Symbolbild Erneuerbare Energien

Symbolbild Erneuerbare Energien 

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Science

Wie Sauerstoff beim Speichern von grüner Energie hilft

Die Windräder drehen sich auf Hochtouren und die Sonne brennt vom Himmel. An Tagen wie diesen steht viel Energie zur Verfügung. So viel, dass wir gar nicht alles davon nutzen können und Netzbetreiber vor Herausforderungen gestellt werden. Denn wenn es einen Überschuss an Energie in den Stromnetzen gibt, geraten diese an ihre Grenzen. 

Um das zu verhindern, braucht es Speichertechnologien. Eine Möglichkeit stellen Sauerstoff-Ionen-Batterien dar. Diese werden an der TU Wien im frisch eröffneten Christian Doppler Labor (CD-Labor) für Sauerstoff-Ionen-Batterien erforscht. 

Stromspeicher für wenige Stunden

„Es besteht ein enorm dringender Bedarf an stationären Stromspeichern. Insbesondere für den Zeitraum von 10 Stunden, also vom Ende der solaren Stromerzeugung am Tag bis zum Bedarf in der Nacht”, sagt Alexander Opitz. Er ist Leiter des CD-Labors und will mit seinem interdisziplinären Team die Entwicklung von Sauerstoff-Ionen-Batterien vorantreiben. 

Im Moment werden dort Sauerstoff-Ionen-Batterien im Labormaßstab hergestellt. Sie sind also erst einige Zentimeter groß. Das soll sich in Zukunft aber ändern.

Laborleiter Alexander Opitz beim Einbau einer Sauerstoffionenbatterie-Probe in einen Hochtemperaturmessstand in den Labors des Forschungsbereichs Technische Elektrochemie der TU Wien

Laborleiter Alexander Opitz beim Einbau einer Sauerstoff-Ionen-Batterie-Probe in einen Hochtemperaturmessstand in den Labors des Forschungsbereichs Technische Elektrochemie der TU Wien

Wie Sauerstoff-Ionen-Batterien funktionieren 

Damit Energie in den Batterien gespeichert werden kann, braucht es 2 Elektroden. Dafür werden sogenannte Perowskite verwendet, die zum Beispiel aus den chemischen Elementen Lanthan, Strontium oder Eisen bestehen. „Das sind Materialien, die sehr häufig in der Erdkruste vorkommen. Das heißt, man braucht keine kritischen Elemente wie Kobalt oder Phosphor”, betont Opitz. Dadurch kann die EU geopolitische Abhängigkeiten von Ländern wie China oder der Demokratischen Republik Kongo reduzieren. 

In den Elektroden befinden sich aber auch geladene Sauerstoffionen. Legt man eine Spannung an, wandern die Sauerstoffionen von der negativen Elektrode zur positiven und Energie wird gespeichert. Möchte man die Energie nutzen, hängt man nun einen Verbraucher an die Batterie. Dadurch wandern die Sauerstoffionen wieder zurück – die gespeicherte Energie wird freigesetzt, die Batterie entlädt sich. 

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Die Sauerstoffleerstellen 

Das Besondere an den verwendeten Perowskiten ist, dass es in diesen Materialien sogenannte Sauerstoffleerstellen gibt. „Das bedeutet, im Gitter fehlen einzelne Sauerstoffe und durch das Laden werden sie aufgefüllt”, so der TU-Wissenschaftler. 

Damit ändert sich aber der Sauerstoffgehalt in der negativen Elektrode. Diese würde versuchen, ihre Sauerstoffleerstellen mit Sauerstoff, beispielsweise aus der Luft, zu füllen. Damit das nicht passiert, muss die Batterie von der Raumluft isoliert werden. Sonst kommt es zu einer Reaktion zwischen der Batterie und der Atmosphäre. Bei der aktuellen Sauerstoff-Ionen-Batterie der TU Wien wird das durch eine dünne Glasschicht vermieden. „Wenn dem System ausschließlich die Elektroden als Quelle und Senke für Sauerstoffionen zur Verfügung stehen, nutzt es genau diesen Weg: Beim Anlegen einer Spannung werden die Ionen gezielt von einer Elektrode zur anderen verschoben”, sagt Opitz. 

