Robert Körbler
Robert Körbler
© Philips, Petra Spiola

Philips

"Wir wollen keine Spaß-Sensoren anbieten"

Philips war früher einer der großen Elektronikkonzerne, der von elektrischen Zahnbürsten über Fernseher bis zu medizinischem Hightech-Gerät praktisch alles hergestellt hat. Aus der Unterhaltungselektronik hat sich das Unternehmen mittlerweile zurückgezogen, um sich auf die Sparten Licht, Healthcare und Lifestyle zu spezialisieren. Jetzt soll der Beleuchtungsarm der Firma ebenfalls in ein eigenes Unternehmen ausgelagert werden. Österreich-Chef Robert Körbler hat mit der futurezone über die aktuelle Situation der Firma gesprochen.

Philips war früher eine Art Universal-Elektronikkonzern. In den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen aber von vielen Sparten verabschiedet. Wofür steht das Unternehmen heute noch?
Der Zusatz “Electronics” ist schon seit einigen Jahren aus unserem Unternehmensnamen verschwunden. Beleuchtung und der Gesundheitssektor sind unsere Kernbereiche. Im Bereich Health-Technologies sehen wir große Chancen. Durch den sozialen Wandel und den steigenden Kostendruck werden hier in Zukunft neue Versorgungsmodelle gefragt sein. Wir liefern Sensoren, Apps und Anwendungen, um den medizinischen Wandel in der Medizin hin zur Prävention zu begleiten.

Auch der Bereich Licht soll jetzt in ein eigenständiges Unternehmen ausgegliedert werden.
Es sollen zwei eigenständige Unternehmen entstehen, beide unter dem Namen Philips. Wir sind Weltmarktführer im Bereich Beleuchtung und wollen uns in Zukunft verstärkt auf vernetzte Beleuchtungslösungen konzentrieren.

Bis wann soll die Umstrukturierung abgeschlossen werden?
Mit der Implementierung des neuen Geschäftsmodells werden wir bereits im Laufe des nächsten Jahres beginnen. Die Teilung der operativen Unternehmen wird in den nächsten zwölf bis 18 Monaten abgeschlossen sein.

Ist das ein Versuch, sich langsam aus dem hart umkämpften LED-Markt zurückzuziehen?
Mit den knappen Margen im LED-Geschäft hat das nichts zu tun. LEDs sind ja nur ein Bestandteil unseres Angebots. Dazu kommen Netzwerke, Steuerungssysteme und Contracting. Durch Sensoren und entsprechende Steuerung können etwa Daten erfasst und ausgewertet werden, die eine genauere Steuerung von Heizung, Klima, Lüftung und Gebäude-Management erlaubt.

Sind Wearables eines der Kerngebiete, auf die sich der Gesundheits-Arm des Unternehmens konzentrieren will?
Wearables sind interessant, wir wollen aber keine Spaß-Sensoren anbieten, sondern auch echten Mehrwert bieten. Wir haben etwa einen Sensor für COPD-Patienten (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) entwickelt, der auf die Brust geklebt wird und dort Herz- und Atemfrequenz sowie Bewegungen aufzeichnet. Über ein Tablet erhalten die Patienten Feedback und können ihren Lebensstil entsprechend anpassen. Dazu müssen die Messwerte professionellen Ansprüchen genügen.

Die Vernetzung mag im medizinischen Umfeld ein Wachstumsgarant sein. Aber in den anderen Sparten scheint das Wachstumspotenzial eher begrenzt.
Licht wird sich wegbewegen vom Gebrauchsgut. Durch smarte LEDs und Apps tun sich ganz neue Möglichkeiten auf. Dasselbe gilt für Kaffeemaschinen. Ich mag es, wenn die Kaffeemaschine mich erkennt und mir den Kaffee so zubereitet, wie ich ihn mag.

Ist auch bei Haushaltsgeräten noch Platz für Innovation?
Im Bereich Küchengeräte haben wir unsere Forschungsabteilung in Klagenfurt und arbeiten auch mit der Universität Innsbruck zusammen, um Indikatoren für gesunde Lebensmittel zu finden. Damit entwickeln wir eine Sensorik, die es Geräten erlaubt, Obst, Gemüse oder Fleisch mit der exakt richtigen Temperatur und Garzeit zuzubereiten.

Wird es weitere Umwälzungen im Unternehmen geben, die in Österreich spürbar sein werden?
Vor kurzem haben wir auch ein österreichisches Start-up erworben, das Algorithmen entwickelt, um die Schlafapnoe (Anm.: Wenn man im Schlaf aufhört zu atmen) zu analysieren. Die Daten werden auf Servern automatisch ausgewertet und sollen die Therapie unterstützen. Größere Umstrukturierungen wird es in den kommenden Jahren aber nicht mehr geben.

Solche Cloud-Dienste klingen immer spannend. Ein Problem - gerade im medizinischen Bereich - ist die Datensicherheit.
Wir verwenden Industriestandards für die Vernetzung. Wir sind schon seit Jahren geübt im Umgang mit heiklen Informationen wie Patientendaten. Die Behörden vertrauen uns ebenfalls schon lange. Ich arbeite schon seit 20 Jahren mit Patientendaten und wir hatten noch nie ein Sicherheitsproblem.

Wo geht die Reise im medizinischen Sektor hin?
Wir überlegen uns etwa, wie ein T-Shirt aussehen könnte, das Vitaldaten erfasst und es Trägern so erlaubt, einen gesunden Lebensstil zu wahren. Daran wird aktiv geforscht. Alles was mit nichtinvasiven Messungen zu tun hat, ist derzeit großes Thema.

Wie hilft die Flut an neuen Messdaten den Medizinern konkret?
Durch die Erfassung verschiedener Parameter kann eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes oft aus bestimmten Mustern in den Messungen gelesen werden. So können Ärzte wertvolle Stunden gewinnen. Das ist gut für das Patientenwohl und senkt gleichzeitig Kosten durch die Vermeidung von Krankenhausaufenthalten. So können die wenigen jungen Pfleger, die wir in Zukunft haben werden, die Vielzahl an alternden Patienten besser betreuen.

Philips hat zuletzt schlechte Zahlen präsentiert. Wie soll es betriebswirtschaftlich weitergehen?
2014 war ein herausforderndes Jahr, mit unterschiedlichen Performances in verschiedenen Märkten. In einigen Wachstumsmärkten, in denen wir früher zweistellige Zuwächse hatten, sah es im vergangenen Jahr schlecht aus. Die Aufträge für 2015 sind da und die neuen Geschäftsfelder ziehen an. Im Sommer haben wir beispielsweise erstmals mehr LEDs als konventionelle Leuchtmittel verkauft..

In der Tat scheinen LEDs mittlerweile auf breite Akzeptanz zu stoßen. Niemand beschwert sich mehr über die Lichttemperatur.
Unsere LEDs haben ein kontinuierliches Lichtspektrum, geben warmweißes Licht und sind steuerbar. Aus der dieser Überzeugung heraus setzen wir im neuen Philips Headquarter in Wien zu hundert Prozent auf LED-Beleuchtung - mit Ausnahme des Backrohrs und des Kühlschranks.

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Markus Keßler

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