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Blackberry

Kahlschlag bei RIM: 5000 Stellen fallen weg

Die stockende Entwicklung moderner Smartphones treibt den strauchelnden Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) immer mehr in die Enge. Um mehr als ein Jahr musste der Pionier mobiler E-Mail-Dienste am Donnerstag den Start einer neuen Gerätegeneration verschieben, die ihm in seinem zunehmend verzweifelten Konkurrenzkampf gegen Apple und Google als Hoffnungsträger galt. Zudem rutschte der kanadische Konzern im ersten Quartal noch tiefer in die roten Zahlen als befürchtet. Derart bedrängt erwägt RIM Kreisen zufolge Optionen, die bisher tabu waren: das Netzgeschäft zu verkaufen oder wie Nokia die Rettung in einer Partnerschaft mit Microsoft zu suchen.

Ende von eigenem Betriebssystem
Eine solche Zusammenarbeit mit dem Softwareriesen würde bedeuten, dass RIM sein eigenes Betriebssystem aufgibt und seine Smartphones unter Windows laufen lässt, wie drei mit den Überlegungen vertraute Personen sagten. Doch dies käme dem Eingeständnis gleich, dass die Strategie des seit Januar amtierenden RIM-Chefs Thorsten Heins nicht aufgegangen ist. Der aus Deutschland stammende Manager war mit dem Ziel angetreten, das Ruder bei RIM mit einem eigenen, neuen Betriebssystem herumzureißen. Doch die Entwicklung der Sofware dauert länger als erwartet, wie das Unternehmen zum Entsetzen der Branche am Donnerstag einräumte. Deshalb kommen die neuen Modelle BlackBerry 10 erst Anfang 2013 auf den Markt.

Schon kurz nach Heins' Amtsantritt klopfte Microsoft-Chef Steve Ballmer den Kreisen zufolge bei RIM an, um dem Unternehmen eine ähnliche Partnerschaft wie mit Nokia schmackhaft zu machen. Der ebenfalls gegen den Abstieg kämpfende einstige Handy-Platzhirsch aus Finnland setzt in seinen Mobiltelefonen das aktuelle Microsoft-Betriebssystem ein. Mit dem Siegeszug des iPhone von Apple und dem Android-Betriebssystem von Google, das auf diversen Handys unter anderem von Samsung läuft, zog sich die Schlinge um RIM und Nokia immer enger. Das nächste iPhone wird noch in diesem Jahr erwartet, neue Handys mit Google-Software kommen ständig nach.

Bei einer Partnerschaft mit Microsoft könnte der Softwarekonzern zudem Anteile von RIM übernehmen und das Unternehmen finanziell unterstützen. Diese Möglichkeit ist den Kreisen zufolge aber bei dem im kanadischen Waterloo ansässigen Konzern besonders unpopulär, weil sie dessen Eigenständigkeit beenden würde.

Netzverkauf als letzter Auswe
Die zweite Möglichkeit für RIM ist den Kennern zufolge, das Netzgeschäft an Privatinvestoren oder ein anderes Technologieunternehmen zu verkaufen. Der Käufer könnte das BlackBerry-Netz für andere Anbieter öffnen, so dass die vor allem in Unternehmen und Regierungseinrichtungen für ihre Sicherheit besonders geschätzten BlackBerry-Dienste auch über andere Netze und Handys verschickt werden könnten.

Doch BlackBerry-Chef Heins hielt am Donnerstag im Gespräch mit Analysten an seiner Strategie eines integrierten Konzerns fest - mit Handys, eigener Software und eigenem Netz. Heins hatte selbst eine Strategieüberprüfung angestoßen, bei der Investmentbanker unter anderem von JPMorgan Chase die Optionen für das Unternehmen ausloten. Die Lage hat sich seit Beginn dieser Überprüfung nicht verbessert: Im ersten Geschäftsquartal stand unter dem Strich ein Verlust von 192 Millionen Dollar in den RIM-Büchern, nach einem Gewinn von 695 Millionen Dollar im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Umsatz brach um 33 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar ein. Zudem kündigte RIM die Streichung von 5000 Stellen an. „Wow, das ist ein Desaster", sagte Edward Snyder von Charter Equity Research.

Die RIM-Aktie brach nachbörslich um 18 Prozent ein.

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