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Große Hitze, aber keine Brandgefahr

Damit die Sauerstoffionen aber überhaupt zwischen den Elektroden wandern können, braucht es Temperaturen zwischen 300 und 500 Grad Celsius. „Je wärmer es ist, desto beweglicher sind diese Ionen. Im Moment erreichen wir diese Temperatur durch Heizen. In einem größeren System könnte man aber Abwärme des Prozesses nutzen, die in einem ausreichend isolierten System stabil bleibt”, erklärt Opitz. 

Neben der besseren Verfügbarkeit der Materialien hat die Sauerstoff-Ionen-Batterie aber noch einen weiteren Vorteil. „Im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien sind sie sehr sicher, weil es zu keinen Bränden kommen kann. Natürlich kann es heiß werden, aber da das Material bereits aus Oxiden besteht, reagiert es nicht mit dem Sauerstoff aus der Luft und Brände werden vermieden”, sagt der TU-Wissenschaftler. 

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Großspeicher als Ziel 

Ziel ist es, die Sauerstoff-Ionen-Batterie der TU eines Tages als Heim- oder Großspeicher für Energie nutzen zu können. Im CD-Labor an der TU Wien wird dafür das Grundlagenwissen erarbeitet. Deshalb ist auch der Verbund an diesem Projekt beteiligt. Das Labor, das erst diese Woche für die weitere Erforschung der Sauerstoff-Ionen-Batterien eröffnet wurde, wird zu 50 Prozent vom Verbund finanziert. 

Die restlichen 50 Prozent stammen vom Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET). Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmansdorfer sagt zum Projekt: „Die Herausforderungen der Zukunft lassen sich nur mit neuem Wissen und frischen Ideen meistern. Innovative Stromspeicher spielen dabei eine zentrale Rolle. Das CD-Labor liefert mit seiner Grundlagenforschung zu sicheren und ressourcenschonenden Sauerstoff-Ionen-Batterien einen wichtigen Beitrag dazu.” 

Herausforderungen

Als Herausforderung für die weitere Forschung an der Sauerstoff-Ionen-Batterie nennt Opitz die Zusammensetzung der Materialien. „Manche von diesen Materialien vertragen sich nicht so gut und es braucht dünne Schichten dazwischen, die verhindern, dass sich die Materialien berühren. Außerdem kann es auch zu mechanischen Spannungen kommen, die dazu führen, dass sich die Zelle verformt”, so Opitz. 

Es braucht also ein besseres Zusammenspiel der einzelnen Materialien. Aber auch die verwendeten Materialien an sich sollen optimiert werden. „Woran wir jetzt arbeiten ist, die Materialien so maßzuschneidern, dass möglichst viel Ladung gespeichert werden kann. Außerdem sollen die Elektroden aus hochverfügbaren chemischen Elementen wie Calcium statt dem aktuell noch verwendeten Lanthan bestehen”, sagt der Wissenschaftler. 

Das CD-Labor liefere für die weitere Grundlagenforschung jedenfalls gute Bedingungen, da dadurch die weitere Erforschung der Sauerstoff-Ionen-Batterien für die nächsten 7 Jahre finanziell abgesichert ist. „Außerdem haben wir einen Firmenpartner an der Seite, der unsere kreativen Ideen immer wieder in Richtung Praxis navigiert. Genau das brauchen wir”, sagt Opitz. 

Wie lange es noch dauern wird, bis die ersten Großspeicher bei Verbund stehen, kann Opitz nicht einschätzen. „Wir sind noch im Stadium der Grundlagenforschung mit Fokus auf Anwendung. Diese Grundlagenforschung soll in den kommenden Jahren einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Sauerstoff-Ionen-Batterien so hochskaliert werden können, dass sie für die Anwendung bereit sind", fasst der Wissenschaftler zusammen. 

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG).

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Sandra Czadul

Begeistert von Wissenschaft und stets auf der Suche nach Ideen, die uns voranbringen.

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