Symbolbild Wolken

Symbolbild Wolken 

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So viel Strom liefern Photovoltaik-Anlagen trotz Wolken und Regen

Es ist ein Dienstagvormittag, der Himmel ist bewölkt und sogar ein paar Regentropfen fallen herab. Auch wenn sich die Sonne nicht zeigt, liefert sie, was man sich von ihr verspricht: Energie.

Ein Blick in die App einer hauseigenen Photovoltaik-Anlage bestätigt das. Trotz der trüben Witterung erzeugt die 6-Kilowatt-Anlage auf dem Dach in diesem Moment 2,36 Kilowatt Strom - also etwas mehr als ein Drittel ihrer maximalen Leistung. 

Der Unterschied zwischen direktem und diffusem Sonnenlicht

„Grundsätzlich wandeln Photovoltaik-Anlagen jedes einfallende Licht passender Wellenlänge direkt in elektrischen Strom um”, sagt Marcus Rennhofer, Photovoltaik-Experte beim Austrian Institute of Technology. Das heißt: Photovoltaik-Anlagen können sowohl direktes als auch diffuses Sonnenlicht nutzen. 

Beim direkten Sonnenlicht, also wenn keine Wolken die Strahlung abschwächen, spielt der Einfallswinkel der Sonne auf den Solargenerator eine große Rolle. „Das bedeutet, dass in den Morgen- und Abendstunden, wenn die Sonne sehr nah am Horizont steht, das Sonnenlicht von der Glasoberfläche reflektiert werden kann”, so Rennhofer. Wenn die Sonne hingegen sehr hoch steht, liefert das direkte Sonnenlicht einen hohen Beitrag zur Energieerzeugung der PV-Anlage. 

Auf der anderen Seite gibt es auch diffuse Einstrahlung, also jene, die auftritt, wenn Sonnenlicht durch Wolken in der Atmosphäre gestreut wird. „Die diffuse Strahlung kann man sich ein bisschen vorstellen wie das Himmelsblau: Von allen Richtungen kommt ungefähr gleich viel Licht. Deshalb kann Diffuslicht auch sehr gut zu allen Tageszeiten von der Photovoltaik-Anlage verarbeitet werden”, erklärt Rennhofer. Diese Art von Licht kann also auch bei Wolken, Regen oder Schneefall für Strom sorgen.   

Die Rolle der Wolkentypen 

Wolke ist aber nicht gleich Wolke. Denn es gibt verschiedene Arten von Wolken, zum Beispiel die typischen weißen Wolken am Himmel, die Kumuluswolken genannt werden. „Kumuluswolken führen zu einer Reduktion der direkten Sonnenstrahlung”, sagt Rennhofer.  

Auf der anderen Seite gibt es auch Zirruswolken, die wie ein dünner Schleier vor der Sonne und hoch oben am Himmel liegen. „Diese können zu einer Abschwächung, aber auch zu einer Verstärkung der Sonnenstrahlung führen, weil das Licht gestreut werden kann”, erklärt der Photovoltaik-Experte. Diffuses Licht, das von Zirruswolken abgestrahlt wird, kann PV-Anlagen je nach Ausrichtung helfen, mehr Strom zu erzeugen.

Es macht also einen Unterschied, um welche Wolken es sich handelt und wo sie sich befinden. „Wolken können also zu einer Verstärkung, aber meistens zu einer Abschwächung der photovoltaischen Energie führen”, so Rennhofer. 

Konkret bedeutet das: An Tagen mit wechselnder Bewölkung gehe der Ertrag laut Rennhofer um ca. 30 bis 50 Prozent zurück, verglichen mit jenem bei vollkommen blauem Himmel. An Tagen mit vollständiger Bewölkung, ganztägigem Regen oder auch im Winter können es bis zu 86 Prozent weniger Ertrag sein. „Da hat man aber eine große Bandbreite, die von verschiedenen Faktoren abhängt”, so Rennhofer. 

