Bei der Mapping-Veranstaltung im Metalab haben zahlreiche Menschen gemeinsam die Karten für ein Krisengebiet im Sudan ergänzt.
Bei der Mapping-Veranstaltung im Metalab haben zahlreiche Menschen gemeinsam die Karten für ein Krisengebiet im Sudan ergänzt.
© /Edith Rogenhofer

Geodaten

Mapathon: Gemeinsam Karten in Krisengebieten verbessern

Das Gebiet im Südsudan rund um die Stadt Aweil mit rund 100.000 Einwohnern im Norden des Landes ist kartografisch bisher weitgehend nicht erfasst. Wie viele Menschen dort leben, weiß niemand. In der Stadt gibt es eine Kinderklinik und eine Geburtenstation mit 110 Betten. Die Kindersterblichkeit in der Region ist hoch. Auch Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen sind vor Ort. Für sie fehlen wichtige Daten, die sie zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung brauchen.

„Der Südsudan ist riesengroß, aber es fehlt die Infrastruktur vor Ort“, erzählt Edith Rogenhofer von Ärzte ohne Grenzen. Gemeinsam mit dem Roten Kreuz hat die Organisation daher einen sogenannten „Mapathon“ im Wiener Hackerspace Metalab organisiert. Dabei wird gemeinsam das digitale Kartenmaterial der Region mit wertvollen Daten aufgestockt.

Kartografieren

Rund 50 Freiwillige haben einen Nachmittag lang mitgeholfen, das unbekannte Gebiet anhand von Satellitenbildern auf einer Karte zu erfassen. Sie zeichneten in wenigen Stunden auf einer Fläche von rund 35,7 Quadratkilometer 6153 Gebäude und Wohngebiete mit Hilfe eines Computers ein. „Wenn man weiß, wo die Menschen ungefähr leben, kann man die medizinische Versorgung besser abstimmen“, sagt Rogenhofer. „Ein häufiges Problem dort sind neben dem Ausbruch von Krankheiten wie Masern auch sogenannte Kochfeuer. Kinder stolpern, fallen hinein und erleiden schwere Verbrennungen“, so Rogenhofer.

Mapathon
Alle Häuser und Wohnflächen müssen auf der Karte manuell eingezeichnet werden. Verwendet wird dazu ein kostenloses Bearbeitungsprogramm für die OpenStreetMap-Karte, die als Basis für die Adaptierungen dient. Das Kartenmaterial steht damit nicht nur Ärzte ohne Grenzen zur Verfügung, sondern ist generell frei zugänglich. Auch andere Organisationen können darauf zugreifen und damit etwa bei Naturkatastrophen rasche Hilfe organisieren.

Satellitenbilder

Auf den Satellitenbildern zu sehen sind in den bewohnten Gebieten neben Grünflächen lauter kleine Kreise, manchmal auch eine eckige Fläche. Weil die Häuser auf den Bildern alle in einer ähnlichen Farbe dargestellt werden wie die Umgebung kann diese Arbeit nicht mit Software automatisiert werden. „Mit Software würde die Arbeit etwas schneller gehen, aber das funktioniert nicht in diesen Gebieten“, erzählt Lorenz Wendt von der Uni Salzburg, der einer der Freiwilligen ist, der beim Einzeichnen mithilft. Er macht dieselbe Arbeit normalerweise beruflich mit Software und für ihn ist das Einzeichnen ein Kinderspiel.

Viele Teilnehmer sind allerdings zum ersten Mal dabei. Ihnen helfen Experten bei den ersten Schritten. Die Einstiegshürde ist niedrig. Mitzubringen war lediglich ein eigener Laptop. Benötigt wird zudem ein OpenStreetMap-Account, der aber auch vor Ort angelegt werden konnte.

Anleitung von Experten

„Die runden Flächen sind Wohnhäuser“, erklärt Florian Eichelberger. „Die eckigen sind Lagerhallen.“ Der Mitarbeiter des Roten Kreuzes Niederösterreich hatte als erster die Idee in Österreich, das Kartenmaterial nicht nur alleine, sondern als Gruppe zu bearbeiten. „Man kann in kürzerer Zeit viel mehr erreichen, wenn man zusammen sitzt und gemeinsam Karten verbessert“, erklärt Eichelberger.

Mapathon Ärzte ohne Grenzen
Bevor die gezeichneten Karten wirklich in der Krisenregion eingesetzt werden, werden sie einerseits von Kartografie-Experten, andererseits von lokalen Helfern vor Ort auf ihre Richtigkeit überprüft. Wer also einmal ein Haus mit einem anderen Gegenstand auf der Karte verwechselt, braucht sich keine Sorgen zu machen, dass er etwas ruiniert hat.

International

In anderen Ländern gibt es derartige Veranstaltungen bereits seit längerem. Insgesamt haben bereits mehr als 20.000 Menschen im Rahmen von „Mapathons“ zur Verbesserung des Kartenmaterials in Krisengebieten beigetragen, wie Jan Böhms vom internationalen Projekt „Missing Maps“ erzählt.

Auch in Wien sind nun regelmäßige „Mapathons“ geplant. „Die nächste Veranstaltung wird im März stattfinden“, erklärt Rogenhofer. Je öfters und je mehr Menschen mit Karten arbeiten können, desto leichter ist es auch im akuten Krisenfall mitzuhelfen. „Diese Freiwilligen sind dann bereits erfahren und können bei Naturkatastrophen rasch dafür sorgen, dass Gebiete kartografisch erfasst werden“, ergänzt Eichelberger.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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