Florian David Fitz als Angeklagter in "Terror - Ihr Urteil"
Florian David Fitz als Angeklagter in "Terror - Ihr Urteil"
© ORF/Julia Terjung

Terror - Ihr Urteil

Von Euphorie bis Faschismus: TV in der Populismusfalle?

Ein Kampfpilot schießt eigenmächtig eine entführte Passagiermaschine ab, die von den Entführern in ein vollbesetztes Fußballstadion gesteuert werden soll. Die Millionen vor den TV-Geräten wurden dabei vor eine Frage gestellt: Ist es in Ordnung, wenn ein Kampfpilot 162 Menschen tötet um 70.000 Menschen so potenziell das Leben zu retten?

Die Entscheidung fiel deutlich aus. In Deutschland stimmten 86,9 Prozent der Zuseher für einen Freispruch des Piloten, in Österreich waren es genauso viel und in der Schweiz war er für 84 Prozent der Zuschauer unschuldig.

400 Mal wurde "Terror - Ihr Urteil" bereits im Theater aufgeführt. Das Abstimmungsverhältnis lag dabei bei 60:40 Prozent für Freispruch, also deutlich weniger eindeutig als beim Fernseh-Format.

Heiß diskutiert

In den sozialen Netzwerken war bereits im Vorfeld die Verfilmung des Theaterstücks von Ferdinand von Schirach und insbesondere das parallel dazu laufenden Zuschauervoting Gegenstand kontroverser Diskussionen. Schuldig oder Unschuldig sei keine Mehrheitsentscheidung sondern Sache von Juristen, war vielfach der Tenor. Andere wiederum ärgerten sich über die moralisierende Kritik am TV-Event und wünschten sich mehr solche Abstimmungen. Dazwischen gab es jene, wie auch ORF-Moderator Armin Wolf oder die Journalistin Isabelle Daniel, die den TV-Abend hochspannend und interessant fanden.

"Das 'spannende Event' ist spekulativ-gefährlicher Populismus-Kitsch", schrieb etwa die Filmregisseurin, Autorin und Zeichnerin Andrea Maria Dusl auf ihrer Facebook-Seite. Ein unüberprüfbares Tele-Abstimmungsergebnis würde Rechtmäßigkeit und Richtigkeit eines auf diese Weise herbeigeführten Gerichtsurteils insinuieren, so Dusl. "Ist doch die Conclusio diese: Eine Minderheit darf geopfert werden, um eine Mehrheit zu retten. Das ist Faschismus."

Manipulierte Masse

Kritisiert wurde von vielen Usern, dass die Abstimmung nach einer Inszenierung eines Gerichtsverfahrens erfolge. Dabei könne das Fernsehformat durchaus manipulativ wirken, etwa wenn der angeklagte Kampfpilot gar so heldenhaft, fesch und unschuldig rüberkomme. Wie wäre das Urteil denn ausgefallen, hätte ein anderer Schauspieler den Kampfpiloten gemimt?

"Vorgeschmack auf die Facebookokratie?", fragte auch Musikkritiker und Kolumnist Guido Tartarotti. "Es geht mir um die Idee, statt der unabhängigen Justiz die Massen über Urteile abstimmen zu lassen. Bis dann der Hassmob 'kreuzige ihn!' brüllt. Passt in die Tendenz unserer Zeit und ist mir zutiefst zuwider." Was bei den Zusehern hängen bliebe sei: "Genau! Lasst uns über Urteile abstimmen! Wir wissen es eh viel besser als die doofe Justiz!", schreibt Tartarotti auf Facebook.

Wie beurteilt ihr dieses Fernsehformat? Ist das "Damen rauf / Daumen runter" ein moralischer Rückschritt in die Zeit der Gladiatorenkämpfe? Ist eine solche Entscheidungsfindung problematisch oder ein modernes, zukunftsträchtiges TV-Erlebnis? Schreibt uns im Forum.

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Florian Christof

FlorianChristof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

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