T-Mobile Österreich CEO Andreas Bierwirth (Archivbild)
T-Mobile Österreich CEO Andreas Bierwirth (Archivbild)
© KURIER/Gilbert Novy

Mobilfunk

T-Mobile wünscht sich gemeinsames Netz mit A1 und Drei

futurezone: Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die spannendsten Entwicklungen am Mobilfunkmarkt?
Andreas Bierwirth: Dass sich der Mobilfunk von einem üblichen Mobilfunkanbieter zu einem Breitbandanbieter entwickelt. Weil die Technologie LTE Geschwindigkeiten ermöglicht, die weit über klassische DSL-Anschlüsse hinausgehen. Gerade in Österreich ist die Verbreitung von DSL-Anschlüssen im ländlichen Bereich so schlecht, dass Mobilfunk eine überlegene Technologie ist, um Breitbanderlebnisse darzustellen. Das hat dazu geführt, dass wir bei T-Mobile mittlerweile mehr Router verkaufen als Smartphones.

Was ändert sich dadurch für Ihr Unternehmen?
Es führt dazu, dass unser Unternehmen gerade eine andere DNA bekommt. Zuvor war unser komplettes Denken auf das Geschäftsmodell “Smartphone” hin orientiert. Während man dafür sehr viele Antennen, eine sehr große Flächendeckung braucht, ist das Thema Breitband via Router für zuhause ein stationäres Produkt. Wir müssen uns jetzt vielmehr darauf konzentrieren, punktuell einzelne Antennen, wo sehr viele Kunden sind, massiv hochzurüsten.

Wäre es für T-Mobile denkbar, abseits von Mobilfunk auf Glasfaser zu setzen?
Man soll nie “nie” sagen. Das hängt von der Qualität des Festnetzes ab. Aber aus heutiger Sicht ist das Thema Glasfaser durch “Glasfaser aus der Luft” ersetzt. Die Antennen scheinen mittlerweile, und damit der Mobilfunk, für weite Teile Österreichs die Internetversorgung zu übernehmen. Dass Österreich digitaler wird, gerade im ländlichen Bereich, realisiert sich gerade auch weitgehend ohne Breitbandmilliarde - indem die drei Infrastrukturunternehmen das stemmen. Daran knüpft sich dann die Frage an: Braucht man die Breitbandmilliarde in der Form überhaupt noch für die Infrastruktur?

Sie haben die Vergabe der Breitbandmilliarde wiederholt kritisiert. Was würden Sie aktuell vorschlagen, wie die Gelder eingesetzt werden sollen?
Wir sind mittlerweile mit dem Ministerium in einem guten Dialog. Zunächst ist das Geld allerdings primär für Leerrohre vergeben worden. Durch leere Rohre wird Österreich nicht schnell digital. Das sind Rennstrecken für Mäuse. Gleichzeitig hat der Mobilfunk echte Breitbandanbindung in die Regionalität hineingebracht. Was das betrifft, merke ich, dass die Vergabe der Breitbandmilliarde schon zunehmend in die richtige Richtung geht. Man diskutiert auch über die Anbindung von Antennen mit Glasfaser. Ich bekomme aber Zweifel, ob es nicht zu lange gedauert und die Investitionen zu unseren Lasten stattgefunden haben. Daher wäre es vielleicht ein Gedankenmodell, dass man einen Teil der Breitbandmilliarde nimmt und in den Zukunftspakt für Österreich steckt, den der neue Bundeskanzler avisiert hat - von der Breitbandmilliarde zur digitalen Milliarde.

Andreas Bierwirth, T-Mobile

Ein Teil soll auch in Start-ups fließen, wie viel Geld sollte man aus Ihrer Sicht dahingehend investieren, welcher Fokus sollte gelegt werden?
60 Millionen. Ich glaube, man sollte noch mehr nehmen. Und noch viel mehr für die Bildung. Denn digitale Bildung ist mindestens genauso wichtig wie digitale Infrastruktur. Wir als Industrie müssten auch unseren Beitrag zum Ruck durch die Gesellschaft leisten, indem man sagt, die Breitbandmilliarde - die wir durch die Spektrumsauktion bezahlt haben - wollen wir nicht eins zu eins zurückhaben. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie sie für Österreich richtig ausgegeben ist. Uns wäre mehr geholfen, wenn man alte Zöpfe, etwa die verpflichtende Papierrechnung einmal los wird, als nur um diese Breitbandmilliarde zu kämpfen und dann doch nur Teile zu bekommen.

