© Earth Puzzle Project

Schnitzeljagd

Grazer Start-up teilt die Welt in Puzzlesteine

Eine Idee, die man aus den USA und Japan kennt, kommt nun wieder nach Österreich: Handy-Spiele, die den realen mit dem virtuellen Raum verknüpfen. Bei diesen Location-based-Titeln werden virtuelle Karten mit der Realität verknüpft, um etwa eine Schnitzel- oder Verfolgungsjagd zu realisieren. Was früher umständlich mit externen GPS-Empfängern und PDAs umgesetzt wurde, kann nun mittels Smartphone und dessen Sensoren und Netzanbindung bequem gelöst werden. Trotzdem hat es bis dato kaum jemand geschafft, ein packendes Spiel damit umzusetzen.

Studentenprojekt wird zum StartUp
Fünf Grazer Studenten starten nun zum Beginn des Uni-Semesters einen Anlauf und versuchen mit dem Earth Puzzle Project ein Location-based-Game in die Gänge zu bekommen. Die Idee zur kostenlosen App kam Gründer Christian Haintz im Sommer 2010 während einer Autofahrt. „Ich war auf dem Weg zu einer Wandertour und habe überlegt, wie man Menschen mit Smartphones noch mehr motivieren könnte, in die Natur hinauszugehen", sagt der Programmierer zur futurezone.

Ein Jahr später setzte er im Zuge einer Lehrveranstaltung von Martin Ebner im Studienzweig Softwareentwicklung an der TU Graz gemeinsam mit seinen Studienkollegen Karin Pichler und Michael Musenbrock das Konzept dann um. Da die Idee gut ankam, wurde das Projekt nach der Lehrveranstaltung weiter entwickelt. Zwischenzeitlich agierte das Team, das auf fünf Vollzeitkräfte und mehrere freie Mitarbeiter angewachsen ist, vom Science Park Graz aus. Aktuell wird das Projekt aus der Puzzlefabrik am Dietrichsteinplatz koordiniert.

Auf der Suche nach Puzzle-Steinen
Über das Stadtgebiet von Graz werden virtuell Puzzle-Steine von wichtigen Orten oder Sehenswürdigkeiten verstreut. Kommt ein Nutzer in der Realität in die Nähe eines dieser Puzzle-Steine, schlägt die App Alarm. Der Spieler kann dann zur exakten Position des virtuellen Puzzlesteins gehen, um diesen einzusammeln. Danach gilt es, das Stück an jenen realen Platz zurückzutragen, den es darstellt. Bildet der Puzzle-Stein beispielsweise den Uhrturm ab, muss man tatsächlich zum Wahrzeichen hingehen, um den Stein abzulegen.

Langer Weg
4096 Puzzlesteine hat das Team über Graz verteilt. Werden alle Steine an ihren Bestimmungsort getragen, werden mindestens 42.000 Kilometer zurückgelegt. Erwartet wird, dass ein Stein durchschnittlich zehn Kilometer bis zum Ziel reist. Gründer Haintz rechnet mit rund 1000 Teilnehmern aus Graz. Mitmachen kann übrigens jeder, der ein Smartphone sowie einen Facebook-Account besitzt. Da es sich um eine Browser-Applikation handelt, ist letzterer notwendig, um sich einzuloggen und die soziale Wettkampf-Komponente zu erleben. Auf dem Netzwerk wird dann die Rangliste veröffentlicht und die Reiseroute jedes Puzzleteiles protokolliert.

Punktejagd durch Graz
Seinen Spielcharakter bekommt das Spiel durch Punkte: Für jeden Meter, den ein Spieler den Stein näher ein seinen Zielort trägt, bekommt er einen Punkt. Gezählt werden tatsächlich nur jene Meter, die die Distanz verkürzen. Wer in der Hoffnung auf Mehrpunkte extra Umwege zurücklegt, macht diese umsonst. Um die Punkte einzulösen, muss der Stein übrigens nicht an seinen Zielort gebracht werden. Wer beispielsweise nur Zeit für eine Teilstrecke hat, bekommt die Punkte für den zurückgelegten Weg und kann den Stein danach wieder fallen lassen. Noch mehr Spannung kommt in den Spielablauf schließlich durch die Möglichkeit, Punkte zu verdoppelt. Wer Hotspots aufsucht, kann seinen Score in die Höhe schrauben.