Photovoltaik-Anlagen liefern fast immer Strom

Dass eine Photovoltaik-Anlage tagsüber gar keinen Strom liefert, sei fast nicht möglich. „Außer, man hat sehr viel Schnee auf der Anlage liegen. Da kann es sein, dass sich die Photovoltaik-Anlage nicht einschaltet. Aber sogar bei einem halben Meter Schnee liefert eine Photovoltaik-Anlage Strom”, so Rennhofer. 

Saharastaub sei übrigens in unseren Breiten nicht wirklich ein Problem für Photovoltaik-Anlagen. „Grundsätzlich mindert jede Art von Verschattung den Ertrag. Das kann eben auch Verschmutzung sein. Messungen zeigen aber, dass die Module bis zu einem gewissen Anteil an Staubbelag fast keinen Verlust erleiden”, sagt Rennhofer. Einige Tage Saharastaub sind also bei uns kaum ein Problem. 

Vor allem, weil der Regen die Module auch reinigt. In südlichen Breiten, wo es seltener regnet, ist das sogenannte Soiling schon ein Problem, dem man mit Reinigung aber entgegenwirken kann. „Grundsätzlich ist Photovoltaik eine Technologie, die für alle Wetterlagen geeignet ist", betont Rennhofer. 

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Was man beim Aufbau beachten kann 

Vor allem auch, weil man die Technologie ständig weiterentwickelt. So hat sich zum Beispiel das Design verändert. „Heute bestehen Photovoltaik-Module beispielsweise aus mehreren und kleineren Zellteilen. Dieser innere Aufbau macht sie resistenter gegen Verschattungsverluste”, so Rennhofer. Es gibt aber auch beim Aufbau selbst ein paar Schrauben, an denen man drehen kann, um das meiste aus der Anlage herauszuholen.

Zum Beispiel spielt der Neigungswinkel der Anlage eine wichtige Rolle. Für Aufdachanlagen bei Flachdächern hat man üblicherweise einen Neigungswinkel zwischen 15 und 30 Grad. „Südorientierte Anlagen werden ein bisschen steiler aufgestellt. West-Ost orientierte Anlagen, wo man die Hälfte der Module nach Osten und die andere nach Westen ausrichtet, haben typischerweise Neigungswinkel kleiner 20 Grad”, führt Rennhofer aus. 

Bei normalen Satteldächern kann man sich den Neigungswinkel nicht aussuchen, sondern diese werden parallel zum Dach angebracht. Eine Photovoltaik-Anlage, die aber beispielsweise optimal zur Sonne Richtung Süden ausgerichtet ist, liefert immer zu Mittag und im Sommer ein Erzeugungsmaximum.

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Symbolbild Satteldach 

Bei einer Ost-West-Orientierung hat man durch die Ostorientierung mehr Ertrag in den Morgenstunden und durch die Westorientierung mehr in den Abendstunden. „So erhält man eine bedarfsgerechtere und gleichmäßigere Verteilung der Erzeugung, sowohl über das ganze Jahr, als auch über den Tag. Man muss sich aber bewusst sein, dass der Gesamtjahresertrag dann nicht so hoch ist wie bei einer optimal orientierten Anlage”, erklärt der Experte vom AIT. 

Ist die Sonnentechnologie eine Sommertechnologie? 

„Photovoltaik-Anlagen funktionieren besser, wenn es kühl ist, als wenn es warm ist”, sagt Rennhofer. Das liege daran, dass eine höhere Temperatur dazu führt, dass die Effizienz des Photovoltaik-Moduls geringer ist, als sein maximaler Wert. „Moderne Technologien sind aber weniger anfällig für Hitze als ältere”, sagt Rennhofer. Wichtig sei laut dem Experten zum Beispiel, dass die Anlagen gut belüftet sind, damit sie besser mit höheren Temperaturen umgehen können. 

In Bezug auf den Ertrag liefert der Sommer gute Bedingungen für Photovoltaik-Anlagen. Denn zu dieser Zeit hat man die meisten Sonnenstunden, man hat oft weniger Bewölkung und eine hohe Einstrahlung. „Grundsätzlich geht man davon aus, dass Photovoltaik-Anlagen weit mehr als die Hälfte ihres Jahresertrags im Sommerhalbjahr produzieren”, sagt Rennhofer. 

