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Social Media

Bauern-Facebook lädt zum Traktor-Sharing ein

"Soziale Netzwerke haben mich immer schon begeistert", sagt der Schladminger Landwirt Hannes Royer bei der Präsentation von  "Wir Bauern online" am Mittwoch vor Journalisten in Wien. Irgendwann sei ihm schließlich die Frage in den Sinn gekommen: "Wieso haben wir Bauern so etwas nicht?". Das war im Jahr 2008. Von da an machte sich Royer mit einer ordentlichen Portion Idealismus im Gepäck daran, seine Vision - ein eigenes Social Network für Landwirte - umzusetzen.

In der Agentur mmc fand Royer einen interessierten Partner für seine Idee. Drei Jahre lang wurde an der Entwicklung von "Wir Bauern online" gearbeitet, das sich durch spezielle Funktionalitäten für die landwirtschaftliche Arbeit und das bäuerliche Leben von herkömmlichen sozialen Netzwerken unterscheidet. Die tatsächliche Umsetzung begann im Herbst 2011. "Eine ernsthafte Diskussion über Milchpreise führen, so etwas funktioniert auf Facebook einfach nicht", sagt Royer.  "Die gängigen Plattformen sprechen andere Zielgruppen an und so wollten wir gemeinsam ein Werkzeug schaffen, das den Bedürfnissen der Landwirte gerecht wird und die Möglichkeit zum Austausch unter Gleichgesinnten bietet", ergänzt Reinhardt Schwarz, Vertriebsleiter von mmc.

Total vernetzt
"Wir Bauern sind im realen Leben total vernetzt", sagt Royer. Ständig gebe es irgendwelche Vereinssitzungen und Zusammenkünfte, bei denen etwas besprochen würde. "Das nimmt viel Zeit in Anspruch, oft sitzt man stundenlang für zwei, drei relevante Sätze irgendwo und kann nicht bei seiner Familie sein", sagt der Landwirt. "Da ist es doch oft klüger, sich die relevanten Informationen schnell und unkompliziert aus dem Netz zu holen." Es gehe natürlich nicht darum, reale Kontakte zu ersetzen, aber "Wir Bauern online" sei "eine sinnvolle Ergänzung zum persönlichen Kontakt der Bäuerinnen und Bauern gedacht", erklärt Schwarz.

5000 Mitglieder
Das Netzwerk, das vor etwa zwei Wochen gestartet ist, zählt derzeit bereits 5000 Mitglieder. Kernstück der Plattform ist der sogenannte "Maschinenmanager", darüber können Bauern landwirtschaftliche Maschinen zur gemeinschaftlichen Nutzung finden, reservieren und verwalten. Schon 2010 startete dieses Angebot als eigenständige Website, sozusagen als Vorläufer des geplanten Netzwerks und zählte schnell nach der Einführung bereits mehrere tausend Nutzer. "Im Moment beobachten wir etwa 50 Neuanmeldungen im sozialen Netzwerk pro Tag, über jene, die den Maschinenmanager schon kannten, spricht sich die Plattform besonders schnell herum", erklärt Royer.

Die Nutzung von "Wir Bauern online" ist prinzipiell kostenlos. Nach dem Anlegen eines persönlichen Profils stehen den Bauern übliche Funktionen wie das Verfassen von Statusmeldungen oder der Upload und das Teilen von Fotos und Videos zur Verfügung. Weiters können Gruppen zu diversen Themen gegründet, Dokumente geteilt und Veranstaltungseinladungen verschickt werden.

Von Maschinenmanager bis Umfragen
Neben der speziellen Funktion des Maschinenmanagers setzt die Webseite auch auf die Möglichkeit, Umfragen zu starten, um sich auf schnelle Weise ein Meinungsbild von Personen und Gruppen machen zu können. Auch der eigene Bauernhof kann mit Fotos und Videos online präsentiert werden, Gruppenmitglieder werden laufend über Neuigkeiten informiert. An der Umsetzung einer mobilen Seite wird ebenfalls gearbeitet.

Die Plattform steht grundsätzlich jedem offen, niemand müsse nachweisen, dass er ein Bauer sei, heißt es auf futurezone-Nachfrage. "Allerdings beobachten wir ohnehin, dass die überwiegende Mehrheit der registrierten Nutzer auch tatsächlich Bauern sind, die ein ernsthaftes Interesse an der Seite haben", sagt Royer. Es werde immer ein paar Leute geben, die mit der Sache an sich eigentlich nichts zu tun haben oder sich nur einen Spaß erlauben, aber die würde man auch einfach in Kauf nehmen. "Wenn ich eine exklusive Gruppe anlege, lade ich sowieso nur die Leute dazu ein, die ich kenne und die ich drin haben will", sagt der Landwirt.

Kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft
Geld verdienen will das Portal in erster Linie über Premium-Nutzer. Zielgruppe sind hier vor allem Vereine, Verbände oder Organisationen, denen Zusatzfunktionen wie zum Beispiel Videokonferenzen (startet im Sommer) zur Verfügung gestellt werden sollen. Premium-Mitglieder haben außerdem mehr Möglichkeiten, ihre persönlichen Seiten individuell zu gestalten und Unterseiten wie zum Beispiel News-Bereiche anzulegen. Je nachdem, welche Services die User in Anspruch nehmen sollen Jahresgebühren zwischen 300 und 20.000 Euro dafür anfallen. "Wir haben hier noch nicht alles im Detail festgelegt, es wird darum gehen, welche Funktionalitäten jemand nutzt", erklärt Royer, der auch darauf verweist, dass es nicht primär darum gehe, mit der Plattform "reich zu werden".

Zwar findet sich auf der Plattform eine Unterseite, die sich an potenzielle Werbekunden richtet, wie Royer und Schwarz betonen, soll die Plattform jedoch nicht mit Werbung zugekleistert werden. "Derzeit ist keine Werbung geplant", sagt Schwarz auf Nachfrage.

Neues Selbstbewusstsein
Der idealistische Landwirt Royer, der die Plattform unter Beteiligung von mmc aus eigener Tasche finanziert, hat vor allem ein erklärtes Ziel: Bauern sinnvolle Unterstützung im Alltag zu geben und sie zu einem "neuen Selbstbewusstsein" zu führen. "Wir wollen die Bauern ermutigen, dass neue Kraft zurück aufs Land kommt", sagt Royer.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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