Der Personenverkehr ist für 60 Prozent der CO2-Emissionen des Kfz-Verkehrs verantwortlich.

Der Personenverkehr ist für 60 Prozent der CO2-Emissionen des Kfz-Verkehrs verantwortlich.

© APA/AFP/FREDERIC J. BROWN / FREDERIC J. BROWN

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Wie man den Energiehunger des Verkehrs zügeln kann

Der Verkehr ist in Österreich der Sektor, der die meiste Energie benötigt. Mit rund einem Drittel des Gesamtenergieverbrauchs liegt er noch vor dem Verbrauch der Industrie und jenem von Privathaushalten.

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Am stärksten ins Gewicht fällt dabei der Kfz-Verkehr, der 87 Prozent des Energiebedarfs in der Sparte ausmacht. 60 Prozent davon fallen wiederum auf den Individualverkehr zurück. Bei einer Fachkonferenz des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) stellten am Donnerstag Experten und Expertinnen Maßnahmen vor, um den Energieverbrauch in diesem Bereich zu reduzieren und damit klimafreundlicher zu machen.

Energieverbrauch um mehr als die Hälfte reduzieren

Der Weg ist klar: “Der Energieverbrauch des Straßenverkehrs muss bis 2040 auf weniger als die Hälfte reduziert werden”, sagt Michael Schwendinger, Energieexperte des VCÖ. Trotz der derzeit beschlossenen Maßnahmen rechnet der Experte damit, dass bis dahin weiterhin 2 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotor auf Österreichs Straßen unterwegs sein werden. Es sollten allerdings nur 600.000 sein, um die Klimaziele zu erreichen. 

Dass man von fossilen Brennstoffen wegkommen muss, darüber sind sich alle Experten und Expertinnen einig. Alternative Kraftstoffe wie E-Fuels oder synthetischer Diesel aus Altspeiseöl (HVO 100) sind im besten Fall zwar CO2-neutral, die Herstellung ist allerdings sehr energieaufwändig bzw. kann überhaupt nur einen kleinen Teil des gesamten Treibstoff-Bedarfs decken. Effizienter ist es, Fahrzeuge direkt mit Strom zu betreiben, Stichwort Elektroautos.

Elektroautos sind klimafreundlicher

In ihrem gesamten Lebenszyklus, also von der Beschaffung der Rohstoffe, Herstellung des Fahrzeugs sowie Batterie, Nutzung und Recycling, sind E-Autos klimafreundlicher als Verbrenner. Das gilt auch beim österreichischen Strommix. Sollten die Autos mit 100 Prozent erneuerbarem Strom betrieben werden, ist das natürlich noch besser.

Der Lebenszyklus inkludiert die Beschaffung der Rohstoffe sowie Herstellung, Nutzung und Recycling des Autos.

Der Lebenszyklus inkludiert die Beschaffung der Rohstoffe sowie Herstellung, Nutzung und Recycling des Autos.

Der Anteil von Elektroautos in Österreich liegt allerdings nur bei 4 Prozent. Wie man diese Zahl schnell erhöhen kann, weiß Erik Figenbaum vom norwegischen Verkehrsforschungsinstitut TØI in Oslo. Ziel des skandinavischen Lands war es, dass ab 2025 keine neuen Verbrenner mehr verkauft werden. Im vergangenen Jahr waren etwa 90 Prozent der Neuzulassungen E-Autos, der Anteil der E-Autos am Gesamtbestand lag bei 28 Prozent.

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Mit Steuern steuern

Dafür machte Norwegen E-Autos bereits in den 2000er-Jahren attraktiv: E-Autos durften auf Busspuren fahren, waren von der Straßenmaut befreit, konnten teilweise gratis parken und genossen enorme Steuervorteile. Doch erst ab 2010 nahm die Elektrifizierung in Norwegen richtig Fahrt auf, als E-Autos in dem Land erstmals günstiger als Verbrenner wurden. 

Norwegen ist allerdings in einer glücklichen Lage: 99 Prozent des Stroms in dem Land stammen aus erneuerbaren Quellen (90 Prozent aus Wasserkraft), der Preis pro Kilowattstunde liegt bei umgerechnet sehr günstigen 9 Cent. Subventionen für E-Autos werden teilweise durch hohe Steuern auf Verbrenner bezahlt, doch auch der Staatsfonds steuert bei. 

Dieser speist sich aus Einnahmen aus dem Ölsektor des Landes. “2024 betrug das Haushaltsdefizit, das mit dem Geld aus dem Ölfonds gedeckt wurde, rund 30 Milliarden Euro”, sagt Figenbaum. “Norwegen kann daher weniger Einnahmen aus der Kfz-Steuer akzeptieren, ohne andere Ausgaben kürzen zu müssen - ein Luxus, den sich andere Länder nicht leisten können.”

Größer ist nicht immer besser

Doch auch bei E-Autos gibt es einen Trend, der sich negativ auf die CO2-Emissionen auswirkt - die Fahrzeuge werden nämlich immer größer und schwerer und verbrauchen dadurch mehr Energie. “Gleichzeitig nimmt der Besetzungsgrad ab, also wie viele Personen pro Fahrt in einem Auto sitzen”, sagt Schwendinger: “100 Autos transportieren in Österreich nur 114 Personen, die meisten sind also alleine unterwegs.”

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Deutlich effizienter wäre es, möglichst kleine Fahrzeuge zu nutzen. Simone Ehrenberger vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt untersuchte etwa, welche Auswirkungen sogenannte Elektroleichtfahrzeuge auf den Energieverbrauch des Individualverkehrs hätten. In diese Kategorie fallen viele unterschiedliche Fahrzeuge: Vom E-Scooter über E-Fahr- und Lastenräder bis hin zu 3- und 4-rädrigen Microcars - also Mini-Autos mit einer gewissen Geschwindigkeitsbegrenzung.

50 Prozent der Pkw-Kilometer ersetzbar

Laut Ehrenberger könnten zumindest in Deutschland bis zu 50 Prozent der normalerweise gefahrenen Pkw-Kilometer durch diese Fahrzeuge zurückgelegt werden. Damit könnten in Deutschland jährlich 57 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden. Das ist mehr als ein Drittel des Ausstoßes des gesamten deutschen Verkehrssektors. 

Wie solche Fahrzeuge von Nutzern und Nutzerinnen akzeptiert werden, hängt allerdings von der Art ab. Während E-Fahrräder in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt haben, seien Microcars laut Ehrenberger hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Dabei spielen einerseits die höheren Kosten eine Rolle, andererseits auch kulturelle Aspekte. In Japan gehören solche Fahrzeuge etwa zum Straßenbild dazu.

Am besten wäre es natürlich, insgesamt weniger Auto zu fahren - egal ob Verbrenner oder E-Fahrzeug. Ein verstärkter Ausbau des öffentlichen Verkehrs, des Radverkehrs sowie eine fußgängerfreundliche Raumordnung sind ebenso wichtig, um die Klimaziele zu erreichen, so die Experten des VCÖ.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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