Der Zugang zur "Downtown Line" in der Station Bugis.
Der Zugang zur "Downtown Line" in der Station Bugis.
© Barbara Wimmer

Siemens

Fahrerlose Metrolinie in Singapur in Betrieb

Von außen sieht die „Downtown Line“ in Singapur aus wie jede andere U-Bahn-Linie in der Stadt. Singapur hat bei jeder Station „Gates“ am Bahnsteig, die sich erst öffnen, wenn die Züge einfahren und erst schließen, wenn der letzte Passagier eingestiegen ist. Das ist auch bei der „Downtown Line“ so, die im Februar 2014 erstmals in Betrieb gegangen ist. Die Metrolinie des lokalen Verkehrsunternehmens SBS Transit Limited ist jedoch etwas (für Singapur) Besonderes: Es gibt keinen Fahrer. Das heißt, die Fahrgäste werden beim Ein- und Aussteigen automatisch überwacht, die „Gates“ öffnen und schließen sich auch automatisch. Das System ist dennoch sicher.

Die Türen verfügen nämlich über eine hochsensible Türkantensensorik. Die Sensorleiste erkennt eingeklemmte Gegenstände oder Personen und ist druckempfindlich ausgeführt. Auch dünne Gegenstände, wie ein Schal oder eine Hundeleine, die beim Schließen der Türen normalerweise nicht erkannt werden, lösen spätestens beim Losfahren des Zuges Alarm aus und bringen den Zug zum Stoppen. So wird auch ein Mitschleifen von Fahrgästen verhindert. Kurz bevor die Türen schließen, blinkt und piepst es.

Vollautomatischer Betrieb

Entwickelt wurde die Lösung von Siemens, die ihre „Controlguide Rail 9000“ für das automatische Monitoring einsetzt. Siemens lieferte zudem das automatische Zugsicherungssystem Trainguard Sirius „Communication Based Train Control“ (CBTC), das einen fahrerlosen Betrieb ermöglicht sowie elektronische Stellwerke vom Typ Trackguard Westrace MK2. Zudem installierte Siemens auch die strecken- und fahrzeugseitige Ausrüstung für den vollautomatischen Betrieb der Züge ohne Fahrer.

„Die Anforderungen waren hoch, denn die Fahrgäste in Singapur sind sehr anspruchsvoll“, erklärte einer der Techniker bei der Besichtigung des Kontrollzentrums, das sich in der U-Bahn-Station „Bugis“ befindet. Dieses ist in einem Tunnel, dort hängen die Überwachungskameras und es stehen auch die Server, die für den Betrieb des Kontrollsystems notwendig sind. Insgesamt haben rund 200 Mitarbeiter an der kompletten Signaltechnik-Lösung gearbeitet.

Bahnstromversorgung

Von Siemens stammt auch die Bahnstromversorgung für die Strecke. Zur Elektrifizierung der kompletten Strecke rüstet Siemens die Bahnstromversorgung mit 750 VDC Volt Gleichstrom aus. Die Energieeinspeisung erfolgt aus dem 66 kV AC Netz. Über einen Mittelspannungsring mit 22 kV AC Wechselstrom werden die Traktionsunterwerke, die Bahnhöfe und das Depot versorgt. Die beim Bremsen der Züge gewonnene elektrische Energie wird über Wechselrichter in das Mittelspannungsnetz zurückgespeist und allen elektrischen Verbrauchern zur Verfügung gestellt.

Die „Downtown Line“ ist derzeit noch nicht zur Gänze fertig, es gibt einen Teilbetrieb auf einem Abschnitt von vier Kilometern mit sechs Stationen und sechs Zügen. Im Vollausbau sollen 92 Züge unterwegs sein und die Strecke soll 42 Kilometer lang sein und 34 Stationen umfassen. Das Ganze soll bis 2017 fertig sein. Auf der zweigleisigen Metro-Linie sollen dann täglich bis zu 500.000 Fahrgäste befördert werden.

42 km Strecke

Die erste Teilstrecke der „Downtown Line“ verläuft derzeit vom Finanzdistrikt bis ins Einkaufsviertel von Chinatown. Die neue U-Bahn-Linie ist zu den Stoßzeiten bereits ganz gut benutzt und es lässt sich für die Fahrgäste kein Unterschied zu den anderen Metro-Linien bemerken. Im Vollausbau soll die neue Metro-Linie die Wohnviertel im Nordwesten und dem Osten mit Singapurs Innenstadt verbinden.

Mit dem zweiten Abschnitt, der eine Länge von etwa 16 Kilometern und zwölf Stationen umfasst, wird 2015 der Nordosten Singapurs an das zentrale Geschäftsviertel angeschlossen. Die 21 Kilometer lange Anbindung des östlichen Teils ist für 2017 geplant. Die "Downtown Line" wird damit zur längsten U-Bahn-Linie in Singapur. Derzeit läuft laut Siemens alles „nach Plan“. Vorfälle, bei denen die Züge gestoppt werden mussten, habe es noch nicht gegeben.

Um den steigenden Transportbedarf Singapurs zu decken, hat die Regierung 2008 angekündigt, im Rahmen des Programms "Masterplan 2030" rund 28 Milliarden US-Dollar für die Erweiterung des Schienennetzes auf insgesamt 280 Kilometer Streckenlänge zu investieren.

Andere Städte

Fahrerlose Züge gibt es bereits seit längerem. Von Siemens sind etwa fahrerlose U-Bahnen in Barcelona, Budapest, Sao Paulo und Paris im Einsatz. In Deutschland wurde die erste fahrerlose U-Bahn, bei der die Technik von Siemens stammt, vor sechs Jahren in Nürnberg gestartet. Die Pünktlichkeit bei den Zügen dort liegt bei 99 Prozent.

Disclaimer: Die Reisekosten nach Singapur wurden von Siemens übernommen.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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