Welche Rolle spielt das Thema Start-ups für Sie im Konzern?
Ein Mobilfunkunternehmen hat eine Brückenfunktion zwischen alter und neuer Industrie. Wir brauchen, um unser Netz zu optimieren und zu wissen, was unsere Kunden wollen, eine starke Anbindung an Start-ups. Ich hab ein sehr großes Interesse, eng mit Start-ups zusammenzuarbeiten - im Hinblick auf die Frage: Wie baue ich mein Netz der Zukunft? Wir machen das bereits in vielerlei Hinsicht, etwa in Partnerschaft mit dem Pioneers Festival, oder auch indem wir in Berlin und Warschau Inkubatoren (genannt Hubraum) betreiben. Wir machen aber auch in Österreich einen Wettbewerb, dessen Gewinner wir dann Coaching und Räume zur Verfügung stellen sowie eine Anbindung an Hubraum.

Wird auch Geld in Start-ups investiert?
Wir haben dazu Kapital verfügbar. Über T-Venture gibt es einen Fond zur Start-up-Finanzierung. Es gibt außerdem einen Fond für nachhaltige Innovation. Das sind pro Jahr 50.000 Euro. Die gehen an Start-ups, die Ideen haben, die Digitalisierung und Nachhaltigkeit verbinden - etwa das Blindentablet “Blitab” war so ein Preis. Heuer denken wir zum Beispiel in Richtung Flüchtlinge und Digitalisierung. Wir wollen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und gleichzeitig in Digitalisierung investieren.

Wäre es aus Sicht von T-Mobile denkbar, dass die Netzbetreiber sich irgendwann zusammentun und den Ausbau eines gemeinsamen Netzes vorantreiben? Warum kommt das eigentlich bisher nicht infrage?
Es gibt kleinere Netzkooperationen - zum Beispiel mit Drei, wo unsere Sprachleistungen von ihnen bezogen werden und wir umgekehrt Datenleistungen erhalten. Wir kooperieren auch mit der Telekom Austria, etwa bei schwierigen Tunnelanlagen. Warum es bisher nicht in großem Rahmen geklappt hat, liegt vor allem am regulatorischen Rahmen. Wir können zwar theoretisch bis zu 50 Prozent unserer Antennen teilen, das Mietrecht in Österreich sieht aber vor, dass, wenn wir uns etwa zu zweit an eine Antenne dranhängen, jeder von uns die volle Miete zahlen muss. Wir bekommen auf der Kostenseite nur marginale Synergien hin. Ein anderer Fall: Wenn es um einen Masten im hochalpinen Bereich geht, der für alle Mobilfunker genügen würde, müsste man sich die Sendeleistung, also das Spektrum teilen. Das wäre dann aber aktives Spektrum-Sharing und das ist in Österreich nicht erlaubt. Daher hoffen wir auf die neue Regierung und eine Liberalisierung für die Zusammenarbeit der Provider. Man bekommt für das gleiche Geld mehr Flächendeckung hin, indem man sich das einfach unter den Anbietern aufteilt. Bisher ging es stark um Populationsabdeckung, da haben wir inzwischen fast 99 Prozent erreicht. Aber wir haben nicht 99 Prozent der Fläche abgedeckt.

Warum ist das überhaupt wichtig?
Man muss nur an Lösungen denken wie autonomes Fahren oder Smart Farming. Da wird es künftig auch Breitband in der Fläche benötigen, wo niemand lebt. Das Thema Flächenabdeckung wird an Bedeutung gewinnen. Da sprechen wir dann von deutlich mehr Antennen. Dadurch, dass wir alle unter Preisdruck sind, heißt das eigentlich, dass wir das über Kooperationen effizient ermöglichen sollten. Ich glaube, dass man das regulativ zum Wohle Österreichs ordnen kann und der Wettbewerb nicht darunter leidet, sondern sogar eher beschleunigt wird. Letztlich wird es auch mit der nächsten Mobilfunkgeneration (5G) zu einer Antennenverdichtung, besonders mit kleineren Microantennen, kommen. Antennenwälder, Umweltschutz und Co werden zur Diskussion werden. Also würde es Sinn machen, wenn wir möglichst wenige Antennen benötigen und schon jetzt über Liberalisierung nachdenken.

