
Liaowang-1
Liaowang-1: Chinas riesiges Schiff jagt US-Satelliten
Chinas Liaowang-1 ist in See gestochen. In chinesischen sozialen Netzwerken ist ein Foto aufgetaucht, das das imposante Schiff abseits des Hafens zeigt.

Liaowang-1
Einige Medien spekulieren, dass die Liaowang-1 daher bereits im Einsatz ist. Es dürfte sich aber um die erste Probefahrt handeln, um die Seetüchtigkeit des Schiffs zu bestätigen.
Tracking Ship
Die Liaowang-1 ist ein sogenanntes Tracking Ship, in Deutsch auch Bahnverfolgungsschiff genannt. Diese Schiffe wurden ursprünglich gebaut, um mit Antennen, Radar und anderen elektronischen Überwachungsmaßnahmen die Flugbahnen von Raketen über dem Meer zu verfolgen – etwa bei Raketentests oder für die Raumfahrt.
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Früher sorgten sie mit ihren Funkanlagen auch dafür, dass Kurskorrektor-Anweisungen an Satelliten, aber auch für die bemannte Raumfahrt weitergegeben werden. Diese Funktion als Relay war nötig, weil die Sendeanlagen an Land nicht stark genug waren, um Satelliten oder Raumkapseln zu erreichen, die über dem Meer flogen.
Liaowang-1 ist ungewöhnlich groß
Die Bedeutung der Tracking Ships ist zurückgegangen, weil mittlerweile deren Überwachungs- und Kommunikationsfunktion großteils von Satelliten, bzw. Satelliten-Netzwerken übernommen wurde. Daher wirkt es etwas verwunderlich, dass China ein neues Tracking Ship gebaut hat – das noch dazu deutlich größer als seine Vorgänger ist und deutlich größer als die Tracking Ships der USA.

Liaowang-1
Die Liaowang-1 dürfte 225 Meter lang und 32 Meter breit sein. Diese Werte wurden anhand von Fotos und Satellitenaufnahmen berechnet, es könnte also kleine Abweichungen zu den realen Maßen geben. Die Verdrängung soll bei über 30.000 Tonnen liegen.
Das entspricht schon einem kleineren Flugzeugträger. Die italienische Cavour misst beispielsweise 244 Meter, ist 39 Meter breit und hat eine Verdrängung von 28.000 Tonnen.
Wie riesig das Schiff ist, wird im Vergleich zu anderen Tracking Ships deutlich. Das Größte der USA ist die USNS Howard O. Lorenzen mit 163 Meter Länge und knapp 13.000 Tonnen Verdrängung.

USNS Howard O. Lorenzen
© USNORTHCOM
Chinas bisherige Bahnverfolgungsschiffe sind in der Yuan-Wang-Klasse zusammengefasst. Je nach Modell reichen die von 130 bis 222 Meter Länge. Doch selbst die größten Modelle, die Yuan Wang 5 und 6, kommen nur auf 25.000 Tonnen Verdrängung.
Vollgepackt mit Antennen
Offiziell hat sich die chinesische Armee bisher nicht zu den Fähigkeiten der Liaowang-1 geäußert. Auf den Fotos und früheren Satellitenaufnahmen sind mindestens 5 Radome auf dem Schiff erkennbar, in verschiedenen Größen. Welche Art von Antennen darin sind, ist nicht bekannt. Vermutlich sind es Radarantennen für verschiedene Frequenzbereiche.
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Sehr deutlich erkennbar sind 2 große Array-Anlagen im hinteren Bereich des Schiffs. Vermutlich handelt es sich dabei um Phased-Array-Antennen. Die bestehen aus hunderten oder gar tausenden Antennen, die zusammen agieren. Im Vergleich zum herkömmlichen Radar hat Phased-Array eine höhere Genauigkeit und Reichweite und kann mehr Ziele auf einmal verfolgen.
Aufgaben der Liaowang-1
Dass China dieses Schiff nicht bloß nutzen wird, um eigene Raketentests und das Weltraumprogramm zu überwachen, liegt auf der Hand. Größe und Ausstattung legen nahe, dass die Liaowang-1 für lange Missionen ausgelegt ist und wie eine riesige Überwachungsanlage im Meer agiert – und damit mögliche Lücken in Chinas Radarnetzwerk schließt, bzw. dieses deutlich erweitert.
Außerdem kann China das Schiff nicht nur in den eigenen Gewässern einsetzen, sondern international. Aufgrund seiner umfangreichen Radar-Überwachungsfähigkeiten und wahrscheinlich auch technischen Ausstattung zum Abfangen von elektronischer Kommunikation, können so wertvolle Informationen gesammelt werden. Auch einigen Yuan-Wang-Schiffen wird dieser Einsatzzweck nachgesagt, weshalb sie oft als Spionageschiffe bezeichnet werden.
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Neben Schiffe, Raketen und Flugzeuge kann Liaowang-1 auch die Flugbahnen von Satelliten verfolgen. Und das ist, so vermuten Analysten, einer der Hauptgründe, warum China das Schiff gebaut hat. Was Satelliten angeht, ist China, zumindest bei der Anzahl, den USA weit unterlegen. Daher hat China kein so umspannendes Satelliten-Netzwerk, um weltweit andere Satelliten und den See- und Luftverkehr zu überwachen. Die Liaowang-1 könnte hier helfen, um von Boden aus diesen Überwachungsvorsprung der USA kleiner zu machen.

