„Es ist cool, in einem Unternehmen zu arbeiten, das jeder kennt“
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Österreich hat derzeit nicht nur mit einem Fachkräftemangel in der IT-Branche zu kämpfen, auch der Industrie fehlen zahlreiche qualifizierte Mitarbeiter. Allein im Vorjahr konnten laut Industriellenverband 10.500 Positionen nicht besetzt werden. Die Regierung berief wegen der angespannten Situation am Arbeitsmarkt sogar einen Jobgipfel im September ein. Dort wurde unter anderem gefordert, dass die Industrielehre ausgebaut und attraktiver gestaltet werden soll. Denn obwohl das Interesse an der Lehre seit 1995 relativ konstant ausfällt – rund 40 Prozent der 15-Jährigen beginnen eine Lehre – entscheiden sich nach wie vor viele Jugendliche für traditionelle Berufe wie Mechaniker oder Friseur statt zukunftsträchtige Titel wie Mechatroniker oder Automatisierungstechniker.
Ein Problem, mit dem vor allem internationale Großkonzerne wie Siemens zu kämpfen haben, deren überarbeitete Lehrkonzepte auch den Ministerien als Vorbild dienen. Durch die zunehmende Digitalisierung der Industrie sind Berufe gefragt, die oftmals kaum bekannt sind, weswegen man nun mit Aufklärung und flexiblen Ausbildungsmodellen gegensteuern will. Auch die Technik-begeisterte Corina lernte den Beruf der Elektroenergietechnikerin erst kurz vor ihrer Bewerbung kennen. „Ich habe mich in der Schule sehr für Physik interessiert, aber mit Elektrotechnik habe ich mich davor noch nicht so richtig beschäftigt“, sagt die 18-Jährige, die sich derzeit im zweiten Ausbildungsjahr bei Siemens befindet. „Im AMS-Kurs haben wir dann mit Schaltungen und ein bisschen Löten begonnen. Da habe ich dann bemerkt, dass das genau meines ist.“
In der Praxis lernen
Auch die 19-jährige Lena, die sich wie Corina zur Elektroenergietechnikerin ausbilden lässt, erfuhr erst nach einem Coaching von diesem Lehrberuf. Eine HTL traute sie sich zunächst nicht zu. „Ich wollte anfangen, etwas praktisch zu tun und mich nicht mit so viel Theorie beschäftigen. Das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.“ Auch ihr Kollege Lukas (22), der bereits vor seiner Lehre fünf Jahre lang eine HTL in Gesundheitstechnik besuchte, suchte die praktische Erfahrung. „Ich habe mich nicht so sehr dafür interessiert, sondern eher für Elektrotechnik, und wollte das in der Praxis lernen.“
Elektroenergietechnik, bei dem man sich auf den Einsatz bei Energieerzeugern spezialisiert, ist einer von elf Lehrberufen, die Siemens derzeit anbietet. Diese Ausbildungswege können dort auch in Kombination mit der Matura absolviert werden. Die Berufsreife erlangt man über mehrere Prüfungen, die verteilt über die Ausbildung absolviert werden. So besteht nach dem Abschluss der Lehre auch weiterhin die Möglichkeit, zu studieren. Eine Möglichkeit, von der aber derzeit keiner der befragten Auszubildenden Gebrauch machen will. „Ich würde gerne den Werksmeister machen. Studieren würde ich auf keinen Fall, das ist einfach nicht meines“, sagt Corina. Auch die anderen beiden wollen zunächst Erfahrungen im Beruf sammeln.
Stelle schon ausgesucht
Neben Corina, Lena und Lukas arbeitet auch Morteza an seiner Lehre mit Matura. Der 19 Jahre alte gebürtige Afghane lebt erst seit drei Jahren in Österreich, befindet sich aber bereits im zweiten Ausbildungsjahr. Er hat Elektrotechnik über Praktika kennengelernt und beschlossen, dass er den Beruf ergreifen möchte. Obwohl er noch Deutsch lernt, bereitet ihm das derzeit keinerlei Probleme. „Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich meine Kollegen danach.“ Morteza meidet auch nicht die Herausforderung: Derzeit läuft seine Ausbildung noch in Wien, im Herbst übersiedelt er aber nach Salzburg, um dort eine vertiefende praktische Ausbildung an seiner künftigen Ausbildungsstätte zu erhalten.
Die ersten beiden Jahre verbringen die Auszubildenden gemeinsam in der Lehrwerkstatt, anschließend werden diese ihren künftigen Arbeitsstätten zugewiesen. Die Auswahl der Abteilungen erfolgt auf Basis individueller Befragungen der Lehrlinge. „Ich wollte unbedingt draußen arbeiten und nicht den ganzen Tag vor dem Computer hocken, deswegen freut es mich, dass ich bald bei einem Siemens Projekt mit der OMV eingesetzt werde“, sagt Corina. Der Unterricht in der Berufsschule findet geblockt über sechs Wochen pro Halbjahr statt.
Frauenanteil legt zu
Neben den garantierten Arbeitsplätzen versucht Siemens, die Lehrlinge mit weiteren Anreizen zu sich zu holen. So bekommen Lehrlinge, zusätzlich zu Weihnachts- und Feiertagen, alle Fenstertage frei und können unter anderem die Weiterbildungs- und Mitarbeiter-Aktienprogramme nutzen. Auch Auslandsaufenthalte über das Erasmus-Programm sowie Wintersportwochen werden angeboten. „Das sind Sachen, die es nicht in jeder Firma gibt“, sagt Corina. „Es ist außerdem cool, in einer Firma zu arbeiten, die jeder kennt.“
Als Frauen seien Corina und Lena derzeit noch „deutlich“ in der Minderheit, der Anteil steige laut Siemens jedoch. Im Transformatorenwerk Weiz haben 2017 erstmals mehr Frauen als Männer eine Lehre begonnen (8 zu 6). Große Hoffnungen setzt man bei Siemens auch auf die Lehre für Maturanten. So können sich AHS-Maturanten in Oberösterreich im Zuge einer sogenannten Dualen Akademie der Wirtschaftskammer in zweieinhalb Jahren zum Automatisierungstechniker ausbilden lassen. Während der Fachausbildung ist man bereits bei einem Unternehmen beschäftigt. An der FH St. Pölten beginnt zudem dieses Jahr das duale Studium, bei dem man innerhalb von dreieinhalb Jahren gleich zwei Abschlüsse absolviert. Neben dem Studium an der FH St. Pölten, bei dem man den Bachelor in Smart Engineering erhält, macht man eine Lehre in Elektrotechnik bei Siemens in Wien.
Dieser Artikel ist im Zuge einer Kooperation mit Siemens und der futurezone entstanden. Die redaktionelle Hoheit liegt bei der futurezone.
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