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Luftfahrt

Fliegende Paläste „Made in Austria“

VIPs fliegen gerne mit vier Triebwerken. Ein vierstrahliges Flugzeug zu besitzen, ist nicht nur ein Statussymbol, sondern es vermittelt Sicherheit. VIPs fliegen aber auch gerne mit Luxus, den gleichen, den sie am Boden gewohnt sind. Wenn sich Scheichs und Milliardäre Großraumflugzeuge in fliegende Paläste umwandeln lassen, fällt ihre Wahl vor allem auf Modelle wie Airbus 330/340, Airbus 380 oder Boeing 747. Und wenn im Frühjahr 2012 die neueste 747-8 zur Lufthansa-Technikzentrale nach Hamburg geliefert wird, um dort für einen reichen Eigentümer aus dem arabischen Raum in einen VIP-Flieger umgewandelt zu werden, hat ein österreichisches Unternehmen die Finger im Spiel: List Components & Furniture aus dem niederösterreichischen Edlitz wird gemeinsam mit der deutschen Lufthansa künftig VIP-Flugzeuge ausstatten.

List liefert das höchst entwickelte System an Aircraft Interieur, das ich je gesehen habe“, sagt Lufthansa Technik-Vorstand Thomas Stüger. „Bei keinem gibt es diese perfekte Kombination an Handwerklichkeit, Individualität und Qualität. „Und wie wichtig es ist, starke Partner zu haben, hat man ja beim Bau der 787 von Boeing gesehen.“ Die hat sich um drei Jahre verzögert, weil Boeing einigen Partnern vertraut hatte, die gewisse Teile zu spät oder gar nicht geliefert haben.

Langjährige Erfahrung
List hat bereits jahrelange Erfahrung bei der Luxusinnenausstattung von Flugzeugen, für den brasilianischen Hersteller Embraer oder Bombardier aus Kanada arbeitet List bereits seit 2004, „aber die Lufthansa-Partnerschaft ist ein neuer Schritt in unserer Firmengeschichte“, sagt Franz List. Was bei der ersten Kooperationsmaschine, der 747-8  „made in Austria“ sein wird, steht noch nicht fest, allerdings werden es mehrere „Zonen“ sein, mehrere Abschnitte/Zimmer in der 747-8. Und zu verbauen gibt es jedenfalls genug, allein die 747-8 (Listenpreis 240 Millionen Dollar) hat 440 Quadratmeter Wohnfläche, die „eingerichtet“ werden müssen. Bei einem Airbus A380 (Listenpreis 280 Millionen Dollar) kämen nochmals 170 Quadratmeter dazu.

Bei Großraumflugzeugen kostet die Einrichtung ab 100 Millionen Dollar, bei den Mittelstreckenmaschinen, wie etwa einer Boeing 737, ab 20 Millionen Dollar – allerdings handelt es sich dabei dann um eine „IKEA-Ausstattung“, wie es Michael Grigoleit, Direktor Aircraft Interieur bei Lufthansa, bezeichnet. Da würden Holzimitate etc. verwendet. Ab 30 Millionen schaut dann das Flugzeug wirklich perfekt aus. „Das Geschäft floriert, wir sind bis 2014 ausgebucht“, so Grigoleit. „Selbst wenn Sie sich jetzt theoretisch einen Airbus 380 oder einen Boeing Dreamliner 787 kaufen würden, hätten wir keine Kapazitäten frei.“ Der saudische Prinz al-Walid etwa steht vor dem Problem, dass er zwar einen A380 bekommt, aber noch nicht weiß, wo er in einen Palast umgebaut werden kann.

Als kleine Tischlerei im südlichen Niederösterreich hat Franz List vor einigen Jahrzehnten begonnen, mittlerweile beschäftigt die gesamte List Group 550 Mitarbeiter, 450 davon sind in der Produktion von Flugzeug- und Yacht-Interieur eingesetzt. Mit dem Yacht-Ausbau hat sich die List-Gruppe einen internationalen Namen gemacht, viele Milliardäre, darunter sollen sich auch der russische Oligarch Abramovic oder US-Regisseur Steven Spielberg befinden, haben List engagiert.

Hightech-Werk
Die List-Zentrale in Edlitz-Thomasberg ist mittlerweile eine Hightech-Zentrale, in der nicht nur Roboter zur Fertigung eingesetzt werden, sondern auch Funktechnologien wie RFID zur Produke- und Produktionsüberwachung eingesetzt werden. Daneben wird viel Geld in die Forschung investiert, in neue Oberflächen etwa. Vor einigen Jahren hat List gemeinsam mit der steirischen Firma Grein Tec eine Steinoberfläche ("Stone Veneer") erfunden, die sich biegen lässt. Jetzt stehen unter anderem Metall-Lackierungen auf dem Programm und für die 747-8 wird List einen Steinboden entwickeln. „Das ist eine Herausforderung, denn zum einen darf er nicht so schwer, muss aber so belastbar sein wie echter Stein“, sagt List.  Die Einrichtung für die Flugzeuge wird vor dem Bau virtuell gebaut, und in einem 3D-Modell wird der Einbau simuliert, denn jedes Teil muss – und das ist die Herausforderung – durch die Tür passen. Daher bedarf es auch gewisser Tricks, denn der Kunde darf nicht sehen, dass der riesige Konferenztisch eigentlich nicht aus einem Stück gebaut ist.

