© Franz Gruber

Interview

Intel: "Bei Smartphones setzen wir auf Android"

futurezone: Intel hat den Boom bei Tablets und Smartphones komplett verschlafen. ARM beherrscht den Markt. Nun ist in Indien das erste Smartphone mit Intel-Chip am Markt. Hat es da eine Standpauke von CEO Paul Ottelini gegeben?
Tom Kilroy: Nein. Das war von Anfang an unsere Strategie. Wir hatten ja eine ARM-Abteilung, die wir an Marvel verkauft haben. Sie passte nicht in unser Geschäftsmodell. Wenn wir Lizenznehmer sind, können wir uns nicht abheben, dann wären wir nicht anders als Nvidia oder Texas Instruments. Deshalb sind wir ausgestiegen.

Sie haben also absichtlich auf die Marktführerschaft im Smartphone- und Tablet-Bereich verzichtet?
Ja. Wir wollten unseren Entwicklern eine einheitliche Umgebung bieten. Jene Intel-Architektur, die sie vom PC kennen, soll auch am Smartphone zur Verfügung stehen. Der Stromhunger der Chips war zudem bis dato ein Problem. Das haben wir jetzt im Griff, weshalb wir uns entschieden haben, wieder einzusteigen.

Intel hat ARM also die Aufbauarbeit leisten lassen und übernimmt nun wieder?
Ja. Sie haben den Markt für uns aufbereitet.

Was macht Sie so sicher, dass Sie mit so viel Rückstand nun eine Rolle spielen werden?
Wir sind eineinhalb Technologie-Zyklen vor dem nächsten Konkurrenten. Wir haben eigene Fabriken, investieren viel in Forschung und beherrschen die Massenproduktion. Mittlerweile verkaufen sich mehr Smartphones als PCs. Der Markt ist groß genug und wir können das gut bedienen. Wir müssen nicht die Nummer eins werden, es reicht uns ein hoher Prozentsatz von diesem Wachstumsmarkt.

Der Technologie-Vorsprung soll es also langfristig richten und Intel als unausweichlichen Anbieter positionieren?
Es wird in Zukunft für andere Hersteller schwer, mitzuhalten. Vor allem weil es großer Investitionen Bedarf. Außerdem müssen wir nichts lizenzieren und sind nicht von anderen Zulieferern abhängig. Wir haben alles unter einem Dach. Das sichert uns den Wettbewerbsvorteil.

Das erste Smartphone mit Intel-Chip ist ein Android-Handy. Wie gut ist die Beziehung zu Google?
Wir haben ein exzellentes Verhältnis. Android ist bei Smartphones Marktführer. Wir sind immer dort, wo es um große Mengen geht. Bei Smartphones setzen wir auf Android, bei Computer und Tablets auf Windows 8 und Microsoft.

Gibt es schon Feedback zum Gerät?
Nein, dazu ist es noch zu früh. Erste Tests bescheinigen uns aber eine gute Leistung. Wir sind zufrieden. Dieses Jahr geht es noch nicht um große Mengen, sondern darum, Glaubwürdigkeit und Anerkennung zu verdienen. Wir wollen beweisen, dass wir im Wettbewerb bestehen können und ein gutes Produkt abliefern. 2013, 2014 und 2015 wollen wir so neue Partner für uns gewinnen.

Bislang hatten sie ja nur mit Computer-Herstellern zu tun. Verhandelt es sich mit Handy-Herstellern anders?
Es gibt Unterschiede, vor allem bei den kürzeren Produktzyklen. Zudem sind die Geräte beziehungsweise die Integration der vielen verschiedenen Teile weit komplexer. Das mussten wir erst lernen. Zudem arbeitet man mit Netzbetreibern zusammen, weshalb die Geräte ganz anders in den Markt eingeführt werden. Im Vergleich zu Computern ist es vielschichtiger.

