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Verkehr

Siemens: Neues Verkehrssystem bevorzugt Öffis und Radler

Blaulichtfahrten sind üblicherweise mit einem gewissen Risiko verbunden. Rettung, Feuerwehr und Polizei verschaffen sich heute noch mit viel Licht und Lärm Platz auf der Straße. An Kreuzungen wird abgebremst, um sicherzugehen, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer verstanden haben, wer hier Vorfahrt hat. Die Ampelschaltung reagiert hingegen nicht auf die Einsatzkräfte. In Zukunft soll sich das ändern.

Priorisierung an der Kreuzung

Auf der Verkehrstechnikmesse Intertraffic, die von 5. bis 8. April in Amsterdam stattgefunden hat, präsentierte Siemens seine Konzepte für eine Priorisierung bestimmter Verkehrsteilnehmer an Kreuzungen. Neben Einsatzkräften sollen auch Busse und andere öffentliche Verkehrsmittel sowie Radfahrer künftig schneller über Kreuzungen kommen als bisher. Ermöglicht werden soll dies durch den Einsatz von Satellitennavigation und intelligentem Verkehrsmanagement.

Rettung, Feuerwehr und Polizei sollen kleine On-Board-Units mitführen, die ein GPS- und ein Mobilfunkmodul beinhalten. Die etwa handgroßen Boxen sollen die Position des Fahrzeugs zu jeder Zeit präzise feststellen und der Verkehrsleitzentrale mitteilen können. Bei Einsätzen lösen die On-Board-Units eine Ampelumschaltung aus, sobald sie bestimmte Meldepunkte überqueren.

Festgelegte Meldepunkte

Diese Meldepunkte können von der Verkehrsleitzentrale beliebig festgelegt werden. Ihre Lage sollte üblicherweise aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt werden. Wichtig ist, dass sie sich in einem gewissen Abstand zur nächstgelegenen Kreuzung befinden, um die Ampelumschaltung rechtzeitig zu aktivieren. Von der Übermittlung der Fahrzeugposition bis zur Aktivierung der Ampelumschaltung vergehen derzeit rund 2,5 Sekunden. Diese Latenzzeit ist jetzt schon ausreichend, soll in Zukunft aber noch verbessert werden.

In Zukunft soll die Position der Meldepunkte auch dynamisiert werden. Je nach Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges wird der Meldepunkt dann so gewählt, dass die grüne Welle rechtzeitig ausgelöst wird. Siemens nennt dieses System SiTraffic Stream. Neben Einsatzfahrzeugen sollen davon auch öffentliche Verkehrsmittel profitieren. Auch sie sollen sich auf ihren jeweiligen Routen möglichst ohne lange Kreuzungsaufenthalte durch den Stadtverkehr bewegen.

SiBike von Siemens soll Radfahrern eine grüne Welle bei Ampeln verschaffen

Smartphone statt On-Board-Unit

Das Pendant von SiTraffic Stream für Radfahrer nennt sich SiBike. Die On-Board-Unit wird durch Smartphone und App ersetzt. Bewegt sich der Radfahrer mit einer konstanten Geschwindigkeit von rund 20 km/h auf Radwegen fort, werden die Ampeln so geschaltet, dass der Radler möglichst selten anhalten muss. Damit der Radfahrer weiß, dass er auf einer grünen Welle reiten kann, erhält er eine Rückmeldung über die Smartphone-App.

SiBike soll ab dem Sommer 2016 in Bamberg getestet werden. In Kooperation mit der Universität Bamberg will Siemens ermitteln, wie das Konzept in der Praxis umgesetzt werden kann. Von einer funktionierenden grünen Welle für Radfahrer erwartet sich Siemens ein positives Signal für den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad. Der Straßenverkehr soll entlastet, die Kohlendioxid-Bilanz verbessert werden.

Freie Fahrt im Trend

Grüne Wellen für Radfahrer werden in Kopenhagen bereits seit 2007 auf bestimmten Strecken eingesetzt. Radfahrende Pendler sollen so zu Stoßzeiten schneller in das Stadtzentrum beziehungsweise aus dem Stadtzentrum kommen. Wer sich konstant mit 20 km/h fortbewegt, kann die grüne Welle für Radfahrer ausnutzen. Die Ampelintervalle wurden dieser Vorgabe entsprechend programmiert. Zusätzliche Sensoren werden in Kopenhagen nicht eingesetzt.

In Kalifornien werden unterdessen immer mehr Kreuzungen mit Sensorik fahrradfreundlicher gemacht. Auf der Intertraffic zeigte das US-Unternehmen Iteris, wie das funktioniert. Iteris setzt bei seinem System "Smart Cycle" Kameras und Bilderkennung an Kreuzungen ein. Fahrräder werden anhand ihrer Form und anhand ihrer Größe erkannt. Bei der Ampelschaltung werden Radler bevorzugt behandelt. Eingesetzt wird das System in Kalifornien, wo die Priorisierung von Radfahrern bereits zum Gesetz gemacht wurde, sowie an Orten in Australien und Mexiko.

Siemens setzt bei SiTraffic dagegen auf Sensoren, die heute fast jeder bei sich trägt. Durch die Verwendung von Smartphone-Sensoren und einer eigenen App soll kein zusätzlicher Kostenaufwand für den Ausbau der Infrastruktur entstehen. Radfahrer ohne Smartphone und SiTraffic-App werden dabei allerdings nicht erkannt.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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