"Kupferkabel wird in Zukunft nicht mithalten können"
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Die „Datenautobahn“ ist ein Schlagwort aus den 90er-Jahren. Und es ist im Jahr 2016 wieder äußerst modern. Vodafone benutzte auf der diesjährigen CeBIT Kutschen und Autos, um die verschiedenen Geschwindigkeiten im Netz zu demonstrieren. Der Golf 1 entspricht dabei etwa 100 Mbit pro Sekunde.
In einem modernen Porsche-Rennwagen werden Geschäftskunden vor dem Vodafone-Pavillion auf der Messe auf eine Rennstrecke geschickt, auf die wahrscheinlich die meisten noch gar nicht vorbereitet sind: Beschleunigung auf 150 km/h binnen weniger Sekunden. Nicht wenige Menschen steigen, wie auch die futurezone-Redakteurin, relativ blass um den Mund wieder aus dem Rennwagen aus. Aber trotzdem will praktisch jeder einmal mitfahren - wie sich praktisch auch jeder Mensch eine schnellere Internet-Verbindung wünscht.
Hannes Ametsreiter, der neue Chef von Vodafone Deutschland und der alte Chef von A1, erzählt im futurezone-Interview Neuigkeiten über die 5G-Forschung im Testlabor in Dresden, warum Glasfaser zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Unternehmen führen wird und kritisiert nicht nur das gute, alter Kupferkabel, sondern auch die Breitbandstrategie Österreichs.
Futurezone: Die „
Gigabit Gesellschaft“ war das Motto von
Vodafone auf der diesjährigen
CeBIT.
Hannes Ametsreiter: Richtig. Denn wir sehen Vodafone als die Gigabit Company. Auf der CeBIT zeigen wir das größte 5G Netz
Deutschlands. Wir zeigen unseren Gigabit Router, der das Beste aus Mobilfunk und Kabelglasfaser vereint. Und wir zeigen, wie wir Gigabitgeschwindigkeiten für Deutschland bringen wollen – im Boden und in der Luft.
Was braucht es in
Europa, um das flächendeckend zu ermöglichen?
Es braucht einen engen Schulterschluss zwischen Politik, Regulierung und Unternehmen, um in Wachstum und modernste Infrastrukturen zu investieren. Wir glauben, dass Gigabit-Geschwindigkeit schon bald notwendig wird. Ebenso wie eine Latenzzeit von einer Millisekunde über 5G. An unserem Vodafone Lehrstuhl und den 5G Labs in Dresden arbeiten bereits rund 600 Personen jeden Tag an diesem Thema.
Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Sie forschen an Anwendungsfällen mit Latenzzeiten von einer Millisekunde – für die Automobilindustrie zum Beispiel, oder den Gesundheitsbereich. Wichtig aber bei all dem: Die ganze Forschung wird nur dann greifen, wenn wir deutlich stärker auf Glasfaser setzen. Denn ohne gigabitschnelle Glasfaseranbindung wird gigabitschnelles 5G nicht passieren.
Wird es im 5G-Netz auch mehrere Klassen geben? Etwa eine, in der
Autos und Medizin bevorzugt behandelt werden?
Ein Schritt nach dem anderen. Ein autonom fahrendes Auto bewegt sehr viele Daten, das ist zirka ein Gigabyte Volumen, das pro Sekunde allein durch die Kommunikation bewegt wird. Es ist einfach, ein Auto so zu gestalten, dass man nur noch einen Knopf drückt und das Auto parkt automatisch ein. Aber würde man vier Autos nebeneinander auf diese Art und Weise einparken, würde das derzeit noch scheitern. Wir haben das in unserem Forschungslabor bereits getestet.
Wann kommt das?
Bislang können Sie sich vieles zu 5G nur im Kleinen ansehen – am Vodafone Lehrstuhl in Dresden. Da haben wir kleine Testautos gebaut, die autonom mit 5G herumfahren. Und viele andere interessante Anwendungsfälle. Bis aus 5G ein einheitlicher Standard wird und es danach breiter verfügbar wird, kann es noch ein paar Jahre dauern. Auch welches Frequenzband in Zukunft verwendet wird, ist noch unklar. Das Ganze muss ja auch ohne Grenzen funktionieren, man will ja auch von
Deutschland nach Österreich fahren.
Wer wird über den einheitlichen Standard entscheiden?
Üblicherweise passiert die Abstimmung auf der Radioweltkonferenz. Dort wird das Spektrum definiert und dort findet die Standardisierung statt.
In
Österreich setzt man beim Breitbandausbau aber auf
Kupferkabel als „Last Mile“ zu Endkunden statt auf Glasfaser.
Das tut man in Deutschland zu einem Teil auch noch. Daneben gibt es aber auch die Kabelnetze. Da fahren wir eine andere Geschwindigkeit. In unserem Kabelglasfasernetz bieten wir ab April die ersten 400 Mbit/s für Endkunden. VDSL (Anmerkung: Das bedeutet
Kupferkabel bis zum Endkunden) kann maximal ein Viertel davon. Und: Das DSL-Kupferkabel ist 120 Jahre alt. Das wird in Sachen Gigabit nicht mithalten können.
Österreich hat sich in seiner digitalen Breitbandstrategie bis 2020 100 Mbit/sec als Ziel gesetzt – das klingt dazu relativ veraltert im Vergleich zu dem, was Sie hier erzählen.
Das ist nach wie vor wenig sportlich. Experten sagen ganz klar, dass 100 bis 200 Mbit für die nächsten Jahre deutlich zu wenig sind. Man braucht mehr – wenn man nicht zurückfallen will. Es geht hier auch um einen weltweiten Wettbewerb – wer hat die führende Infrastruktur, wer hat die besten Köpfe und Innovationen und wer schafft es, Unternehmen anzuziehen.
Wir sind in einer Zeit, in der Automobilhersteller ihre Autos nicht mehr in die Werkstatt schicken, sondern ein Softwareupdate starten – über die Luft. Dazu braucht man die beste Geschwindigkeit. Wenn man G wie Gigabit sagt, dann muss man auch G wie Glasfaser sagen.
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