Flugzeug betankt Hubschrauber, Hubschrauber schleppt Stealth-Fighter

Flugzeug betankt Hubschrauber, Hubschrauber schleppt Stealth-Fighter

© US Navy

Militärtechnik

Bizarrer Anblick: Hubschrauber schleppt F-35 und tankt gleichzeitig in der Luft

„Wir sollten mal wieder zusammen abhängen“, sagte die KC-130 zum King Stallion. „Fix. Darf ich meine Freundin mitschleppen?“

So oder so ähnlich könnte man sich die Vorgeschichte für ein bizarr anmutendes Flugmanöver vorstellen, das am 24. April stattgefunden hat. Ein Hubschrauber transportiert einen Stealth-Fighter und wird dabei in der Luft von einer Propeller-Maschine aufgetankt.

Der erste F-35C

Tatsächlich gibt es dafür auch einen richtigen Grund und nicht bloß „weil wir es können“ oder Foto-Ops. Die F-35C Lightning II ist ein Stück Geschichte. Es ist die CF-1, der allererste Test-Jet der Flugzeugträger-Version des Stealth-Fighters.

Allerdings ist es mittlerweile ein mehr oder weniger leeres Gehäuse. Es fehlen der Antrieb, die Außenflügel und sonst noch ein paar Teile. Deshalb konnte die CF-1 nicht selbst fliegen und musste transportiert werden.

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Freilich hätte man die F-35C auch auf einen Lkw laden können – aber wo wäre da der Spaß? Stattdessen wurde sie unter einen CH-53K King Stallion der US Marines geschnallt. Auf dem Weg wurde dann noch schnell getankt. Eine KC-130 hat den Hubschrauber mit Treibstoff versorgt, während der die F-35C transportiert hat.

Auf diese Art kann auch eine F-35C ohne Triebwerk fliegen

Auf diese Art kann auch eine F-35C ohne Triebwerk fliegen

Und warum das Ganze?

Nötig wäre das eigentlich nicht gewesen. Denn die Strecke von der Naval Air Station Patuxent River zur Naval Air Warfare Center Aircraft Division Lakehurst hat eine Luftdistanz von etwa 260 Kilometer. Selbst wenn man aus Sicherheitsgründen die möglichst längste Strecke über dem Wasser fliegt statt über bewohntem Gebiet (falls die F-35C sich aus der Halterung lösen sollte), kommt man nur auf etwa 570 Kilometer. Der CH-53K hat aber eine Reichweite von 850 Kilometern.

Das legt die Vermutung nahe, dass der Transport als Training genutzt wurde. Die Pilot*innen des Hubschraubers hatten die Gelegenheit, den Frachttransport mit relativ wenig Risiko zu üben. Sollte die CF-1 dabei beschädigt werden oder verloren gehen, ist es kein großer Verlust. Gleichzeitig konnte die Betankung eines CH-53K, der eben zusätzlich noch eine Last trägt und deshalb besonders ruhig fliegen muss, trainiert werden.

CF-1 unter King Stallion

CF-1 unter King Stallion

In Anbetracht der geopolitischen Lage deutet das in Richtung Pazifik und einen möglichen Konflikt mit China. Dort könnten die CH-53Ks die Taktik des „Insel Hoppings“ unterstützen. Dabei würden sich die US Marines von Insel zu Insel vorarbeiten und dort Artillerie, Flugabwehr- oder Schiffsabwehrstellungen positionieren.

Die King Stallions könnten das benötigte Gerät schneller zu den Inseln transportieren als Landungsboote. Je nachdem wie weit die auseinander liegen oder wie zeitkritisch die Mission ist, kann ein Auftanken in der Luft nötig sein.

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CH-53K: Der stärkste Helikopter der US-Streitkräfte

Der CH-53K gilt als das Arbeitstier der US Marines. Gemessen an der Traglast ist er der stärkste Hubschrauber der gesamten US-Streitkräfte. Im Innenraum kann er 30 Personen transportieren oder 15,8 Tonnen Fracht. Passt die Fracht nicht in den Hubschrauber, kann sie unten angehängt werden. Der Haken ist für 16,3 Tonnen Fracht zugelassen. Eine ganze F-35C mit allen Teilen (die schwerste F-35-Variante) hat ein Leergewicht von 14,5 Tonnen und ist damit kein Problem für den King Stallion.