Im urbanen Bereich werden Photovoltaik-Anlagen aber auch immer öfter in die Fassaden integriert. Das hat den Vorteil, dass sie dann Sonnenschutz bieten und die Gebäude nicht so stark gekühlt werden müssen. „Hier liefern die Anlagen am meisten Energie, wenn die Sonne tief steht, also im Winter, Frühling und Herbst”, sagt Rennhofer. In Bezug auf die Hitze haben solche Anlagen einen weiteren Vorteil:

Gerade in Städten, wo sich im Sommer Hitzeinseln bilden, tragen diese Anlagen im Gegensatz zu Beton nicht dazu bei. „Photovoltaik kann auf Dächern auch ein Schutzschild für Gebäude sein und kann dazu beitragen, Stadtkerne kühl zu halten”, sagt der Experte vom AIT. 

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Bifaziale Anlagen und Regentropfen als Energielieferant 

Es gibt aber auch spezielle Photovoltaik-Anlagen, die besonders gut mit diffusem Licht umgehen können. Diese nennt man bifaziale Solartechnologie, welche oft in urbanen Gebieten oder auch für Agrar-Photovoltaik-Anlagen eingesetzt werden und stark am Markt vertreten sind. 

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„Bifaziale Photovoltaik-Anlagen können sowohl von vorne als auch von hinten Sonnenlicht verarbeiten. Damit kann auch reflektiertes Licht von Häuser- oder Straßenoberflächen, das auch Albedo-Licht genannt wird, sehr gut verarbeitet werden”, erklärt Rennhofer. 

Zudem wird auch an Photovoltaik-Anlagen geforscht, die die Bewegungsenergie von Regentropfen nutzen können. Diese seien aber noch nicht im marktfähigen Stadium angekommen und gehen mit einer verminderten Haltbarkeit einher. „Grundsätzlich weisen Photovoltaik-Modultechnologien, die heute verbaut werden, bereits alle Merkmale auf, die es ihnen erlauben, unter Regen oder unter Bewölkung optimal zu funktionieren”, fasst Rennhofer zusammen.

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Forschung und Zukunft 

Auch wenn Photovoltaik-Anlagen zu einem wichtigen Bestandteil der Stromversorgung geworden sind, wird es immer Ambitionen geben, sie weiterhin zu verbessern.  „Zu den großen Forschungsfragen gehört die Haltbarkeit und Zuverlässigkeit im Betrieb von Photovoltaik-Modulen weiter zu erhöhen. Die aktuell am Markt erhältlichen Module können mindestens 20 Jahre zuverlässig betrieben werden und sind resistent gegen Umwelteinflüsse wie Hagel”, führt der Experte aus. 

Der Wirkungsgrad von Photovoltaik-Anlagen liegt derzeit bei bis zu über 20 Prozent. Es sei aber zu erwarten, dass der Wirkungsgrad in Zukunft steigt und damit die Kosten für die Energie aus PV weiter sinken. Ein weiteres Beispiel für aktuelle Forschung in diesem Bereich ist die Verschattungs-Resistenz. „Damit ist gemeint, wie gut die Anlagen mit wechselnden Schatten umgehen können. Das ist zum Beispiel im urbanen Bereich wichtig, wenn man zusätzlich zu den Wolken einen Schattenwurf der Gebäude hat”, sagt Rennhofer. 

Mit technologischen Lösungen werde man in Zukunft nicht nur der Verschattungs-Resistenz, sondern auch dem Leistungsverlust durch Hitze begegnen können. Was die Forschung auch stark beschäftigt, ist der Klimawandel. „Denn Extremwetterereignisse sind für die Energieinfrastruktur kritisch. Hier braucht man auch in Österreich mehr und weiterführende Forschung”, sagt der AIT-Experte. 

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Sandra Czadul

Begeistert von Wissenschaft und stets auf der Suche nach Ideen, die uns voranbringen.

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