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Reisen mit offenen Karten

Wer herausfinden will, welcher Wohnort für den neuen Job günstig liegt oder wie man am besten sein Urlaubsziel erreichen kann, muss heute immer noch mühsam Bus- und Zugfahrpläne studieren bzw. Routenplaner fürs Auto abfragen. Erst gar nicht weiterhelfen dürfte das jedoch, wenn man noch gar nicht weiß, wo man seinen Urlaub verbringen möchte, sondern nur einmal für wenige Tage mit einem bestimmten Aufwand verreisen möchte.

MySociety: Interaktive Reisezeit-Karten

Für diesen Zweck entwickelte die Organisation MySociety für Großbritannien so genannte Reisezeit-Karten. Die interaktiven Karten für Bahnreisende und Autofahrer zeigen von jedem beliebigen Ort an, wie lange man braucht, um an irgendeinen anderen Ort auf der Insel zu kommen. Allein für einige vor der schottischen Westküste vorgelagerte Inseln fand sich keine Antwort - wohl weil die Fahrpläne der dortigen Fähren nicht berücksichtigt werden konnten. Solche Reisezeit-Karten sind damit das Web-Tool für den mobilen, flexiblen Menschen im Zeitalter der Globalisierung.

MySocietys Anwendung namens Mapumental befindet sich allerdings noch immer im Privat-Beta-Zustand. Ein Video zeigt jedoch, dass sie für ganz Großbritannien die Pendlerzeiten berechnet. Dabei verknüpft sie die Reisezeiten mit weiteren Daten. So kann man etwa entscheiden, wo man in London wohnen möchte, wenn man nur eine Stunde Fahrtzeit in die Londoner City haben, dafür aber nur einen begrenzten Betrag in einen Hauskauf investieren möchte.

Mapnificent: Mit Google Maps auf Café-Suche

Der Berliner Entwickler Stefan Wehrmeyer ließ sich von Mapumental für sein Projekt Mapnificent inspirieren. Dabei setzte er nicht auf eigenes Kartenmaterial, sondern auf Google Maps. Mapnificent ist bereits offen verwendbar und zählt damit zu den ersten frei verfügbaren Reisezeiten-Karten. Das Projekt konzentriert sich auf den Öffentlichen Nahverkehr sowie die Einbindung interessanter Orte.

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Zwei Personen können dabei entscheiden, in welchem Cafe sie sich verabreden möchten, wenn sie jeweils maximal eine halbe Stunde Fahrtzeit aufwenden möchten. Die Cafés stammen aus der Google-Suche. Diese Abfrage klappt für 20 Städte weltweit, für Europa ist derzeit allerdings nur London und Berlin abrufbar.

Das meiste Datenmaterial findet sich zu Städten in den USA. Das liegt, so erklärt Wehrmeyer, einfach daran, dass es fast ausschließlich nur US-Städte sind, die ihre Nahverkehrsdaten in dem Google-Format GTFS anbieten. Damit können die Daten in Google Maps eingespielt werden.

Kaum europäische Daten

Doch leider fehlen bis heute die europäischen Daten. Wehrmeyer erklärt sich das zumindest für Deutschland so: "Da deutsche Städte ja sehr Google-kritisch sind, bezweifle ich, dass es da ein großes Interesse an der Integration ihrer ÖPNV-Daten in Google Maps gibt - obwohl das wesentlich mehr Nutzen hätte als StreetView."

Die Anti-Google-Haltung ist wohl der Grund dafür, dass keine europäischen Daten im GTFS-Format vorliegen. Weil Wehrmeyer es sich aber nicht leisten kann, für jede Stadt einen Scraper zu schreiben, gibt es zurzeit keine weiteren europäischen Städte in Mapnificent. Ein Scraper ist ein kleines Script, das die Daten aus den Formaten extrahiert, in denen sie die Verkehrsvertriebe im Netz veröffentlichen.

Open Street Map als Alternative

Weitere Reisezeit-Anwendungen könnten allerdings auf Basis der offenen Kartenanwendung Open Street Map entstehen, für das Freiwillige aus aller Welt Kartendaten zusammengetragen haben. Steve Coast, der Gründer von Open Street Map, arbeitet gerade am Aufbau von Transiki . Transiki soll basierend auf Open Street Map freie Verkehrsanwendungen ermöglichen. Die Ambitionen sind hoch gesteckt: Transiki soll nicht nur auf die Soll-Daten von Fahrplänen zugreifen, sondern auch wie etwa Swisstrains Ist-Bewegungen und Verspätungen zeigen. Chronisch verspätete Verbindungen können markiert und Alternativrouten vorschlagen können.

Auch dieses Projekt ist jedoch darauf angewiesen, dass die Verkehrsbetriebe ihre Daten in maschinenlesbarer Form zur Verfügung stellen - oder auf viele Freiwillige, die Fahrpläne abtippen und aufbereiten. Dass dies klappen könnte, zeigt das ebenfalls auf Open Street Map beruhende Projekt WheelMap : Es zeigt an, welche Orte rollstuhlgerecht ausgestaltet sind. Von Bussen über Tankstellen bis hin zu Einkaufszentren und Bäckereien können Nutzer eintragen, ob ein Ort rollstuhlgerecht ist.

(futurezone/Christiane Schulzki-Haddouti)

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