So funktionieren die schnittenförmigen MOFs: Licht trifft auf Katalysator aus Titan und Kohlenstoff (Sechsecke), Wasserstoff wird aus dem Wasser gelöst

So funktionieren die schnittenförmigen MOFs: Licht trifft auf Katalysator aus Titan und Kohlenstoff (Sechsecke), Wasserstoff wird aus dem Wasser gelöst

© TU Wien/Wiley

Science

Neuartige "Nanoschnitten" produzieren günstig Wasserstoff

Wasserstoff wird im Energiesystem der Zukunft an vielen Stellen gebraucht. Man kann damit Strom speichern und transportieren, Lastwagen- und Schiffsantriebe klimafreundlich machen oder Erdgas in Industrieprozessen ersetzen. Durch Elektrolyse kann man Wasserstoff klimafreundlich herstellen, dazu muss man aber zunächst Ökostrom produzieren. Möglich ist aber auch der direkte Weg. Bei der Photokatalyse wird Wasser mittels Sonnenlicht in Wasserstoff umgewandelt. Die TU Wien hat für dieses Verfahren nun eine neue Lösung entwickelt.

Die TU Wien Forscher Dominik Eder und Pablo Ayala (re.) freuen sich über ihren Erfolg

Die TU Wien Forscher Dominik Eder und Pablo Ayala (re.) freuen sich über ihren Erfolg

Waffeln aus Titan

Wie effizient und kostengünstig die Photokatalyse abläuft, hängt davon ab, aus welchen Materialien der Katalysator besteht. Als vielversprechend haben sich sogenannte metallorganische Gerüste (internationale Abkürzung: MOF) erwiesen. Sie sind gut darin, ein möglichst großes Spektrum des Sonnenlichts zu verwerten. Ein Team der TU Wien rund um Professor Dominik Eder vom Institut für Materialchemie hat MOFs entwickelt, die aus Schichten von Titan und Kohlenstoff bestehen. Sie können Wasser besonders effizient in Wasserstoff umwandeln.

"Wenn man sich unsere MOFs im Elektronenmikroskop anschaut, sehen sie aus wie Manner-Schnitten", sagt Pablo Ayala, der Erstautor einer Studie zu der Entwicklung. Die Waffeln seien quasi das Metall (Titan). Die Schokolade, die die Schichten zusammenklebt, sei der organische Teil (Kohlenstoff).

Sichtbar im Elektronenmikroskop

Die "Schnitten" sind in dem Fall nicht länglich, sondern würfelförmig und so klein, dass man sie mit dem freien Auge nicht sieht. In Summe ergeben die winzigen Partikel, die nur wenige Nanometer groß sind, also ein Pulver. Wie Ayala erklärt, wird das Pulver in einen Wasserbehälter gefüllt und mit Sonnenlicht bestrahlt. An den organisch-metallischen Grenzflächen wird das Wasser dann in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt. Die Gase blubbern im abgedichteten Behälter nach oben. Sie lassen sich durch Membranen relativ leicht trennen.

Im Elektronenmikroskop sieht man die Schichten der Wasserstoff produzierenden "Schnitten"

Im Elektronenmikroskop sieht man die Schichten der Wasserstoff produzierenden "Schnitten"

Wenig Gewicht, viel Ertrag

Wie sich bei Experimenten gezeigt hat, ist das entwickelte Material schon sehr gut darin, bei relativ geringem Gewicht viel Wasserstoff zu erzeugen. "Eines der bekanntesten MOFs erzeugt unter den gleichen Bedingungen 10 Mal weniger als unseres", sagt Ayala. Das Team der TU Wien hat mit ihrem MOF Rekordwerte erzielt. Ayala relativiert das aber: "Die Verfahren werden ständig verbessert. Neue Studien zu dem Thema kommen fast jede Woche heraus."

Was den Wirkungsgrad anbelangt, also wie viel Sonnenenergie am Ende in wie viel Wasserstoff umgewandelt wird, erziele das Photokatalyseverfahren mit den MOFs der TU Wien lediglich einen Wert von 1 Prozent. Vor einigen Monaten ließ ein Team der University of Michigan mit einem Wert von 9 Prozent aufhorchen.

➤ Mehr lesen: Wasserstoffherstellung mit Sonnenlicht wird effizienter

Fakten

Elektrolyse
ist das gängige Verfahren, um "grünen" Wasserstoff herzustellen. Durch Elektrizität wird Wasser in seine Bestandteile zerlegt. Der Strom kommt aus erneuerbaren Quellen.

1.000 Megawatt
Elektrolyseleistung sollen in Österreich bis 2030 aufgebaut werden. Laut der Wasserstoffstrategie der Regierung ist Wasserstoff der Schlüssel zu mehr Unabhängigkeit von fossilem Gas. Derzeit für Erdgas genutzte Leitungen sollen in Zukunft vermehrt für reinen Wasserstoff genutzt werden.

Verbreitung
Photokatalytische Wasserspaltung gibt es noch nicht in großem Maßstab.

Kosten sind wichtig

Diese Werte seien aber nicht entscheidend, sagt Ayala: "Die Sonne ist als Energiequelle so ergiebig, dass es nicht den höchsten Wirkungsgrad braucht. Wichtig ist, dass man nachhaltig bleibt." Katalysatoren könnten sich dadurch auszeichnen, dass sie stabil sind und auf der Erde möglichst häufig vorkommende, günstige Materialien beinhalten. Im Wasser reduziert sich die Leistung mancher Materialien rasch. Das "Nanoschnitten"-Pulver erziele laut Ayala mehrere Wochen lang gute Umwandlungsergebnisse. Langzeitstudien wurden aber noch nicht durchgeführt.

Das Prinzip dieser Art der Wasserstoffherstellung ließe sich wahrscheinlich skalieren, ist Ayala überzeugt. "In 5 bis 10 Jahren könnten erste Anwendungen damit auftauchen." In welcher Art von Anlage ließe sich noch nicht vorhersagen. Beabsichtigt wird jedenfalls, dass die Photokatalyse mit jeder Form von Wasser funktioniert, auch Salzwasser oder Abwasser. Letzteres zu verwerten, wäre ein großer Gewinn. Mit Photokatalysatoren seien zukünftig neben der Wasserstoffherstellung auch noch ganz andere Dinge vorstellbar. An der TU Wien wird beispielsweise bereits daran geforscht, wie man damit in Wasser schwimmendes Mikroplastik auflösen könnte.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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