Der Hubschrauber ist auch am Boden eine imposante Erscheinung. Er ist 30 Meter lang, 8,6 Meter hoch und 5,3 Meter breit. Das maximale Startgewicht mit externer Fracht ist 40 Tonnen. Er hat 3 Triebwerke mit je 5.600-kW-Leistung. Die Reisegeschwindigkeit liegt bei 310 km/h, die Dienstgipfelhöhe bei 4,9 Kilometer.

Bergung von abgestürzten Hubschraubern

Es ist nicht das erste Mal, dass ein CH-53K die CF-1 transportiert hat. Für eine Übung wurde das schon im Jänner 2023 gemacht. Allerdings gab es dabei keine Luftbetankung.

Bei realen Einsätzen hat der King Stallion 2x abgestürzte MH-60S Seahawk Hubschrauber geborgen.

 Ansonsten hat er bei Übungen der Marines ua. Artillerie transportiert, den HMMWV-Nachfolger JLTV und den leichten Panzer LAV-25.

Die per Lufttransport zugestellte CF-1 wird vermutlich nie mehr aus eigener Kraft fliegen. Laut der US Navy soll sie in ihrem neuen Zuhause für das „Testen von zukünftigen Notfall-Rettungssystemen“ genutzt werden.

Tankflugzeug KC-130T

Das Tankflugzeug, das hier zum Einsatz gekommen ist, ist laut twz.com eine KC-130T. Dabei handelt es sich um die Tankflugzeug-Variante der Transportmaschine C-130 Hercules. Die KC-130T dürfte von der US Navy gewesen sein und nicht den Marines. Die Marines haben sich nämlich 2021 von ihren KC-130T verabschiedet.

Die Marines nutzen stattdessen die neuere Variante, die KC-130J. Als Tankflugzeug kann sie 25 Tonnen Treibstoff mitführen. Sie kann auch weiterhin als Transportmaschine eingesetzt werden und etwa 92 Passagiere oder 2 JLTV oder einen M113 APC zum Ziel bringen.

Tankflugzeug wird zur Luftunterstützung

Mit dem Umrüstsatz Harvest HAWK können die Marines ihre KC-130J auch bewaffnen. Sie wird dabei mit Zielsystemen, gelenkten Bomben und Hellfire- oder Griffin-Raketen ausgestattet, um Feuerschutz für Bodentruppen zu geben.

Es gab auch Pläne eine 30mm-Kanone in Harvest HAWK zu integrieren. Damit würden die Marines quasi ihre eigene Version einer AC-130 Spectre bekommen. Daraus ist zumindest bis jetzt nichts geworden. Anscheinend scheiterte es daran, wie die 30mm-Kanone installiert werden soll.

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Denn die Grundidee von Harvest HAWK ist, dass die KC-130J nicht dauerhaft verändert wird. Das Umrüstkit ist ausgelegt, um in weniger als einem Tag wieder abgebaut zu werden, sollte man das Flugzeug in seiner ursprünglichen Funktion als Betankungs- oder Transportmaschine benötigen.

Konzeptgrafik einer C-130J-SO

Konzeptgrafik einer C-130J-SOF. Diese Hercules-Version kann mit einer 30mm-Kanone an der Seitentür-Position ausgestattet werden

Das macht es herausfordernd, einen guten Platz für die seitlich installierte 30mm-Kanone zu finden. Ein Kandidat wäre die Seitentür gewesen (Paratrooper Door). Allerdings wird diese Position beim Harvest HAWK derzeit meistens für das Abfeuern von GBU-44B/B Gleitbomben oder Griffin-Raketen genutzt.

KC-130J mit Harvest HAWK

KC-130J mit Harvest HAWK: Hier sieht man die Seitentür von innen (links im Bild). Sie wird für die Startvorrichtung von Gleitbomben und Raketen genutzt

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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