Die Amen-App
Die Amen-App
© Jakob Steinschaden

Start-up

Amen: App sortiert Welt nach Tops und Flops

Eine Statusmeldung zu einer Person, einem Ort oder irgendeinem Ding schreiben, das ganze verknüpft mit dem Zusatz "the best" oder "the worst" - darum geht es im Wesentlichen bei dem Online-Dienst Amen. Ähnlich wie bei Twitter und Konsorten kann man auch bei diesem Service anderen folgen und die Status-Updates dann entweder mit einem "Amen" abgsegnen oder mit einem "Hell No!" verneinen und eine alternative Meinung vertreten. "Meinung" ist auch schon das Stichwort bei dem Online-Dienst: "So wie YouTube die Heimat für Videos ist oder Flickr für Fotos, so versteht sich Amen als Heimat für Meinungen im Web", sagt Felix Petersen, Mitbegründer und CEO der Plattform. Amen steht derzeit als Web-Dienst und als iOS-App zur Verfügung.

Die Amen-Nutzer haben de facto gar keine Wahl - sie müssen bzw. wollen sich der Schwarz-Weiß-Malerei beugen: Entweder man findet etwas toll oder man findet es total schrecklich, Mittelmaß und weiterführende Erläuterungen gibt es bei Amen nicht. "Es geht hier nicht um ausführliche Reviews, was wir auf der Plattform wiedergeben, sind superlative Meinungen - so wie Menschen auch im Alltag miteinander reden", meint Petersen. Während sich Twitter auf 140 Zeichen beschränke, beschränke sich Amen auf eine bestimmte, vorgegebene Satzstruktur, in der die User eben nicht umhin kommen, sich für "das Beste" oder "das Schlechteste" zu entscheiden.

Was die Themen betrifft, seien die Diskussionen auf Amen "bunt gemischt", sagt Petersen. "Es gibt aber schon ein paar dominante Themenkomplexe, wie zum Beispiel Musik, Orte wie etwa Restaurants, aber auch sehr viel aus dem Bereich Humor oder Wortspiele." Eine Plattform für "Wissenschaftler", wie es Petersen nennt, sei Amen sicherlich nicht. Dafür hafte dem Dienst fast etwas "Poetisches" an, wie der Firmengründer meint - manche Leute würde allein über den Meinungsaustausch sogar miteinander flirten und sich näher kommen. "Es ist ein bisschen so, als würde man nur in Reimen schreiben dürfen."

Mut zum Negativen
Der simplifizierte Grundgedanke wurde an der Plattform bisweilen sowohl als große Stärke gelobt als auch als engstirnig kritisiert. In jedem Fall wagt Amen - was sich die großen Plattformen wie Facebook und Co bis dato nicht zutrauen - seinen Nutzern neben dem Positiv-Bewerten auch das Negativ-Bewerten anzubieten. Dass sich daraus öffentliche Verunglimpfungen oder Mobbing beispielsweise gegenüber einzelner Personen ergeben könnten, fürchtet Petersen nicht. Dergleichen sei in der Community nicht zu beobachten und negative Einzelfälle gebe es da wie dort immer wieder, das habe mit der Struktur der Plattform nichts zu tun. "Kommt es wirklich einmal zu einer Entgleisung, dann werden die betreffenden Wortmeldungen selbstverständlich von uns vom Netz genommen", versichert der Firmenchef.

Listen und Rankings
Ein Kernelement von Amen sind Listen, die auf Basis der abgegebenen Status-Updates erstellt werden. So findet man dann zu jedem erdenklichen Thema diverse Rankings - von den Top-Songs über Sonnenschein und die beliebtesten Fußballer bis hin zu den besten Restaurants einer Stadt. "Bei Amen finden diese typischen Diskussionen über den besten Film oder den schlechtesten Schauspieler statt, daraus erstellen wir dann Hitlisten", sagt Petersen und ergänzt: "Wir listen die Welt mit Meinungen von Leuten auf, die für den jeweiligen User interessant sind."

Meinungen können Nutzer auch auf anderen Plattformen abgeben, ebenso Empfehlungen einholen oder sich über Restaurants und Geschäfte informieren. Doch Amen sieht sich laut Petersen dennoch als "etwas Neuartiges", das sich vor allem mit dem Prinzip der Rankings von den anderen Plattformen unterscheide. "Es ist im Grunde, wie es auch bei Twitter anfangs war: Man muss den Dienst einfach eine gewisse Zeit benutzen, um zu merken, wofür er eigentlich gut ist oder wofür man ihn persönlich brauchen kann. Wir sehen Amen als neuartiges Konzept, das sich eben nicht in einem Wort erklären lässt." Natürlich gebe es auch anderswo Meinungen, "aber wir strukturieren sie", so Petersen.

