Wasserstoff-Forschung im Osten Österreichs bündelt ihre Kräfte
Für die Dekarbonisierung des Energiesystems, die Energiewende, gilt Wasserstoff als Baustein mit großem Potenzial. Durch die Umwandlung in Gas kann man Strom aus erneuerbaren Quellen lange speichern, über große Distanzen transportieren und auf verschiedenste Weise nutzen.
Grünen Wasserstoff kann man etwa für chemische Prozesse verwenden, verbrennen und damit Kraft und Wärme erzeugen oder wieder zu Strom machen. Über die Möglichkeiten wird viel geredet, es gibt auch große Zukunftsvisionen dazu. An der tatsächlichen Umsetzung von Plänen mangelt es aber noch.
Im Projekt H2REAL haben sich nun 17 Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammengetan, um konkrete Projekte zu verwirklichen, die zeigen sollen, wie ein Energiesystem mit Wasserstoff funktioniert. "Diese Projekte gehen von der Herstellung mittels Elektrolyse über die Verteilung auf der Straße oder in Pipelines, die Speicherung, bis hin zur Anwendung von Wasserstoff", sagt Linda Kirchberger, Leiterin des Geschäftsbereichs Dekarbonisierung und Neue Technologien bei Wien Energie.
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Elektrolyseur, Tankstelle, Kraftwerk
Der Energieversorger ist Projektkoordinator und steuert auch mehrere Praxisbeispiele bei. Im April hat Wien Energie in Simmering die erste Elektrolyseanlage der Stadt für die Erzeugung von Wasserstoff aus Ökostrom mit einer Leistung von 3 Megawatt in Betrieb genommen. Sie läuft derzeit noch im Testbetrieb, soll aber künftig 1.300 Kilogramm grünen Wasserstoff pro Tag erzeugen. Das Gas wird u.a. in Brennstoffzellen-Busse der Wiener Linien getankt. Die Busse sollen künftig Linien bedienen, die auf hügeligen Strecken mehr Energie verbrauchen als batterieelektrische Busse zur Verfügung hätten.
2 Wasserstofftankstellen dafür existieren schon. Eine davon direkt bei der Elektrolyseanlage, die andere bei der Busgarage Leopoldau. Sie wird mit Lkw-Anhängern voller Gasflaschen versorgt. Mit Wasserstoff, der per Lkw verteilt wird, hat Wien Energie auch ein Projekt im Gaskraftwerk Donaustadt durchgeführt. Dort wurde 10 Tage lang ausprobiert, wie sich die Beimischung von 15 Prozent Wasserstoff auf die Kraftwerkskomponenten auswirkt.
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Umrüstung von Erdgasleitungen
Für die Verteilung von Wasserstoff in größerem Maß werden künftig Pipelines gebraucht, etwa um Industrieunternehmen oder Kraftwerke zu versorgen. Die Partnerinstitutionen von H2REAL, die aus Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark kommen, testen daher u.a. auch, wie sich bestehende Erdgasleitungen umrüsten lassen. Erforscht werden zudem neue Materialien für Hochdruckspeicher, Anlagen, um Verunreinigungen aus Wasserstoff zu entfernen und die Nutzung des Wiener Hafens für den Wasserstoffhandel.
In all diesen Bereichen kooperativ Erfahrungen zu sammeln und Technologien zu entwickeln, sei für Österreich und Europa maßgeblich, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sagt Bernd Vogl, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds: "In die Infrastruktur für Wasserstoff müssen wir schon jetzt investieren. Aber noch ist es nicht wirtschaftlich." Umso wichtiger seien Förderungen und die Unterstützung durch finanzkräftige Unternehmen. Der Klimafonds steuert 2,6 Millionen Euro zum Projektvolumen von insgesamt 4,5 Millionen Euro bei.
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Europa im Wettstreit mit China
Derzeit herrsche zu Wasserstoff noch "extrem viel Wunschdenken", sagt Horst Steinmüller, Geschäftsführer von WIVA P&G. Der Verein vernetzt Unternehmen aus ganz Österreich bei dem Thema. "Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass 2030 Wasserstofferzeugungsanlagen mit einer Gesamtleistung von 400 Gigawatt installiert sein werden. Aber nur für 4 Prozent dieser Anlagen gibt es finanzielle Zusagen." Dabei sei es zur Erreichung der Klimaziele notwendig, massiv in Elektrolyseure zu investieren, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten.
Wie bereits bei Photovoltaik, Windkraft oder Elektromobilität hat China große Ambitionen, was den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft anbelangt. Europa versucht mitzuhalten, u.a. durch so genannte "Hydrogen Valleys", regionale Kollaborationen zur gemeinsamen Technologieentwicklung. Durch H2REAL soll genau ein solches Hydrogen Valley im Osten Österreichs entstehen. Im Westen Österreichs gibt es bereits ein grenzüberschreitendes Valley (Brenner-Route). Im Zentrum gibt es ebenfalls ein Valley, dem u.a. Voestalpine und das Energiespeicherunternehmen RAG angehören.
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Know-How statt Autarkie als Ziel
Für das Valley im Osten ist auch eine Erweiterung angedacht. Laut Steinmüller werden gerade Kontakte in die Slowakei und nach Ungarn geknüpft. Nationale Alleingänge seien nicht sinnvoll. An eine Eigenversorgung sei auch in Zukunft kaum zu denken. "Ich glaube, das wird vergleichbar sein mit dem derzeitigen Import fossiler Energieträger. Dieser deckt rund 70 Prozent des Eigenbedarfs."
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Die Bedingungen für die Gewinnung von Solar- und Windenergie und die Nutzung von Ökostrom zur Wasserstofferzeugung seien außerhalb Österreichs oftmals günstiger. "Im eigenen Land sollte man Wasserstoff nur unter optimalen Bedingungen herstellen", sagt Steinmüller. Für heimische Unternehmen sei es nicht sinnvoll, Autarkie zu erreichen, sondern eher, neue Technologien zu entwickeln und in eigenen Anlagen vorführen zu können.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen Wien Energie und der futurezone.
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