© Gilbert Novy, KURIER

Hannes Ametsreiter

“Jeder Konzern sollte ein Start-up unterstützen”

futurezone: In der österreichischen Start-up-Szene hat sich insbesondere über die vergangenen Jahre einiges getan. Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die spannendsten Entwicklungen?
Hannes Ametsreiter: Ich finde es unglaublich spannend, dass einige österreichische Start-ups einen riesigen Erfolg gelandet haben, es wirklich geschafft haben, sich international durchzusetzen und weltweit für Furore gesorgt haben. Das sollte viele andere mitreißen, was hoffentlich auch passiert.

Fallen Ihnen dazu auch konkrete Beispiele ein?
Ganz klar: Runtastic ist sicher eines der großen Erfolgsmodelle. Es gibt aber einige, die gut unterwegs sind. Ich glaube, da spricht vieles auch für Österreich. Österreich hat eine enorme Kreativität, viel Innovationskraft.

Trotzdem ist die heimische Start-up-Landschaft nicht mit großen Hubs wie dem Silicon Valley, Berlin oder London vergleichbar. Wo mangelt es aus Ihrer Sicht hierzulande?
Ich glaube, es ist wichtig, dass man diesem Thema ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit widmet indem man sagt: Start-ups sind die Zukunft des Landes. Auch Politiker müssten das vertreten. Wir brauchen neue Ideen, neue Ansätze, neues Business. Diese kleinen Firmen werden die großen Firmen der Zukunft, das ist der Respekt des Konzern-Managers vor der Garagenfirma. Hier geht es um die Unternehmen, die Ideen und spannende Produkte bringen und mit Lösungen überzeugen, die die Menschen auch brauchen.

Und wie lässt sich das am besten umsetzen?
Dazu braucht man natürlich die entsprechenden Rahmenbedingungen. Sind sie perfekt? Nein, sind sie nicht. Sollte man viel mehr tun? Ja, sollte man. Da sind wir alle gefordert - die großen Konzerne, die Politik und die großen Institutionen. Und nicht zuletzt geht es um die richtige Einstellung, die idealerweise bereits an den Universitäten gelehrt wird: Dass es gut ist, ein Unternehmer zu sein, gut ist, Ideen zu haben, dass es gut ist, sich etwas zu trauen und ein Risiko einzugehen. Wir müssen klar sagen: Es gibt Alternativen zu einer Angestellten- oder Beamtenkarriere, die natürlich auch wichtig ist, aber es mussVielfalt geben.

Was konkret gebe es aus Ihrer Sicht an den Rahmenbedingungen zu verbessern?
In der Ausbildung kann man sicher ansetzen. Man sollte jungen Leuten und Studenten mitgeben: Traut euch etwas, beginnt euer eigenes Business. Die smartesten US-Absolventen gehen heute ins Silicon Valley und gründen eine Firma.

Was sind also die größten Probleme, die man in Österreich als Firmengründer zu bewältigen hat?
Es ist immer noch zu kompliziert als junger Unternehmer etwas aufzubauen, das muss einfacher, schneller und kostengünstiger gehen. Hier muss man auch unter die Arme greifen. Jeder Konzern in Österreich sollte ein Start-up unterstützen, zB mit , Büroräumlichkeiten, rechtlicher Beratung oder Marketing Know-How. Würde man hier eine Form der Kooperation finden, das große Unternehmen kleine „huckepack“ nehmen, dann hätte wahrscheinlich jeder etwas davon. Wir sollten ein Klima schaffen, wo es Usus ist, dass man andere mitentwickelt.

Ist es für A1 auch vorstellbar, sich an Start-ups zu beteiligen, zu investieren und bei den Firmen einzusteigen?
Wir machen das schon. Wir haben heute schon mehrere Start-ups, die wir entwickeln und denen wir eine Chance geben. Wir unterstützen sie innerhalb des Konzerns mit Räumlichkeiten und Konw-how. (Anm. etwa jene aus der Start-up-Aktion mit der futurezone: Flatout und DoubleJack). Wir kommen jetzt in die nächste Phase und bauen gerade einen Start-up-Campus mit 500 Quadratmetern, der dann zwischen fünf und zehn neuen Start-ups Platz bieten soll.

Derzeit ist A1 aber nicht an den Firmen beteiligt?
Das wird dann ein Modell sein, das wir ins Auge fassen. Wir wollen, dass diese Firmen erfolgreich sind und wir dann auch Teil dieses Erfolges werden.

Was macht ein Jungunternehmen aus, dass es interessant für Sie wird? Welche Kriterien legen Sie an, um zu sagen: Da sind wir mit an Bord?
Man muss die Leidenschaft fühlen für die Idee. Man muss sehen, dass da Menschen sind, die überzeugt sind von ihrer Idee und die dafür brennen. Das ist das Wichtigste. Und dann geht es natürlich um die Idee selbst: ist diese entwickelbar und belastbar, macht das Sinn und braucht das der Markt. Bei uns geht es um digitale Services und ich bin überzeugt, dass wir vor der nächsten Revolution stehen. Diese Revolution ist eine digitale Revolution. Da wollen wir mitspielen.

