© Jakob Steinschaden, Spotify, Montage: Jakob Steinschaden

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Spotify in Österreich: Nur für Facebook-Nutzer

Das Musik-Buffet ist eröffnet: Seit Dienstag, 8.00 Uhr, ist der Musik-Dienst Spotify auch in Österreich verfügbar. Acht Monate nach dem deutschen Konkurrenten Simfy (die futurezone

) will die schwedische Firma von Gründer Daniel Ek mit seinen “All You can hear”-Angebot den zehnten Markt (nach USA, Frankreich, Finnland, Schweden, Norwegen, Großbritannien, Dänemark, Spanien und den Niederlanden) für sich erschließen. Knapp 15 Millionen Songs stehen Nutzern gratis bzw. gegen Gebühr zum Streamen (der Song wird nur abgespielt, aber nicht lokal gespeichert) zur Verfügung.

9,99 Euro für Premium
Die Preisgestaltung ist identisch mit jener des Rivalen Simfy. Sechs Monate kann Spotify mit einer Software am Computer (PC, Mac, Linux-Preview, 128 kbps) kostenlos und ohne Einschränkungen genutzt werden - danach gibt es ein Limit von zehn Stunden pro Monat. Wer die Werbeeinschaltungen zwischen den Liedern nicht duldet, kann sich um 4,99 Euro/Monat davon freikaufen und profitiert gleichzeitig von der besseren Soundqualität (320 kbps). Das volle Spotify-Paket bekommt man allerdings erst um 9,99 Euro/Monat: Dann darf man die Musik auch auf Smartphones (iPhone, Android, Windows Phone 7) hören und hat zusätzlich die Möglichkeit, eine Auswahl der Songs für die Offline-Nutzung auf Computer oder Handy zu speichern. Außerdem ist dann auch das Streamen auf spezielle Audio-Geräte von Sonos, Logitech u.a. möglich.

“Je länger man Spotify nutzt, desto eher ist man gewillt, die kostenpflichtigen Premium-Accounts zu zahlen”, sagt Jonathan Forster, Europa-Manager von Spotify, im Gespräch mit der futurezone. Derzeit hält Spotify weltweit bei etwa zwei Millionen zahlenden Kunden - das sind grob 15 Prozent der insgesamt mehr als 13 Millionen Nutzer.

Riesiges Repertoire
Der Musikkatalog von Spotify, auf den User zugreifen können, umfasst ein Gros der Künstler, die bei den vier großen Musik-Labels (Warner, EMI, Universal, Sony) unter Vertrag stehen. Außerdem hat Spotify Lizenzen für das Merlin Network, ein Zusammenschluss von unabhängigen Plattenfirmen (Rough Trade, Epitaph, Sub Pop, uvm.). Der Firma zufolge sollen täglich rund 20.000 Titel dazukommen - dazu gehören sowohl Neuveröffentlichungen als auch alte Alben. Von Pop über HipHop bis Jazz findet sich bei Spotify nahezu jede erdenkliche Platte - natürlich mit einigen Ausnahmen: Größen wie Beatles, Paul Mc Cartney oder Metallica, aber auch viele Alben der Red Hot Chili Peppers, fehlen leider. Klassik hingegen ist mit Werken von Beethoven, Mozart oder Schubert gut vertreten, genauso wie österreichische Künstler wie Falco, Wolfgang Ambros oder Christina Stürmer. Auch Indie-Fans dürften mit Spotify ihre Freude haben: So lassen sich Tracks von Underground-Bands und Insider-Tipps schnell aufstöbern.

Die zentrale Funktion bei der Nutzung am Smartphone oder am Computer sind Playlisten, in denen man sich beliebig viele Songs zusammenfassen und abspielen kann - die Idee der alten Mixtapes bekommt so einen neuen Anwendungsbereich. Außerdem bietet Spotify regelmäßig eine Übersicht über Neuveröffentlichungen sowie Playlists, die Labels, DJs oder Musiker zusammenstellen. Mit der “Radio”-Funktion kann sich zudem überraschen lassen: Nach Eingabe einer Musikrichtung spielt die Software passende Titel nach dem Zufallsprinzip.

Facebook only
Musik-Streaming ist an sich keine neue Idee: Verschiedenste Firmen (von Napster über Rhapsody bis Real Networks) haben bereits vor Jahren versucht, die Musik-Abos zu etablieren - allerdings mit bescheidenem Erfolg. Spotify hingegen scheint zu florieren, zumindest was das enorme Nutzerinteresse angeht. Spotify-Manager Forster sieht drei Erfolgskriteiren: Erstens sei das “Freemium”-Modell (Basisnutzung gratis, erweiterte Funktionen gegen Gebühr) der beste Treiber, viele neue Nutzer zu bekommen. Zweitens wäre Spotify im richtigen Moment auf den Markt gekommen und hätte den Smartphone-Boom voll ausnutzen können. Und drittens stehe den Schweden ein potenter Partner zur Seite: Facebook.