Liaowang-1
Satelliten in militärischen Auseinandersetzungen
Aus strategischer Sicht heißt das, dass die USA bei einem möglichen Konflikt einkalkulieren müssen, dass China Satelliten in Echtzeit überwachen kann – was der erste Schritt ist, um sie bekämpfen zu können. China hat bisher kein Geheimnis daraus gemacht, dass es, sollte es zu einem Konflikt kommen, gegen US-Satelliten vorgehen wird.
Besonders Starlink scheint dem Reich der Mitte ein Dorn im Auge zu sein. Wie der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine gezeigt hat, kann Starlink ua. eingesetzt werden, um günstige Kamikaze-Drohnenboote auf große Entfernung zu steuern. Das will China natürlich unterdrücken, sollte es die Androhungen wahrmachen und in Taiwan einmarschieren.
Aktuell geht man davon aus, dass Chinas Schlachtplan vorsieht, Taiwans Hauptinsel innerhalb eines Tages komplett einzunehmen. Nur so könnte sich China auf die Abwehr der US-Streitkräfte konzentrieren, die womöglich Taiwan zu Hilfe eilen.
Starlink könnte Taiwans Truppen dabei helfen, trotz zerstörter oder eroberter Infrastruktur die Kommunikation aufrechtzuerhalten, sich zu organisieren und mit Drohnenbooten, die bei kleineren Inseln versteckt sind, die chinesische Flotte anzugreifen. Je länger dieser Widerstand anhält, desto mehr Zeit haben die USA, um ins Einsatzgebiet zu kommen und die Invasion zurückzuschlagen.
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Kriegsführung im Weltraum
In China werden schon Pläne geschmiedet, wie eine große Anzahl an Starlink-Satelliten in möglichst kurzer Zeit zerstört werden kann. Laut einer Simulation sei es möglich, dass sich 99 Satelliten innerhalb von 12 Stunden 1.400 Starlink-Satelliten annähern, um diese zB. mit Lasern oder elektronischen Störmaßnahmen unbrauchbar zu machen. Damit dieser Plan aufgeht, braucht China aber eben eine möglichst umfassende Echtzeit-Beobachtung der Flugbahnen der Satelliten.

Chinas Simulation zur effizienten Jagd von Starlink-Satelliten
© SCMP/Nanjing University of Aeronautics and Astronautics
Die USA nehmen solche theoretischen Pläne und Simulationen nicht auf die leichte Schulter. Vor Kurzem hat die Space Force berichtet, dass China mit Satelliten Dogfights (Luftkämpfe) im Weltraum geübt hat.
Man befürchtet, dass China, aber auch Russland, mit ihren Weltraumfähigkeiten rapide zu den USA aufholen. „Die Lücke zwischen den Fähigkeiten dieser Nationen und uns war früher riesig. Jetzt müssen wir die Art, wie wir den Weltraum betrachten, ändern, oder die Fähigkeiten-Lücke wird sich umkehren und nicht mehr zu unseren Gunsten sein,“ sagte Michael Guetlein, Vice Chief of Space Operations der US Space Force.
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Dabei geht es nicht nur um Starlink-Satelliten, sondern auch Beobachtungs- und Kommunikationssatelliten der US-Streitkräfte. Durch die Vernetzung der militärischen Systeme sind Satelliten zur essenziellen Infrastruktur für eine moderne Armee geworden. Fällt diese aus, sinkt die Schlagkraft.
Um das zu verhindern, investieren die USA in verschiedene Projekte. Zu denen gehört etwa eine Art Weltraum-Flugzeugträger, der bei Bedarf Jagd-Satelliten startet, um feindliche Satelliten zu zerstören.
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