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Handy

Facebook: Online-Netzwerk will Apps erobern

"Es gab dieses Gerücht, dass Facebook ein Handy bauen will. Das ist Unsinn." Gleich zum Start seiner Präsentation von neuen Facebook-Produkten nahm Gründer Mark Zuckerberg jenen den Wind aus den Segeln, die mit einem Mobiltelefon der US-Firma rechneten. Auch ein eigenes Betriebssystem für Handys wird es nicht geben, aber: "Wir wollen Handys so sozial wie möglich machen", so Zuckerberg. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate sei die Zahl der mobilen Nutzer von 65 Millionen auf heute fast 200 Millionen gewachsen. So, wie man Online-Spiele um die Freundes-Komponente erweitertet hätte, wolle man es jetzt bei Handy-Apps machen. "Du kannst jedes Produkt nehmen und es sozial machen, indem du die Erfahrungen der Freunde einbringst", so Zuckerbergs Vision.

Dazu stellt Facebook ab sofort Programmierschnittstellen (APIs) für Entwickler bereit, über die zentrale Facebook-Funktionen in Handy-Programme für Android-Geräte oder iPhones bzw. in mobile Webseiten eingearbeitet werden können. Dazu gibt es ab sofort ein Android-SDK, in ein paar Wochen soll ein iPhone-SDK folgen. Außerdem wurden neue Versionen der Facebook-Apps für iPhone und Android angekündigt. Auf die Frage, wann Facebook endlich auch als Mini-Programm für Apples iPad zu haben sei, meinte Zuckerberg: "Das iPad ist nicht mobil. Nächste Frage."


Weitergabe von Ortungsdaten
"Die mobile Welt darf nicht nur ein Schatten der Desktop-Welt sein", sagte Facebook-Manager Dave Fetterman im Rahmen der Präsentation. Entwicklern steht eine so genannte "Places Checkin API" zur Verfügung, die folgendes erlaubt: Wenn ein Facebook-Nutzer etwa beim Ortungsdienst Loopt seine Position mit der entsprechenden Handy-App erfassen lässt, bleibt diese nicht mehr bei dem Dienst, sondern wird auch seinen Facebook-Freunden angezeigt - auch wenn diese nicht Loopt benutzen. "Wenn man bei Loopt an einem Ort eincheckt, checkt man gleichzeitig auch bei Facebook ein", erklärte Loopt-Mitarbeiter Sam Altman. So soll es zum Start auch möglich sein, seine Position von Yelp, Foursquare, Gowalla, SCVNGR und deren App zu Facebook übertragen zu können.

Ein Datenschutz-Problem sieht man bei Facebook angesichts der Tatsache, dass Ortungsdaten von Personen an fremde Firmen übermittelt werden, nicht. "Die Location-Informationen sind privat", so Zuckerberg, "Die Position einer Person ist also nicht öffentlich einsehbar." Außerdem würden die Nutzer aktiv mit einem Check-in ihre Position bekannt geben. Zusätzlich könne man die Ortung jederzeit abdrehen.

Die Login-Hürde

Grundlage der Datenweitergabe soll eine neue, so genannte "Single-Sign-On"-Technologie schaffen. Diese können Entwickler in ihre Handy-Programme einbinden: Der Nutzer meldet sich dann einmal in der Facebook-App an und kann sich dann in anderen Apps mit einem einfachen Klick mit seiner Facebook-ID anmelden. "Niemand hat Freude daran, sich mit einer kleinen Bildschirm-Tastatur bei Apps einzuloggen", so Facebook-Manager Eric Tseng, der zuvor bei Google dessen Handy-Betriebssystem Android mitentwickelt hat. "Man vertippt, sich, vergisst sein Passwort, all das ist wirklich schrecklich. Single-Sign-On löst dieses Problem."

Die Funktion wurde bei dem Event im Facebook-Hauptquartier in Palo Alto sowohl mit dem Gutschein-Service Groupon als auch mit einem neuen Poker-Handyspiel von Zynga ("FarmVille"), einem der wichtigsten Partner von Facebook, vorgezeigt. Man wolle den Login-Prozess "so kurz und schmerzlos wie möglich machen", sagte Zynga-Mitarbeiter Justin Cinicolo. App-Programmierer sollen leichtes Spiel bei der Umsetzung haben. "Man kann das System mit ein paar Zeilen Code einbetten", erklärte Mihir Shah von Groupon. Neben Yelp, Zynga und Groupon werden zum Start auch die Apps von Loopt, SCVNGR, Flixster und Boyaah! die Single-Sign-On-Funktion bieten.

Handy-Gutscheine

Auf neue Funktionen für Unternehmen hat die zu fast 100 Prozent werbefinanzierte Firma an dem Abend auch nicht vergessen. Mit der neuen "Deals Platform" bekommen Firmen die Möglichkeit, Facebook-Nutzer über Angebote und Gutscheine in ihre Filialen zu locken. In der Praxis soll das so funktionieren: Ein hungriger Nutzer lässt sich über die Facebook-App am Mobiltelefon orten und bekommt dann eine Liste an Restaurants und deren Spezialangeboten angezeigt. Wenn das Lokal aufgesucht wird, kann der Nutzer dort einchecken, den gebotenen Gutschein aufrufen und an der Kassa bzw. dem Kellner am Display vorweisen.

Geschäftsinhaber wird es Facebook zufolge sehr einfach gemacht, ihre Gutscheine online zu stellen - allerdings müssen sie dazu eine Unternehmens-Seite auf Facebook haben. In den nächsten Monaten sollen neue Funktionen online gehen, über die sie ihre Gutscheine auf einfache Weise erstellen können. Zum Launch der Deal-Plattform haben erste Partner Aktionen gestartet: Das US-Modehaus "Gap" verschenkt Jeans, die Alamo-Kinokette vergibt kostenlose Kinokarten.

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(Jakob Steinschaden/futurezone)

Futurezone-Redakteur Jakob Steinschaden präsentiert Donnerstag Abend, dem 4. November, sein neues Buch "Phänomen Facebook". Die Eckdaten:
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