Das Thema Netzneutralität ist mittlerweile eine Art Dauerbrenner in der Branche sowie auf Nutzerseite, wie positionieren Sie sich dazu?
In erster Linie ist es mir egal, wie eine Netzneutralitätsentscheidung ausfällt - Hauptsache, sie ist in Europa überall gleich. Wir kommen durch die Abschaffung von Roaming immer mehr in einen europäischen Binnenmarkt, also sollte man das auch nicht unterschiedlich betrachten. Die Formulierung jetzt ist so schwammig, dass die lokalen Interpretationen der Behörden hochgradig divergieren. Und das ist ein Unding. Davon abgesehen halte ich es für richtig, unterschiedliche Leistungsvarianten innerhalb von Netzen zu ermöglichen. Die fünfte Mobilfunkgeneration wird um spezialisierte Dienste (autonomes Fahren, medizinische Dienste, etc.) herumgebaut. Man sollte nicht jetzt schon in der vierten Generation mental den Weg zu machen, um dann die Chancen der fünften frühzeitig zu verspielen.

Seit kurzem sind die neuen EU- Roamingbestimmungen in Kraft. Erwarten Sie eine weitere Vereinheitlichung und wie zufrieden sind Sie mit der jetzigen Situation?
Ich denke, dass eine komplette Angleichung kommen wird, die Vorgaben sind ja schon so, dass die inkludierten Datenmengen massiv gesteigert werden. Wir entwickeln uns in Richtung deutliche Verbilligung des Datenkonsums im Ausland. Den Gedanken eines Binnenmarktes kann ich nachvollziehen, weniger jedoch die Geschwindigkeit, in der die Politik das macht. Meine größte Kritik ist allerdings: Wenn man den Weg eines Binnemnarktes geht, muss das auf allen Ebenen geschehen. Dann muss es auch eine einheitliche Mechanik von Spektrumsauktionen geben. Es kann nicht sein, dass Länder wie Österreich die Infrastrukturunternehmen so unter Druck setzen, dass absurde Summen gezahlt werden, weil es wichtiger ist, Haushaltsbeiträge zu kassieren als uns Geld für Investitionen zu lassen. Wir brauchen im Grunde eine europäische Regulierung.

Welche generelle Preisentwicklung erwarten Sie bei den Tarifen in den kommenden Jahren?
Erstmal brauchen wir in Österreich steigende Investitionen in die digitale Infrastruktur. Das geht nur bei steigenden Umsätzen. Die finanzielle Ausgangslage der drei großen Betreiber ist im europäischen Schnitt immer noch relativ schwach. Umsatzsteigerung kann man also über neue Geschäftsfelder (M2M, Breitbanderlebnis via Router und Co) erzielen. Ich glaub, dass die Preise im Consumerbereich sich stabilisieren und die Umsätze dort mit steigender Datennachfrage wieder steigen. Sinkende Preise sehe ich nicht. Wir wollen zwar keine Preissteigerung, aber wir wollen eine Umsatzsteigerung.

Wie stehen Sie dem Thema der fix verbauten SIM-Karten gegenüber? Bringt das Nachteile für die Mobilfunker mit sich?
Ich finde das im Grunde genommen gut, weil die Mobilfunker über Jahre immer wieder versteckte Fallen in die Verträge eingebaut haben: Wechselgebühren, Bestandskunden zahlen mehr, etc. Man hat sehr viel mit versteckten Logiken gearbeitet. Die SIM-Karte ist natürlich auch eine Schutzfunktion, weil die getauscht werden muss, dem Mobilfunker gehört, usw. Elektronisch ist es einfacher zu wechseln und das führt dazu, dass die Anbieter noch mehr über ihre eigene Leistung überzeugen müssen. Service, Verkauf, Netzqualität müssen den Kunden überzeugen zu bleiben. Ich hab lieber ein Unternehmen, dass sich an der Leistung orientiert und den Druck spürt, als dass man sich permanent zurücklehnt und sagt: Ach, wir sind ja auch geschützt durch SIM-Karten und Co.

Wenn Sie einen einzigen Wunsch frei hätten gegenüber der Politik, was wäre das?
Klares Handeln.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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