„Banken im Westen wollen kein Mobile Payment“
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Geld überweisen, ohne ein Bankkonto zu besitzen, Einkäufe oder eine Taxifahrt bezahlen, das alles macht der Handy-Bezahldienst M-Pesa für Menschen in Kenia möglich. Nutzer können über sogenannte M-Pesa-Agenten - etwa Händler, Supermärkte, Tankstellen - Bargeld auf ein elektronisch geführtes Guthaben einzahlen und abheben. Der mobile Zahlungsverkehr entwickelte sich rasch zum durchschlagenden Erfolg und ermöglicht auch jenen Menschen Geldtransfers, die sich ein herkömmliches Bankkonto gar nicht leisten könnten. Im futurezone-Interview sprach Robert Collymore, CEO von Safaricom, anlässlich der Call Center Convention (CCC) vergangene Woche in Wien über die Entwicklung von M-Pesa und Expansionspläne für die Zukunft.
futurezone: Der Mobile-Payment-Service M-Pesa wurde im Jahr 2007 gestartet, wie viele Kunden zählen Sie heute?
Robert Collymore: Wir haben heute 14 Millionen Kunden. Insgesamt zählt Kenia heute etwa 39 Millionen Mobilfunkkunden, davon sind fast 60 Prozent unter 15 Jahre alt. Es gibt also weniger als 19 Millionen Erwachsene, die Kunden sind. Mit 14 Millionen, die M-Pesa nutzen, kommen wir also auf einen beachtlichen Anteil.
Was kostet ein Handy in Kenia? Sind Handys für die breite Masse erschwinglich?
Handys sind relativ preiswert. Das günstigste Mobiltelefon kann man schon für weniger als zehn US-Dollar bekommen.
Wie schwierig war es, M-Pesa in Kenia zu etablieren. Vor welchen Herausforderungen standen Sie zu Beginn?
Es ist immer eine besondere Herausforderung, wenn es um das Geld der Menschen geht. Weil man zunächst einmal nur etwas von den Leuten “nimmt” und sie nichts dafür zurück auf die Hand bekommen. Allerdings hatten wir einen Vorteil: Safaricom ist jene Marke in Kenia, die das größte Vertrauen im Land genießt. Tatsächlich war es um einiges einfacher, M-Pesa zu etablieren als wir anfangs gedacht hätten. Auch das Wachstum verlief sehr viel rasanter als wir erwartet hätten.
Gab es anfangs Probleme für die Anwender zu verstehen, wie der Service funktioniert?
Die Leute haben den Service von Anfang an erstaunlich schnell begriffen. Ich denke, das war deshalb so, weil der Bedarf nach so einem Service da war. Und zwar nach einem Service, mit dem man Geld von einer Seite des Landes zur anderen transferieren kann, schnell und günstig. Als die Leute das verstanden haben, war es für sie auch gar nicht erheblich, die genauen technischen Abläufe des Service zu verstehen. Wir hatten zuerst damit gerechnet eine Viertel Million User im ersten Jahr zu gewinnen, tatsächlich ist uns das schon innerhalb von vier Monaten gelungen.
Wie viel müssen die M-Pesa-Kunden für die Nutzung des Dienstes bezahlen?
Der höchste Betrag, den man man überweisen kann, sind 70.000 Kenia Schilling bzw. 700 US-Dollar. Die Gebühr, die man dafür bezahlen muss, ist sehr gering, etwa 60 Schilling (60 Cent). Allerdings sind die Gebühren in Relation weit höher, wenn man kleine Beträge transferiert. Bei 10.000 Schilling bzw. 100 Dollar fallen beispielsweise 30 Schilling Gebühr an. Der kleinste Betrag, den man überweisen kann, sind 50 Schilling (50 Cent). Prinzipiell lohnt es sich also eher höhere Summen zu transferieren.
Glauben Sie, dass ein Service wie M-Pesa auch in westlichen Ländern Erfolg haben könnte? Sehen Sie einen Markt hier?
Ich denke ja, auf jeden Fall. M-Pesa wird in Kooperation mit Vodafone betrieben und dort wird derzeit darüber nachgedacht, mit dem Service in weitere Länder zu expandieren. Ich persönlich glaube, dass man mit M-Pesa in Zukunft auch über Schwellenländer wie Kenia oder Indien hinaus gehen kann. Denn es gibt eine Mittelschicht, die zwar Kreditkarten und Bankkonten etc. hat, aber trotzdem einen solchen Service nutzen würde. Einfach, weil er so bequem ist. Man kann nahezu alles damit kaufen, beispielsweise eine Flasche Wasser im Geschäft - und dafür würde man nicht unbedingt seine Kreditkarte benutzen, sondern wenn, dann in bar bezahlen. Im Grunde kann man M-Pesa also für alles nutzen, das man sonst in Cash begleichen würde. Die Beträge, die man transferieren kann, starten wirklich im minimalen Bereich und künftig wollen wir auch die im Verhältnis noch zu hohen Gebühren bei kleinen Überweisungen senken. Die Sache ist, dass man sein Mobiltelefon heute immer bei sich trägt, selbst dann, wenn man die Geldbörse vielleicht gerade gar nicht in Reichweite hat, das Handy ist immer dabei. Das ist so in Schwellenländern genauso wie in den USA oder Europa.
Was wäre also die große Herausforderung, um M-Pesa im Westen zu etablieren?
Das größte Problem dabei sind die Banken. Der Bankensektor in den westlichen Nationen würde defintiv strenge Regulierungen für einen solchen Dienst fordern und den Erfolg damit sehr beschränken.
Auf welche unterschiedlichen Arten kann M-Pesa heute überhaupt genutzt werden, wo kommt der Dienst überall zum Einsatz?
Man kann Geld von einer Person zur anderen überweisen. Man kann damit aber auch Schulgebühren bezahlen, eine Art Sparkonto anlegen, Flugticket- und Hotelbuchungen vornehmen oder Waren in Geschäften bezahlen. Im Grunde kann man alles damit machen, was man auch mit Bargeld machen kann.
Gibt es Probleme mit Schwarzgeld, gab es Vorfälle, wo Leute versucht haben, den Service zur Geldwäsche zu missbrauchen? Welche Vorkehrungen treffen Sie dagegen?
Wir haben sehr strenge Regeln. Und ein strenges Programm für unsere “Agents” (Anm. Partner über die das Geld eingezahlt werden kann), wir beaufsichtigen sie sehr genau. Sie müssen ein sogenanntes “Know your Customer”-Programm durchlaufen und die Identitäten der Kunden penibel überprüfen. M-Pesa-Kunden müssen sich ganz genau ausweisen, auch wenn sie sich Geld von einem Agent ausbezahlen lassen, müssen sie einen Ausweis vorlegen. Aufgrund dessen haben wir eigentlich keine Probleme mit Schwarzgeld.
Erlaubt M-Pesa derzeit nur Transaktionen innerhalb des Landes oder kann man Geld auch international überweisen?
Internationale Transaktionen sind sehr begrenzt. In Kooperation mit Western Union kann man aus bestimmten Ländern Geld nach Kenia überweisen. Es wäre derzeit allerdings nicht möglich, dass jemand aus Kenia über M-Pesa Geld beispielsweise auf ein österreichisches Konto überweist.
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