenzen handeln. Dasselbe gilt für im Internet angebotene OEM-Lizenzen (Original Equipment Manufacturer).

- Bei gebrauchten Volumslizenzen empfiehlt es sich auf einen transparenten Lizenztransfer zu achten. Sowohl Käufer als auch Verkäufer sollten offengelegt werden. Kann der Verkäufer nicht ausreichend nachweisen, woher die Lizenz stammt, sollte von einem Kauf Abstand genommen werden.

- Schullizenzen oder EDU-Lizenzen (Education) dürfen nicht im geschäftlichen Bereich verwendet werden. Von unseriösen Anbietern werden sie manchmal aber auch als Business-Lizenzen verkauft.

- Innerhalb der EU ist es auch ratsam, nur Lizenzen zu kaufen, die für den europäischen Markt bestimmt sind.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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