Konzernumbau

Jetzt fix: Siemens verkauft Hörgeräte-Sparte

Es ist ein kleines, feines Geschäft - und trotzdem will Siemens seine Hörgerätesparte schon lange versilbern. Nun ist der Verkauf nach dpa-Informationen beschlossene Sache: Die Sparte soll an den schwedischen Finanzinvestor EQT gehen, wie nach der Siemens-Aufsichtsratssitzung am Mittwochabend aus gut informierten Kreisen verlautete. Siemens äußerte sich dazu zwar nicht, doch wurde erwartet, dass Konzern-Chef Joe Kaeser zur Bilanz-Pk an diesem Donnerstag die Karten auf den Tisch legt. Ursprünglich hatte er einen Börsengang für die Sparte angepeilt - doch das Umfeld dafür erwies sich zuletzt als nicht besonders rosig.

Die Siemens-Hörgerätesparte (Audiologische Technik) gehört neben Sonova aus der Schweiz und William Demant aus Dänemark zu den großen Anbietern der Branche. Das Geschäft hat eine lange Tradition im Konzern: Bereits vor gut 100 Jahren brachte Siemens das erste industriell gefertigte Hörgerät auf den Markt. Heute sind bei dem Tochterunternehmen mit einem Umsatz von rund 700 Millionen Euro weltweit etwa 5000 Menschen beschäftigt, davon fast 700 in Deutschland an den Standorten Erlangen und Herford (Nordrhein-Westfalen). Die Profitabilität machte Siemens-Chef Joe Kaeser zuletzt durchaus Freude - die Sparte dürfte noch besser dastehen, als die ohnehin renditeträchtige Medizintechnik von Siemens insgesamt.

Warum abgeben?

Siemens konzentriert sich unter Kaesers Führung zunehmend auf das Projektgeschäft mit Großkunden. Als vielversprechende Geschäftsfelder hat der Siemens-Chef die Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung ausgemacht. Im Energiegeschäft will Kaeser zudem vom Öl- und Gasboom in den USA profitieren und hatte erst kürzlich die Milliarden-Übernahme des US-Kompressorenherstellers Dresser-Rand auf den Weg gebracht. Produkte für Verbraucher wie auch die Hausgeräte, die Siemens dem langjährigen Joint-Venture-Partner Bosch überlässt, passen da nicht mehr recht hinein. Die Trennung von den Hörgeräten ist nun für die Münchner der endgültige Abschied vom Endkundengeschäft mit seinen speziellen Spielregeln und Vertriebswegen. Auch in der restlichen Medizintechnik setzt Siemens auf Geschäftskunden: Röntgengeräte, Computertomographen, Ultraschallgeräte und Labordiagnostik-Systeme etwa finden ihre Abnehmer vor allem bei Kliniken, Forschungseinrichtungen und großen Labors.

Arbeitnehmervertreter hatten eine mögliche hohe Schuldenlast im Falle eines größtenteils fremdfinanzierten Deals mit Sorge gesehen und Standort- und Beschäftigungsgarantien gefordert. Sie fürchteten, dass ein entsprechender Käufer einen harten Sparkurs einschlagen könnte. Dem Vernehmen nach könnte es aber auch Absprachen zwischen Siemens und einem Käufer zur Zukunft der Arbeitsplätze geben. Damit könnte Siemens auch versuchen, Negativmeldungen zu vermeiden, hieß es im „Handelsblatt“.

Warum kein Börsengang?

Nicht nur die Konjunktur, auch die Börsen erleben im Moment unsichere Zeiten. So liefen beispielsweise die Börsendebüts von Zalando und Rocket Internet eher mau, und die Zalando-Aktie notiert noch immer deutlich unter ihrem Ausgabepreis. Zuletzt hatte beispielsweise das Schweizer Biotechnologie-Unternehmen Molecular Partners seinen Gang aufs Parkett wegen eines „ungünstigen Börsenumfelds“ vorerst abgesagt.

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