Ungewöhnlicher Name
Auffallend ist an Amen für viele zunächst einmal auch der ungewöhnliche Name. Doch religöse Gedanken stehen bei dem Start-up eigentlich nicht dahinter. Vielmehr habe man "Amen" ausgewählt, weil das Wort in allen großen Kulturen als "ultimative Form der Zustimmung" bekannt sei und vor allem in den USA heute zum allgemeinen Sprachgebrauch gehöre, erklärt Petersen. "Wir haben natürlich schon überlegt, ob wir das Wort einfach so benutzen können, ob wir möglicherweise die Gefühle von irgendjemandem damit verletzen und wie das Ganze markenrechtlich aussieht", sagt Petersen. Letztlich habe es aber keinerlei Probleme gegeben, es habe sich noch niemand darüber beschwert, der Name passe "einfach gut" zum Service. In den USA konnte sich das Start-up laut Petersen sogar die Markenrechte an dem Namen sichern.

Berühmter Investor
Als Amen vor einem Jahr das Licht der Welt erblickte, sorgte das Start-up nicht zuletzt auch dadurch für Furore, weil es mit Ashton Kutcher einen sehr berühmten Investor an Land ziehen konnte. Für Petersen scheint das Thema aber inzwischen eher ein leidiges zu sein. Darauf angesprochen, wirkt der Amen-Gründer darüber mittlerweile eher genervt als erfreut. Den Kontakt zu Kutcher habe man über den Hauptinvestor Index Ventures bekommen. "Dann haben wir uns mit ihm getroffen, unsere Idee unterbreitet und er hat investiert", sagt Petersen. Dass Stars und Sternchen - angefangen von Lady Gaga bis Justin Bieber - in junge Tech-Firmen investieren, ist derzeit sehr angesagt. Kutcher sei in der Hinsicht jedenfalls ein positives Beispiel und nehme die Sache sehr ernst, lobt Petersen.

Geschäftsmodell fehlt
Bezüglich Nutzerzahlen will sich der Firmengründer nicht so richtig festlegen. Die App habe ein paar Hunderttausend Downloads, allerdings werde das nicht so richtig von Amen überprüft. "Davon abgesehen beobachten wir monatlich ein exponenzielles Wachstum unserer aktiven Nutzerschaft", mehr will Petersen dazu nicht sagen. Tatsächlich ist es nach dem ersten Hype rund um den Start von Amen in den vergangenen Monaten etwas ruhiger um die Plattform geworden. Die größten Nutzergemeinden hat die Plattform in den USA, Deutschland, aber auch in Großbritannien und Australien, was nicht zuletzt daran liegt, dass das Berliner Start-up seinen Service auf Englisch gelauncht hat.

Wie die Plattform Geld verdienen will, scheint derzeit ebenfalls noch völlig unklar. Was ein Geschäfstmodell betrifft, hat man bei Amen offenbar keine allzu große Eile. Zuerst einmal gehe es darum, weiter zu wachsen. "Im ersten Jahr wollten wir, dass die Sache Spaß macht", erklärt Petersen. Es sei wahnsinnig schwer, sich heute noch im Bereich der sozialen Apps zu etablieren, daher wolle man vorrangig etwas anbieten, das bei den Leuten gut ankomme. In Zukunft will Amen vor allem auch stärker bei passiven Nutzern Fuß fassen, die etwa deshalb auf die Plattform kommen, weil sie etwas nachschauen oder entdecken wollen. "Wenn man die entsprechende Reichweite aufgebaut hat, dann hat man auch gute Karten, das ganze zu monetarisieren", meint Petersen.

Auch auf eine Android-App werden die Nutzer wohl noch länger warten müssen. "Das soll sicher irgendwann kommen, aber derzeit arbeiten wir noch nicht konkret daran. Erstmal wird es im Herbst jetzt eine neue iOS-Version geben", sagt Petersen. Das Unternehmen sei noch jung und man wolle erst einmal die bestehenden Angebote um neue Funktionen erweitern und diese verbessern, bevor etwas komplett Neues in Angriff genommen werde. "Wenn wir merken, dass wir mit dem derzeitigen Angebot an unsere Wachstumsgrenzen stoßen, dann werden wir auch Dinge wie andere Sprachen etc. andenken. Vorher wollen wir uns aber auf die bestehenden Dinge konzentrieren."

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hier
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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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