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Gericht

Pharmariese geht gegen Wiener Start-up vor

Die Klage erreichte das Wiener Start-up, das ein Arzneimittel-Sicherheitssystem für Spitäler und Ärzte anbietet, am 23. Dezember. Darin forderte der Pharmakonzern Diagnosia auf, Informationen zu bestimmten Wechselwirkungen des von ihm vertriebenen Schmerzmittels Novalgin mit anderen Medikamenten unverzüglich aus seiner Datenbank zu entfernen.

Sanofi-Aventis forderte das junge Wiener Unternehmen auch auf, Ärzte und Spitäler über die "Richtigstellung" zu verständigen. Dazu sollte auch eine Anzeige in der Österreichischen Apothekerzeitung geschalten werden.

"Hinweis berechtigt"

Dianosia kam dem Ansinnen des Pharmariesen nicht nach. Der Hinweis auf die Risiken sei berechtigt, sagt Marco Vitula, Geschäftsführer des Start-ups, zur futurezone. Die Informationen für die Fachdatenbank würden vom renommierten schwedischen Karolinska Institut stammen und auch in zahlreichen weiteren Fachpublikationen aufscheinen. Nach der Klage des Pharmakonzerns habe man auch mehrere Pharmakologen hinzugezogen, um den Sachverhalt zu überprüfen. "Die Risiken haben eine Daseinsberechtigung und sind in Studien belegt."

"Unfaires Match"

Sanofi gehe wohl davon aus, dass ein kleines Start-ups mit zehn Mitarbeitern leicht einzuschüchtern sei, meint Vitula: "Es geht um ein Kräftemessen. Aus unserer Sicht ist das ein unfaires Match."

Seitens Sanofi-Aventis hieß es gegenüber der futurezone, dass man sich zu laufenden Verfahren nicht äußern wolle. Dieselbe Antwort hatte der Konzern auch schon dem "profil" gegeben, das zuerst über die Klage berichtete.

Einstweilige Verfügung abgewiesen

Eine von Sanofi-Aventis verlangte Einstweilige Verfügung gegen das Start-up wurde im Jänner abgewiesen. Am Dienstag sollte der Prozess wegen Ruf- und Kreditschädigung beginnen. Aufgrund eines Richterwechsels wurde er vergangene Woche auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Streitwert beläuft sich auf rund 20.000 Euro.

Sanofi sei eigentlich verpflichtet, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu angebotenen Medikamenten zu überprüfen und das Präparat zu untersuchen, sagt Vitula. Stattdessen würden Unternehmen, denen die Patientensicherheit ein Anliegen sei, mit Klagen zugedeckt.

Informationen auch in anderen Datenbanken

Die von Diagnosia behaupteten Wechselwirkungen des Schmerzmittels Novalgin sind auch in Datenbanken von anderen Anbietern, darunter medizinische Datenbanken im nordischen Raum und der "Bibel für Arzneimittel-Wechselwirkungen", Stockley's Drug Interactions, zu finden. Ob Sanofi auch dagegen gerichtlich vorgeht ist nicht bekannt. Der Pharmakonzern wollte auch dazu gegenüber der futurezone keine Fragen beantworten.

Die von Sanofi-Aventis beanstandete Diagnosia-Datenbank kommt in 16 österreichischen Spitälern zum Einsatz. Insgesamt werden die Produkte des Wiener Start-ups von 600 Ärzten genutzt. Novalgin ist in Österreich durchaus populär. In vielen anderen Ländern, darunter die USA, Schweden und Japan ist es nicht zugelassen oder nicht am Markt.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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