“Wir benutzen Facebook als Pass für Spotify”, so Forster. Auch in Österreich können ausschließlich Mitglieder des Online-Netzwerks den Streaming-Dienst nutzen - neuen

sind das 58 Prozent der heimischen Internetnutzer. Wer sich mit seinen Facebook-Daten einloggt, kann seine Playlisten für Facebook-Freunde veröffentlichen und in Interaktion mit ihnen treten. “Wenn Nutzer einmal mit ihren Facebook-Freunden eine gemeinsame Playlist erstellt haben, wollen sie mit Spotify nicht mehr aufhören”, so Forster. Dass würde Nutzer enger an den Dienst binden und außerdem die Möglichkeit bieten, anderen Facebook-Nutzern empfohlen zu werden. Seit der Integration des Online-Netzwerks vor etwa eineinhalb Monaten hat Spotify vier Millionen neue Nutzer dazubekommen. “Musik ist so sozial wie kein anderes Medium”, sagt Forster. “Wir hören Musik mit unseren Freunden und zu bestimmten Anlässen, definieren damit unsere Identität und bringen uns damit in verschiedene Stimmungen.”

Automatische Nutzererfassung

Spotify ist damit die erste große Firma, die die automatische Nutzererfassung, den “Open Graph” von Facebook,  nach Österreich bringt (die futurezone
über die Technologie). Sie sieht vor, dass Informationen über sämtliche Songs, die der Nutzer abspielt, ohne Zutun in dessen Facebook-Profil veröffentlicht werden. Die Funktion ist dabei “Opt-out”: Der Nutzer muss sie händisch abdrehen, sofern er das Veröffentlichen unterbinden will. Dazu geht man in die "Einstellungen" der Desktop-App und nimmt das Häkchen beim Punkt "Posten auf Facebook aktivieren" weg.

Dieser Umstand könnte der Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz bei Facebook neues Feuer geben. Spotify will sich künftig aber nicht exklusiv an Facebook binden, auch wenn man sich mit Accel Partners, DST, Li Ka-shing und dem Founders Fund viele große Investoren mit Mark Zuckerbergs Firma teilt. Möglich wäre künftig etwa, die Login-Möglichkeiten auf Twitter oder Google+ auszuweiten.

"Gegen Musikpiraterie"
Spotify tritt auch in Österreich mit einem erklärten Zeil an. “Unser Hauptkonkurrent ist nicht iTunes, sondern die Musikpiraterie”, sagt Forster. Denn Musik-Streaming ist für die Branche die Hoffnung, das Problem von nicht lizensierten Downloads in den Griff zu bekommen. Nicht umsonst halten die vier großen Plattenfirmen 18 Prozent an Spotify, das Merlin Network kaufte sich mit einem Prozent in die Firma ein, wie der britische Guardian berichtete. “80 Prozent des schwedischen Web-Verkehrs außerhalb von Bürozeiten waren vor dem Spotify-Start 2006 auf Torrent-Seiten zurückzuführen”, sagt Forster. “Aber Tauschbörsen machen keinen Sinn mehr, wenn man Spotify nutzt.” In Schweden (dem Heimatland der Torrent-Tracker-Site “ThePirate Bay”) gingen nicht lizenzierte Musik-Downloads 2010 etwa um 25 Prozent zurück.

Spotify ist attraktiv, konsumentenfreundlich und jedenfalls cooler als die illegale Schnorrerei”, sagt Franz Medwenitsch, Chef des Verbands der Österreichischen Musikwirtschaft “IFPI Austria”. Er begrüßt den Start des Streaming-Dienstes und hat sich im Vorfeld darum bemüht, Spotify nach Österreich zu bringen. Im Nachsatz: “Zur Eindämmung von Piraterie braucht es aber zweierlei: Gute Musik-Services und eine klare gesetzliche Verantwortung. Wir sind für ersteres, die Politik für zweiteres zuständig.”

Für Musiker
“Dieser Launch ist ein positiver Impuls für die Musikszene”, sagt Medwenitsch. “Spotify hat Deals mit Majors und Indies, Künstler und Kreative bekommen für ihre Songs bezahlt. Mit plus 28 Prozent hat Streaming derzeit das größte Wachstum am heimischen Musikmarkt, aber wir reden noch von kleinen Umsätzen.” In Norwegen und Schweden sieht sich Spotify bereits als größte Einnahmequelle für die Musikindustrie, was den digitalen Vertrieb angeht. Wie viel Prozent die Musiker aber genau von den Monatszahlungen der Nutzer bekommen, will die Firma aber nicht bekannt geben. Insgesamt werfen Download-Shops, allen voran Apples “iTunes Store”, noch mehr Geld für die Künstler ab. “Wenn Spotify weiter so wächst, wird es andere Einnahmequellen überholen”, so Forster. “In den Märkten, in denen wir vertreten sind, wachsen Einnahmen aus digitalen Vertriebswegen um 43 Prozent, dort wo wir nicht sind, nur um neun Prozent.”

Von Spotify sollen aber nicht nur Weltstars profitieren, sondern vor allem kleine Bands. Der “Long Tail”, den US-Autor Chris Anderson beschrieben hat, ist bei Spotify besonders stark ausgeprägt: Sechs Prozent der Streams würden von den Top-100-Musikern kommen, der Rest verteile sich auf unbekanntere Interpreten, so Forster. Zudem solle sich die Musikindustrie nicht vor einer Kannibalisierung anderer Musikformate wie CD oder Kauf-MP3 fürchten. “Nur sehr wenige Menschen haben früher mehr als 120 Euro pro Jahr für Musik ausgegeben. Personen, die früher schon viel Geld für Musik ausgegeben haben, werden das weiter tun - etwa für Vinyl.”

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