Das Solarhaus LISI gewann den Solar Declathon und geht im Frühjahr 2014 in Serie
Das Solarhaus LISI gewann den Solar Declathon und geht im Frühjahr 2014 in Serie
© SD Team Austria

Solar Decathlon

LISI gewinnt den Zehnkampf der Solarhäuser

Als „geschmückte Braut“ wurde es bereits während des Wettbewerbs tituliert. Das Solarhaus L.I.S.I (Living Inspired by Sustainable Innovation) stach von Anfang an aus der Menge heraus – und es waren nicht nur die weißen Sichtschutzvorhänge, mit dem das Haus verhüllt werden kann, die ihr die Braut-Bezeichnung einbrachten.

Man merkte es am Besucherstrom - wer LISI von innen sehen wollte, musste sich brav anstellen. Versprühten einige der anderen Ökohäuser ein wenig den Flair von US-Campingfahrzeugen oder von etwas besser ausgestatteten Berghütten, so sah man LISI gleich an, dass das Haus „made in Austria“ etwas Besonderes war. Wenn man LISI so zwischen den Konkurrenten stehen sah, hatte man irgendwie bereits eine Vorahnung, dass es das beste Solarhaus werden könnte.

Das Solarhaus LISI

47 österreichische Sieger

„Es ist ein Erfolg für Europa, vor allem aber für Österreich und für den Forschungsstandort Österreich“ , sagt Prof. Karin Stieldorf vom Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien im futurezone-Interview. „Wir sind in vielen Bereichen gut, ja sogar Weltspitze.“ Das Ergebnis sei ein Musterbeispiel dafür, wie Universitäten und Fachhochschulen und die anerkannteste Forschungseinrichtung des Landes, das AIT, zusammenarbeiten. 47 Leute war das „Team Austria“ am Ende groß.

Prof. Karin Stieldorf vom Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien hat das Projektteam um LISI zusammengestellt.

Der Ökohaus-Wettbewerb

Alle zwei Jahre veranstaltet das US-Energieministerium den Wettbewerb „Solar Decathlon“, bei dem das beste Ökohaus entworfen und gefunden werden soll. Aus etwa 200 Einreichungen wurden 20 Universitäten ausgewählt, die ihr Konzept dann in Kalifornien umsetzen durften. Ein ausgedienter Militärflughafen diente als Kulisse für diesen Wettbewerb. Eine Universität, Virginia, musste im letzten Moment absagen, weil Sponsoren abgesprungen waren. Die meisten Teams kamen aus den USA, nur zwei europäische Universitäten wurden nach Kalifornien eingeladen, Tschechien und Österreich.

Die Container-Reise

Das österreichische Team hatte es etwas schwerer als die amerikanische Konkurrenz, weil alle Gebäudeteile in Schiffscontainern transportiert werden mussten. „Schon bei der Planung haben wir die maximalen Abmessungen der Container berücksichtigen müssen“, erklärt Stieldorf. „Wir haben darauf geachtet, dass die Einzelteile des Hauses so groß sind, dass sie in einen Container passen.“, Letztendlich hat es in sechs Container gepasst, allein der Transport des Hauses von Österreich in die USA hat 170.000 Euro gekostet.

Zweieinhalb Jahre haben die Planungen und die Suche nach Partnern gedauert. „Wir haben uns zwei Solar Declathons, jenen in den USA 2011 und den in Europa im vergangenen Jahr genau angesehen und analysiert“, so Stieldorf. Dann wurde das Projekt entwickelt. Das wurde schließlich nur deshalb möglich, weil es von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bm:vit) und der IG Passivhaus unterstützt wurde. Zudem konnten dutzende Sponsoren gefunden werden, wie Josko (Fenster), Team 7 (Inneneinrichtung) oder Soliday (Sonnensegel), die teilweise nichts oder nur die Eigenkosten für Materialien verrechnet haben.

Das leistbare Passivhaus

"Ausgangspunkt für unser Konzept ist der weltweit steigende Bedarf nach kompaktem, leistbarem und energieeffizientem Wohnraum im städtischen Randbereich“, erklärt Stieldorf. Das Haus ist so gestaltet, dass es mit geringen Adaptionen in allen Klimazonen eingesetzt werden kann. Die planerische Grundidee des Hauses war, größtmögliche Flexibilität zu ermöglichen. Die Trennung zwischen Innen- und Außenraum kann bei passendem Wetter einfach aufgehoben werden. „An der Nord- und der Südseite des Hauses befinden sich Höfe, die durch einen Sichtschutz nach außen hin und durch eine Glasfassade zum Wohnraum hin abgetrennt sind“, erklärt Karin Stieldorf. „Wenn man die Glasfassade öffnet, entsteht ein großzügiger, durchgängiger Wohnbereich und die Luft kann zirkulieren.“

Zusammengebaut am Weissensee

Das energieautarke Haus LISI wurde diesen Sommer in Kärnten am Weissensee errichtet. Es besteht aus einem großen Wohnraum, einem sehr kleinen Schlafzimmer (beinahe schon eine Schlafkoje) und einem Badezimmer/WC. Zielgruppe sind kinderlose Paare, Singles oder Kleingartenhaus-Besitzer. Das Haus ist fast vollständig aus Holz - Eiche, Thermo-Esche oder Weißtanne wurden verwendet und derart perfekt und edel verarbeitet, dass LISI durchaus mit einer Yacht verglichen werden kann, weil es hölzernen Edelflair versprüht.