Wann werden Intel Smartphones in großen Stückzahlen verfügbar sein?
Wir kooperieren aktuell mit fünf Herstellern und werden heuer keine neuen Partner bekannt geben. Wie fokussieren vorerst auf große Wachstumsmärkte wie Indien und China. In Europa werden wir auch bald Geräte haben. Ab 2013, spätestens 2014 werden wir dann global agieren. Uns ist aber klar, dass das ein Marathon wird. Wir bewerten unseren Erfolg nicht anhand der Leistung in 2012 oder 2013. Es geht jetzt darum, Partnerschaften aufzubauen und langfristig erfolgreich zu sein.

Otellini hat gesagt, Intel wird Chips bauen, um die Apple nicht umhinkommt. Wann kommt das iPhone und iPad mit Intel Inside?
Das ist die Entscheidung von Apple. Aber ich denke, sobald wir auf 14 Nanometer umgestiegen sind, gibt es keinen Konkurrenten, der an uns herankommt. Wir sind dann die logische Wahl.

Stichwort Nanometer: Bei Computern steht ja der Start der neuen Ivy-Bridge-Prozessoren an.
Das ist für uns eine große Sache. Nicht nur, weil es ein neues Produkt ist, sondern weil die Chips in 22 Nanometer gefertigt werden. Das macht sonst niemand und unterstreicht unsere Technologie-Führerschaft. Wir stoßen damit in eine neue Ära vor, weil vor allem Ultrabooks davon profitieren werden.

Ultrabook ist ein von Intel erfundener Marketing-Begriff für leichte, schicke Notebooks. Greift dieser bei  Konsumenten überhaupt?
Wie mit jedem neuen Namen wird es dauern, bis er etabliert ist. Wir fahren große Marketing-Aktionen und Ultrabooks werden im Handel separat positioniert. Das sollte helfen und Kunden Orientierungshilfe geben.

Für Ultrabooks hat Intel einen Katalog mit Design-Vorgaben erstellt. Das klingt nicht nach einem Chip-Fabrikanten, sondern einem PC-Hersteller. Trauen sie solche Visionen Herstellern wie Asus oder Samsung nicht zu?
Bei uns geht es immer um Innovation. Das treibt den Markt. Wir wollen die Zukunft mitgestalten und nicht darauf warten, dass sie einfach passiert.

Sieht Intel sich mit seinen Vorgaben und Visionen als PC-Pendant zu Apple?
Bei uns geht es nicht nur um schickes Design oder einen dünnen Formfaktor. Wir wollen auch nicht Apple imitieren. Uns geht es um ein gutes Gesamtkonzept mit viel Innovation, wie etwa Spracherkennung oder Gestensteuerung. Zudem visieren wir immer den Massenmarkt an.

Es klingt so, als ob Notebook-Hersteller nur Hüllen bauen, in die Intel-Innovationen gesteckt werden.
Die Hersteller haben Raum, selbst Innovationen zu etablieren. Aktuell sind sie sehr von Ultrabooks begeistert und tun viel, um Akzente zu setzen. Es sind schicke, höherpreisige Geräte, die nachgefragt werden. Es sind Geräte, die sich nach den Wünschen der Konsumenten richten. Was sie auch müssen, denn das iPad ist ein großer Erfolg.

Ohne Intels Investitionen und Markt-Engagement wäre dies nicht möglich?
Genau. Es gibt in der Branche niemanden, der soviel für Forschung und die Umsetzung neuer Technologien ausgibt. Es gibt diesbezüglich auch keinen Widerstand. Schauen Sie sich den Notebook-Markt an. Natürlich sind die Hersteller begeistert, sie brauchen einen Erfolg.

Was macht sie so sicher, dass die Kategorie einschlägt?
Mit Windows 8 und Ultrabooks wird man das Beste aus zwei Welten bekommen. Auf der Computex in Taiwan werde ich viele Hybrid-Geräte vorstellen, die Notebook und Tablet kombinieren; also Notebooks, deren Bildschirme man von der Tastatur trennen kann, um sie als Tablet zu nutzen. So kann man den Konsum, aber auch das Erschaffen von Inhalten in einem Gerät verbinden. Schon bald werden sich Konsumenten fragen: Warum soll ich ein Tablet und ein Notebook kaufen, wenn ich mit einem Ultrabook beides haben kann. Das ist günstiger und praktischer.

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Benjamin Sterbenz

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