Zeitplan
Die Verwandlung vom Verkehrsflugzeug in eine VIP-Maschine setzt eine „scharfe Planung“ voraus, denn der Innenausbau dauert mehrere Jahre. Bis zu 20 Monate dauert allein der Innenausbau bei einem A380. Je kleiner das Flugzeug, desto geringer ist auch die „Liegezeit“ – die kürzeste ist vier bis sechs Monate, für Kurzstrecken-Flugzeuge wie etwa eine Boeing 737 oder ein Airbus A319. Vor der eigentlichen Bauzeit gibt es die Phase des „Customer Requirements“, es wird die Wunschliste des Kunden festgelegt, das kann bis zu 36 Monate dauern. Danach folgt die Spezifikations-Phase – jeder Teil, jedes Gerät muss von der internationalen Flugbehörde spezifiziert werden, damit es überhaupt eingebaut werden kann; das kann drei bis sechs Monate. Danach gibt es die Phases des Engineering (bis zu einem Jahr). Eine Schwierigkeit aber ist, dass das technische Interieur bei der Flugzeugübergabe überholt sein kann. Das beginnt bei eingebauten Flat-TVs, die vor mindestens drei Jahren fixiert wurden und endet bei der iPod-Steuerung bzw. beim iPad, oder einem anderen Tablet, die noch gar nicht verwendet werden können. „Solche Geräte werden dann meist beim ersten Check ausgetauscht“, erklärt Stoll.

Wünsche
Es gibt eigentlich fast nichts, was sich die reichen Flugzeug-Eigentümer nicht wünschen. „Aber nicht alles kann realisiert werden“, sagt Grigoleit. Ein Pool ist genauso unmöglich wie ein Kamin mit offenem Feuer oder ein Panoramafenster. Letzteres will man aber mit einer „Videoinstallation“ imitieren. Im Inneren des Flugzeugs soll auf einer Leinwand im Panoramafenster-Look Bilder übertragen werden, die Kameras live einfangen, die an der Außenseite montiert sind. Möglich und realisiert werden/wurden eine Sauna, Putting-Green für Golfer, Heimkinos und sogar Statuen – die müssen allerdings ganz besonders verankert werden. Fast eine Standardausstattung ist in den Großraum-VIP-Flugzeugen, die in den arabischen Raum gehen, ein Operationssaal. Vor allem arabische Kunden lassen sich solche Räume, in denen sie notfalls behandelt werden können, in den hinteren Teil des Flugzeugs einbauen.

Die Geschichte der VIP-Flieger
Alles begann in den 50er Jahren, damals wurde für den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer eine DC8 in ein Regierungsflugzeug umgebaut, die man „Super Connie“ nannte - „damals hat man dann einfach eine Matratze über Sitzreihen gelegt und die waren dann das Bett“, sagt Reinhard Stoll, Head of Programm Management bei der deutschen Lufthansa. Das eigentliche Geschäft begann mit dem Start des Düsenzeitalters in den 70er Jahren, heute ist der VIP-Geschäftszweig bei der deutschen Lufthansa zwar ein „Hobby des Konzerns“, mit dem sich aber pro Jahr 200 bis 250 Millionen Euro Umsatz erzielen lassen. Der Airbus A380 eignet sich im übrigen nicht wirklich für jene, die mit einem solchen Privatflugzeug um die Welt reisen wollen, da viele Flughäfen nicht auf das größte Verkehrsflugzeug der Gegenwart eingerichtet sind. In Nizza/Monaco darf man zwar landen, allerdings darf der 380 nicht „über Nacht“ stehen bleiben, da das Leitwerk zu hoch ist. Daher sind in der Klientel Flugzeuge des Typs Boeing 747 oder Airbus 340 beliebter. Reiche Privatleute sind eher an Flugzeugen wie einer Boeing 737, einem Airbus 320 oder einer Boeing 767 interessiert. Damit können sie auf jedem Flughafen der Welt landen. Und Popstars? „Sie leasen solche VIP-Flugzeuge. 50 Prozent der Luxusflieger stehen im Eigentum von VIP-Chartergesellschaften“, sagt Lufthansa-Innenausstattungschef Grigoleit.

List: Seit 2004 fertigt List Components & Furniture High-End-Kabinenbauteile für Business- und Privat-Jets und liefert auch bei der Flugzeug-Überholung (Refurbishment) maßgeschneiderte Lösungen. Zum Einsatz kommen innovativste Materialien, die hauchdünn, teilweise federleicht und schwer entflammbar sind. Zu den Kunden zählen unter anderem der kanadische Hersteller Bombardier, der brasilianische Erzeuger Embraer oder auch Pilatus aus der Schweiz. List ist aber nicht nur in der Luft, sondern auch am Wasser tätig – neben dem Yacht-Ausbau für Milliardäre werden auch Kreuzfahrtschiffe ausgestattet, wie etwa die MS Aida IV, MS PRide of America oder die MS The World of Residensea.

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