Erzeugt mehr Strom als es verbraucht

Auf dem Dach wurden 100m² Photovoltaik-Zellen eingebaut, wodurch das Gebäude zum Energie-Plus-Haus wird – über ein Jahr gerechnet speist es mehr Strom ins Netz als es entnimmt. LISI ist perfekt verarbeitet, bis ins kleinste Detail durchdacht und der Beweis, dass Öko und Design kein Widerspruch sind. Das Haus hat einen großen Wohnbereich mit Küche, ist offen gebaut, hat sowohl im hinteren als auch im vorderen Bereich zwei Schiebetüren, die komplett in die Wand geschoben werden können, wodurch das Haus noch größer wird. Sonnensegel sind genauso integriert wie der bereits erwähnte Sichtschutzvorhang. Bei der Innenausstattung wurden ebenfalls nur ökologische Baustoffe eingesetzt, unter anderem etwa Sesseln, deren Sitzschalen aus Holzabfällen wie Rinde oder Sägespäne, Organoid genannt, bestehen.

Der Solar-Zehnkampf

Beim eigentlichen Wettbewerb, der vom 3. bis zum 13. Oktober stattfand, wurden die Gebäude zehn Tage lang eingehend analysiert. Wie bei einem olympischen Zehnkampf – einem Dekathlon – wurden die Gebäude in zehn Kategorien bewertet, täglich gab es Punkte zu holen. Einige Kategorien stützten sich auf Messungen: Im Gebäude wurden Sensoren angebracht, die das Raumklima überwachen, die Funktionstüchtigkeit der Warmwasserversorgung und der wichtigsten Elektrogeräte, die Entertainment-Ausstattung wurde ebenso nach objektiven Kriterien beurteilt. Eine Jury vergab Punkte für die Architektur, die technologische Qualität oder die Markttauglichkeit des Hauses.

Beste medientechnische Aufbereitung

„Es ging beim Decathlon nicht nur um ökologische Aspekte und die Energiebilanz der Häuser“, erklärt Stieldorf. „Ganz wichtig sind auch die Praxistauglichkeit, die Wohnlichkeit und der Komfort.“ Und freilich auch das Design. Bei der Architektur konnte LISI den vierten Platz einheimsen, auch in der Kategorie „Kommunikation“ – wie wurde das Haus präsentiert, welches Bild entstand in der Öffentlichkeit - landete das Team Austria an erster Stelle. Für die medientechnische Aufbereitung war die FH St. Pölten verantwortlich, auch die Gebäudeautomation wurde von den Niederösterreichern konzipiert. Die Fachhochschule Salzburg befasste sich mit Holztechnologie und der Innenausstattung des Hauses, das Austrian Institute of Technology (AIT) steuerte ihr Know-How bei der Haustechnik bei, die beim Solar Decathlon von besonders großer Bedeutung sind.

LISIs Zukunft

Das Haus wird am Montag abgebaut, in Container verpackt und wieder nach Hause geschickt. Obwohl es zahlreiche Interessenten gab, die das Haus vom Fleck weg kaufen wollten, wird es höchstwahrscheinlich in der Blauen Lagune bei der SCS ausgestellt und kann ab sofort auch bestellt werden. Das Kärntner Unternehmen Weissenseer Holz-System-Bau GmbH wird das Haus künftig produzieren. Zwar hat Ur-LISI nur etwa 90 Quadratmeter Wohnfläche, allerdings wird es auch individuelle Lösungen mit mehr Wohnfläche geben. Der Preis für die 90-Quadratmeter-Variante wird bei etwa 250.000 Euro liegen.

„Energie und Umwelt“ ist einer der fünf Forschungsschwerpunkte der TU Wien. In diesem Rahmen wird an der TU Wien schon seit Jahren auch an umweltbewusstem und energieeffizientem Bauen geforscht. „Eine ganze Reihe von Forschungsteams haben in diesem Bereich schon große Erfolge und spannende Projekte vorzuweisen“, berichtet Gudrun Weinwurm, Koordinatorin des Forschungsschwerpunktes „Energie und Umwelt“. „Die Forschungsarbeit reicht dabei von der Entwicklung intelligenter Baumaterialien über energieeffiziente Planung von Gebäuden bis hin zu öko-bewussten und lebenswerten stadtplanerischen Gesamtkonzepten.“ Dieses Know-How wendet die TU Wien auch bei der Renovierung der eigenen Gebäude an: Derzeit wird das Chemiehochhaus der TU Wien saniert, dadurch wird am Getreidemarkt in Wien Österreichs größtes Energie-Plus-Gebäude entstehen.

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