Vor allem im Bereich Mobile/Apps hat sich in der heimischen Start-up-Szene in den vergangenen Jahren Spannendes entwickelt. In welchen Bereichen sehen Sie da das größte Potenzial für die Zukunft, welche Trends sind vielversprechend?
Wir sehen in diesem Bereich generell ein großes Potenzial. Das Schöne ist, dass viele dieser Firmen global denken können. Die neuen Facebooks und Googles und WhatsApps können aus Österreich kommen. Warum? Weil die Idee zählt, weil die Menschen zählen. man kann hier etwas ganz Neues starten, das möglicherweise eine weltweite Nutzung erfährt. Das ist etwas, das wir dort und da ja bereits sehen können.

Wie ausgeschöpft oder nicht ausgeschöpft ist das mobile Geschäft? Und können sich kleine Firmen aus einem Land wie Österreich da jetzt überhaupt noch gegen die internationalen Player mit einer Idee behaupten?
Sicher. Ich glaube hundertprozentig daran. Es gibt sieben Milliarden Mobilfunkanschlüsse weltweit, wobei es viel mehr Feature Phones als Smartphones sind. Das Potenzial für Apps ist noch gigantisch. Es gibt Milliarden Möglichkeiten, um Services zu verkaufen.

Häufig wird geklagt, dass in Österreich, teils auch in Europa, die Kultur des Scheiterns fehlt. Sehen Sie das auch so?
Da hilft kein Lamentieren, da hilft nur tun. Es überzeugt letztlich der Erfolg und hoffentlich folgen da noch viele. Jene, die immer nur nörgeln, werden wahrscheinlich nicht zu den Gewinnern zählen..

Gibt es Wünsche, die Sie diesbezüglich in Richtung Politik formulieren würden?
Es ist wichtig, das Thema aufzugreifen und dass man unterstützt, wo man kann. Es ist wichtig, dass man realisiert, dass das möglicherweise die Konzerne der Zukunft sind und diese sich idealerweise in Österreich entwickeln können. Man muss den Unternehmen hier gute Möglichkeiten bieten.

Angesichts des NSA-Skandals und der Übermacht von US-Firmen, glauben Sie an eine Trendwende in Europa? Ist jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt für heimische Unternehmer, um bei den Konsumenten zu punkten?
Jede Entwicklung schafft ihre Möglichkeiten und Nischen. Die Nachfrage nach Security-Produkten war z.B. noch nie so hoch wie heute, das ist ein sehr gutes Geschäftsfeld. es gibt aber noch viele andere Bereiche, und wer das rechtzeitig erkennt, der hat auch gute Marktchancen.

Wenn Sie ein paar Jahre in die Zukunft blicken, wie wird die heimische Start-up-Szene dann aufgestellt sein? Wagen Sie eine Prognose?
Sie sollten jedenfalls wesentlich stärker aufgestellt sein als heute. Es sollten sich viele für diesen Schritt entscheiden, ein Start-up zu gründen. Ich kann nur hoffen, dass es hier dann ein Umfeld gibt, wo man sagt: “Man muss nach Österreich gehen, um wirklich etwas Cooles zu machen.” - Weil es hier gute Ideen gibt, eine gute Stimmung gibt und eine tolle Lebensqualität gibt. Wir müssen es schaffen, zu einem Vorzeigeland zu werden, denn wir haben alle Ingredienzien. Man muss diese nur richtig nutzen, dann steht einer guten Zukunft nichts im Weg.

Gibt es denn überhaupt die nötigen Investoren im Land, um eine wirklich starke Szene aufzubauen?
Hier hat sich bereits einiges zum Besseren entwickelt. Aber wir sprechen ja von einem globalen Business. Natürlich stimmt es, dass wir eine kaum ausgeprägte Kultur von Venture Capital haben. Der Kapitalmarkt ist auch nicht sehr entwickelt. Daher hat man es natürlich schwerer als in den USA bzw. im Silicon Valley, wo die großen Investoren sind. Aber man muss das als Trainingswiese betrachten: Wer sich hier durchsetzt, der wird auch anderswo erfolgreich sein. Wenn man das Geld nicht erhält, dann war entweder die Idee nicht gut genug, oder es war der falsche Zeitpunkt, oder man muss sich eben anderweitig orientieren. Geld hat keine Grenzen, Investoren sind auf der Suche nach den besten Köpfen.

Die Leute müssen sicher auch einmal ins Ausland gehen. Wer heute glaubt, nur in Österreich bleiben zu können und von hier aus alles zu machen - das ist Utopie. Wir sprechen gerade bei digitalen Services von weltweiten Services. So muss man auch denken, ohne Grenzen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

mehr lesen
Claudia Zettel

Kommentare