Geschäfte mieten sich auf der Karte ein
Diese speziellen, ausgewiesenen Orte sind aber nicht nur für die Spieler, sondern auch für das Organisationsteam von großer Relevanz. Denn die Hotspots können von Firmen eingenommen werden. Ein Kaffeehaus oder ein Kino können etwa als Hotspot agieren und – Foursquare lässt grüßen - so Spieler anlocken. Wer den Ort betritt, bekommt Upgrade-Codes, die pro Tag unterschiedliche Aktionen auslösen. So bekommt man etwa die Punkte verdoppelt oder Hinweise auf Steine. Dadurch, dass nie ersichtlich ist, was der Code auslöst, sollen Spieler öfters zu dem Ort gelotst werden.

Algorithmen gegen Schummler
Die Versuchung bei Spielen zu Schummeln ist natürlich groß. Auch besteht die Gefahr, dass Nutzer das Game manipulieren, etwa in dem sie Steine an unmöglichen Stellen fallen lassen oder noch Wien transportieren. Diesen Tricks will das Team mit schlauen Regeln beikommen. „Wir arbeiten mit den neuesten Technologien. Neben einem virtuellen Zaun, der das Spielgebiet begrenzt, arbeiten noch andere Mechanismen und Algorithmen in unserem System, die Manipulationsversuche erkennen und dann entsprechend reagieren", sagt Haintz. Dass jene, die gleich von Anfang an mitmachen, einen uneinholbaren Vorteil haben, lässt der Firmengründer nicht gelten. „Wer zuerst mitmacht, wird natürlich Puzzleteile in seiner Umgebung oder auf dem Weg zur Arbeit aufsammeln können. Spieler, die später einsteigen, müssen sich etwas mehr anstrengen", sagt Haintz. Da es 4096 Puzzleteile gibt, gibt es viele Möglichkeiten, wodurch jeder Spieler eine Chance hätte.

Zwei Monate Schnitzel jagen
Haintz rechnet damit, dass die Herausforderung in Graz die Spieler rund zwei Monate beschäftigen wird. „Community-Verhalten ist schwer zu prognostizieren. Dennoch glauben wir, dass sich die Teilnehmer sehr schnell vernetzen und die Aufgabe zügig lösen", sagt Haintz. Ist das Puzzle zusammengesetzt, soll der Wettbewerb mit neuen Herausforderungen am Leben gehalten werden – auch um die Einnahmequellen für die Firma nicht versiegen zu lassen. Wobei Haintz meint, dass das Puzzle nur ein Anwendungsbeispiel für die Software dahinter ist. „Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren ein modulares System entwickelt, das sehr einfach und kosteneffizient für verschiedenste Dinge einsetzbar ist. Angefangen von Web-2.0-Services kann man mit unserem Geo-Modul geobasierte Kampagnen einfach umsetzen."

Die Welt in Trümmern
Ist der Mix aus Schnitzeljagd, Geo-Caching und Punktejagd erfolgreich, will das Team den Wettbewerb in anderen, ausländischen Städten wiederholen. Verhandlungen diesbezüglich laufen Haintz zufolge bereits. Ist es dann ebenfalls erfolgreich, soll schlussendlich die gesamte Welt in Einzelteile zerschlagen werden. In den kommenden Jahren soll 500 Millionen Puzzleteile länderübergreifend über den Globus verstreut werden. Für diese Version ist dann auch geplant, Botschaften auf den Puzzleteilen zu hinterlassen. Auf der Reise des Puzzle-Steins „Zuckerhut" von Sibirien nach Rio können dann Nutzer Nachrichten für den nächsten Träger hinterlassen und eine Geschichte erzählen. „So sollen kulturelle und sprachliche Barrieren, ebenso wie physische Gebietsgrenzen überschritten werden", sagt Haintz.

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Benjamin Sterbenz

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