E-Auto-Fahren alleine wird für den Klimaschutz nicht reichen

E-Auto-Fahren alleine wird für den Klimaschutz nicht reichen

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Verkehr klimafreundlicher zu machen "wird weh tun"

Ein Drittel des gesamten Energieeinsatzes in Österreich entfällt derzeit auf den Verkehrssektor. Auf der Straße wird mehr Energie benötigt als in Haushalten oder der Industrie. 92 Prozent dieser Energie stammen aus Erdöl. Seit 1990 ist der Energiebedarf im Verkehr um 68 Prozent gestiegen, mehr als in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich. Wenn es um Klimaschutz und die Erreichung der Klimaziele geht, wird hier eine drastische Veränderung benötigt.

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Der Verkehrssektor benötigt viel Energie und die wird zum größten Teil durch Erdöl bereitgestellt

Einfache Rechnung

Womit man die Abkehr von fossilen Treibstoffen am ehesten erreicht, ist laut Expert*innen ganz klar der Elektroantrieb. "Es ist wichtig, Technologieklarheit zu schaffen: Was ist die effizienteste Technologie für verschiedene Anwendungsbereiche?", sagt Lina Mosshammer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ), der am Donnerstag zu einer Fachveranstaltung über die Energiewende im Verkehr lud. Bei Pkw, Lkw und öffentlichen Verkehrsmitteln seien eindeutig batterieelektrische Fahrzeuge im Vorteil. "Die Rechnung ist einfach: Man kann den Strom direkt nutzen und kommt auf einen Wirkungsgrad von 81 Prozent."

Andere Antriebstechnologien wie E-Fahrzeuge mit Brennstoffzelle und Wasserstoff oder gar Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und E-Fuels (CO2-neutrale synthetische Flüssigkraftstoffe) erzielen dagegen wesentlich geringere Wirkungsgrade. Von der Primärenergie bleibt aufgrund mehrerer Umwandlungsschritte also nicht viel übrig. Dennoch haben andere Technologien in manchen Bereichen Vorteile. Wasserstoff etwa im Schwerverkehr, E-Fuels in der Luftfahrt.

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Vergleich des Wirkungsgrades von BEV, FCEV und Pkw mit E-Fuels

Begrenzte Erzeugungskapazitäten

Warum man in Zukunft überhaupt so sehr auf den Energieverbrauch achten muss, schildert Holger Heinfellner vom Umweltbundesamt: "An erneuerbarer Energie führt kein Weg vorbei, der Klimawandel erfordert das. Sonne, Wind und Wasser sind theoretisch unbegrenzt verfügbar, aber bei der Produktionskapazität gibt es eine Grenze." Innerhalb Österreichs können laut Berechnungen theoretisch 135 Petajoule erneuerbare Primärenergie erzeugt werden. Zum Vergleich: Der Verkehrssektor benötigt heute 351 Petajoule.

Import nicht so leicht

Könnte man den Energieverbrauch des Verkehrs theoretisch überhaupt so weit senken, dass er rein mit inländisch produziertem Ökostrom abgedeckt werden könnte? Ja, sagt Heinfellner, "aber nur mit hoch ambitionierten Vorgaben und Rahmenbedingungen". Bis 2040 müssten etwa alle Pkw in Österreich mit Elektromotor unterwegs sein, dazu müsste es große Technologiewechsel bei Lkw und Öffis geben. Wenig Veränderung könne es dagegen im "Offroad-Bereich" geben: "Am Bau, in Land- und Forstwirtschaft stoßen E-Antriebe auf Grenzen."

Das Argument, man könne das Problem lösen, indem man Energie importiere, hätte laut Heinfellner einen Haken: "Österreich zählt zu den Vorreitern beim Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch. Andere Länder hinken da nach, also von denen bekommen wir keine großen Exportmengen erneuerbarer Energien."

1,14 Personen pro Pkw sind zu wenig

Davon, Benzin und Diesel nicht mehr zu benötigen, sei man derzeit freilich noch weit entfernt. Der Ausbau erneuerbarer Energien, die man künftig auch für die Elektromobilität benötigt, schreite voran, "aber wir brauchen auf jeden Fall mehr Tempo", sagt Heinfellner. Um die Energiewende im Verkehr zu schaffen, seien viele Maßnahmen notwendig, die teilweise auch andere Bereiche betreffen, etwa eine nachhaltige Raumentwicklung - Stichwort "Stadt der kurzen Wege".

Außerdem sei es notwendig, künftig die Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu verbieten, die Mineralölsteuer anzuheben, niedrigere Tempolimits zu wählen, sowie den Besetzungsgrad von Fahrzeugen zu erhöhen. Laut Mosshammer sitzen derzeit im Schnitt 1,14 Personen in einem Pkw. Fahrgemeinschaften und Mitfahrbörsen könnten dafür sorgen, dass mehr Sitzplätze genutzt werden. Maßgeblich sei auch eine Attraktivierung des Öffi-Verkehrs, etwa durch dichtere Netze und Intervalle.

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Ein großes schweres Elektroauto verbraucht viel mehr Strom als ein kleines, leichtes

Batterien und Wasserstoff bei Bussen

Wünschenswert im Sinne der Energieeffizienz sei es auch, kleinere und leichtere Elektroautos zu verwenden. Sie verbrauchen viel weniger Strom. Bei E-Bussen habe es in den vergangenen Jahren große Effizienzverbesserungen gegeben, schildert Leonard Lechner vom Verkehrsverbund Vorarlberg. 4 E-Busse seien derzeit in Vorarlberg bereits im Einsatz, man mache gute Erfahrungen damit. Mithilfe des staatlichen Förderprogramms (EBIN der FFG) will man 136 neue E-Busse bis 2025 anschaffen und damit rund ein Drittel der gesamten Flotte elektrifizieren.

In Kärnten werden unterdessen Wasserstoff-Busse getestet, berichtet Hannes Guggenberger vom Verkehrsverbund Kärnten. Auch damit mache man gute Erfahrungen, wenngleich die Kleinserien der Busse gewisse "Kinderkrankheiten" mit sich bringen. Vorteile seien eine höhere Reichweite und weniger benötigte Tankinfrastruktur als bei E-Bussen. Derzeit wird der Großteil des Wasserstoffs nicht mit erneuerbaren Energien erzeugt. Viele Wasserstofftechnologien werden nach wie vor erst erforscht: "Es wird sich erst zeigen, auf welches Pferd man setzen soll."

Vom Reden zum Handeln kommen

Ohne den Einsatz von Elektromotoren gebe es jedenfalls keine Chance, die Energiewende im Verkehr zu schaffen, sagt Holger Heinfellner. Um die Energiewende im Verkehr voranzubringen, werden Maßnahmen notwendig sein, "die weh tun", also Menschen eine größere Umstellung abverlangen. Laut Lina Mosshammer sei es dringend notwendig, vom Reden zum Handeln zu kommen. "Es gibt viele positive Dinge, die mit Veränderung kommen, aber die werden erst sichtbar, wenn sich etwas tut."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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