Abwärme aus der Stahlproduktion hilft SOEC-Elektrolyseuren dabei, Wasserstoff mit bis zu 90 Prozent Wirkungsgrad zu erzeugen

Abwärme aus der Stahlproduktion hilft SOEC-Elektrolyseuren dabei, Wasserstoff mit bis zu 90 Prozent Wirkungsgrad zu erzeugen

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Wie heißer Stahl dabei hilft, Wasserstoff effizient zu gewinnen

Wasserstoff wird als eines der Schlüsselelemente für das Energiesystem der Zukunft gesehen. Um es mithilfe erneuerbarer Energie herzustellen, braucht es Elektrolyseure. Sie spalten Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff auf. Es gibt dabei unterschiedliche Methoden. Eine besonders vielversprechende nennt sich Festoxid-Elektrolyse. Das Grazer Unternehmen AVL List hat nun angekündigt, gemeinsam mit einem Partner Wasserstofferzeugungsanlagen entwickeln zu wollen, die mit mehreren Megawatt Leistung arbeiten und einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen sollen.

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Hitze hilft beim Stromsparen

Elektrolyseure bestehen wie Batterien aus Zellen mit Anode, Kathode und einem Elektrolyt. Bei der Festoxid-Elektrolyse wird heißer Wasserdampf an einer porösen Kathode aufgespalten, negativ geladene Sauerstoffionen wandern durch einen festen Elektrolyt, eine dünne Keramikplatte, zur Anode, wo die Ionen Elektronen abgeben und sich zu O2 kombinieren. Der Wasserstoff wird an der Kathodenseite abgeleitet.

Von anderen Elektrolyseverfahren unterscheiden sich "Solid Oxide Electrolyzer Cells" (SOEC) unter anderem durch die hohe Temperatur, bei denen die Wasserspaltung abläuft. 600 bis 800 Grad Celsius heiß muss der Wasserdampf sein. Durch die hohe Hitze benötigt die Zelle aber weniger Stromzufuhr. "Daraus resultiert ein Effizienzvorteil von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu konventionellen Verfahren wie der Alkaline- oder PEM-Elektrolyse", sagt Jürgen Rechberger, Leiter des Geschäftsfeldes Wasserstoff bei AVL.

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Probleme in den Griff bekommen

Ideal kombinieren lässt sich das SOEC-Verfahren mit Abwärme aus Industrieprozessen. "Es kann etwa Prozessabwärme aus der Stahlproduktion verwendet werden, um Wasser zu verdampfen", sagt Rechberger. Zur Wärmeerzeugung müsse kein Strom aufgewendet werden, was Wirkungsgrade im Bereich von 90 Prozent erlaube.

Neu ist SOEC nicht. Die Technologie wird seit den 80er-Jahren erforscht. Lange Zeit hatte man aber mit der Stabilität zu kämpfen. Die Leistung nahm mit der Zeit ab, weil es in den Zellen zu Abnutzungserscheinungen kam. Nun stehe die Technologie aber "am Beginn der Industrialisierung", sagt Rechberger. In den kommenden Jahren sollen weltweit mehrere Fabriken für SOEC-Elektrolyseure entstehen. AVL forscht seit 10 Jahren an dem Thema. Das Unternehmen sei "global gesehen ein absoluter Vorreiter".

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Auch einsetzbar für eFuel-Produktion

Das in Estland und Finnland ansässige Unternehmen Elcogen, mit dem AVL nun eine Partnerschaft eingegangen ist, hat sich auf die Entwicklung von SOEC-Zellen spezialisiert. AVL will sich auf die Produktion kompletter Anlagen zur Wasserstoff- und E-Fuel-Produktion konzentrieren. Der produzierte Wasserstoff kann nämlich durch Syntheseverfahren mit Kohlendioxid kombiniert werden, um synthetische Kraftstoffe zu erstellen.

E-Fuels werden in Zukunft etwa als "Sustainable Aviation Fuel" (SAF) für die Dekarbonisierung der Luftfahrt benötigt. Bei der Synthese entstehende Wärme kann in die Wasserstofferzeugung zurückfließen, wodurch auch hier der Wirkungsgrad steigt.

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Elcogen-CEO Enn Ounpuu mit einem SOEC-Stack, also gestapelten Festoxid-Elektrolyseurzellen

Elcogen-CEO Enn Ounpuu mit einem SOEC-Stack, also gestapelten Festoxid-Elektrolyseurzellen

Europäische Technologieführerschaft erhalten

Gemeinsam mit einem anderen Partner hat AVL bereits eine SOEC-Anlage hergestellt, die Wasserstoff mit 1 Megawatt Leistung produziert. "Der entscheidende nächste Schritt ist nun die Hochskalierung und Industrialisierung der Technologie", sagt Rechberger. Für SOEC werden in geringem Umfang seltene Erden benötigt, aber keine teuren Edelmetalle wie Platin oder Iridium, wie sie etwa die PEM-Elektrolyse verlangt.

Europa habe laut Rechberger derzeit noch die Technologieführerschaft, weshalb Entwicklungen auf dem Gebiet auch von der EU gefördert werden. Der internationale Konkurrenzdruck steige aber: "Andere Regionen sind durch Anreizprogramme schneller in der Industrialisierung und der kommerziellen Umsetzung bei Wasserstofftechnologien."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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