Ein Atmos-Kino erkennt man u.a. an den über den Köpfen montierten Lautsprechern
Ein Atmos-Kino erkennt man u.a. an den über den Köpfen montierten Lautsprechern
© Dolby

Dolby Atmos

Wenn Soundfetzen durch das Kino fliegen

Der Hobbit hat Dolby ein wenig die Show gestohlen. Als im Dezember 2012 der erste Teil von Peter Jacksons Hobbit-Trilogie weltweit Premiere hatte, wurde auch über eine neue Technologie gesprochen, die in den Kinos Einzug hielt: Hobbit ist/war der erste 48fps-Film. 48 statt 24 Bilder sorgen für ein neues Kino-Erlebnis, durch diese HFR (Higher Frame Rate) werden die Bilder schärfer und auch klarer. Von einer anderen Technologie sprach kaum jemand, denn Hobbit war der erste Film mit HFR und mit dem neuen Surround-Soundformat Dolby Atmos.

Die Premiere
Das Sound-Unternehmen Dolby hat Atmos vor etwa einem Jahr das erste Mal vorgestellt, auf der CinemaCon 2012 durfte auch die futurezone erstmals in die neue Sound-Technologie „reinhören“, mit der Dolby auch wieder im Kino-Business aufholen möchte. „Wir hätten uns theoretisch hinaufdeklinieren können, von 7.1. auf 9.1., 11.1 etc., aber wir und auch die Filmemacher wollten etwas ganz Neues entwickeln“, so Dolby-Europa-Chef, der Österreicher Andreas Spechtler.

Der Wunsch der Regisseure und Produzenten war, künftig Soundobjekte darstellen zu können.  Ein Vogel, der von links hinten nach rechts vorne fliegt; ein Mensch, der aus dem Bild verschwindet, aber dessen Schritte noch zu hören sind; Regen, der auf einen niederprasselt; Wind der über eine Landschaft weht oder ein Auto, das auf einem zu rast und dann als Soundobjekt über die Köpfe der Zuschauer hinwegfliegt.  Der spanische Regisseur Rodrigo Cortés hätte seinen Film „Red Lights“ (mit Sigourney Weaver und Robert De Niro) anders gedreht, hätte er von den Möglichkeiten von Dolby Atmos Bescheid gewusst.

Sehr realitätsnahe
Spechtler ist überzeugt davon, dass Dolby Atmos der Filmindustrie neue Möglichkeiten eröffnen wird, weil nicht nur das Bild, sondern auch der Klang dreidimensional wird, der Zuseher in einer Klangwolke eingehüllt ist. Den Ausdruck „3D für die Ohren" vermeidet Spechtler: „Es ist mehr als 3D, weil auch der gesamte Produktionsprozess optimiert ist. Es ist der realitätsnaheste Klang, den es je gegeben hat." Und die Möglichkeiten der Soundobjekte müssen künftig nicht nur Regisseure berücksichtigen, sondern auch schon die Drehbuchautoren, weil durch Klang Bilder ersetzt werden können. Vielleicht wird es sogar bald auch eigene „Sound Charaktere" in Filmen geben, die in einem Film eine Klangfigur bzw. Leitmotiv werden können.

Seit 2011 entwickelt
Zwei Jahre lang wurde Dolby Atmos gemeinsam mit den Filmstudios und Postproduktionshäusern (etwa Park Road oder Pinewood) in USA und Europa entwickelt. Die meiste Entwicklungsarbeit wurde in den USA geleistet, in der Endphase haben auch die Experten der Dolby Laboratories in Barcelona mitgearbeitet. Im Vorjahr wurden weltweit etwa 90 Kinos auf Dolby Atmos aufgerüstet – das erste Atmos-Kino überhaupt war das Dolby Theatre in Hollywood, in dem die Oscars vergeben werden. Der Name Kodak Theatre wurde 2012 in Dolby Theatre umbenannt. Dolby Atmos gibt es in Österreich bereits zu hören: Der Saal7 im Cineplexx Donau Plex war der erste Kinosaal im deutschsprachigen Raum, der mit der neuen Soundtechnologie ausgerüstet wurde. Ende 2013 sollen weltweit etwa tausend Kinos auf Atmos um- bzw. aufgerüstet sein. Die Kosten – Lautsprecher und Sundprozessor, der den Klang aufbereiten kann - belaufen sich, abhängig vom Kino, auf 50 bis 100.000 Euro. Der erste Atmos-Titel überhaupt war der Animationsfilm „Brave" ("Merida – Legende der Highlands") der Pixar-Studios.

Dolby 7.1 vs Dolby Atmos
Was ist der Unterschied zwischen den herkömmlichen Klangsystemen in den Kinos und Atmos? Die Kinos waren bis dato mit 5.1.- bzw. 7.1.-Systemen ausgestattet, also fünf bzw. sieben Kanäle und ein Subwoofer-System (daher auch die Bezeichnung .1). Was beim Heimkino daheim fünf bzw. sieben Boxen sind, sind im Kino Boxen-Systeme, die an den jeweiligen Kanal angeschlossen werden. „Bei Dolby Atmos können bis zu 64 verschiedene Lautsprecher, von denen auch einige über den Köpfen der Zuschauer positioniert sind, einzeln angesteuert werden", schildert Spechtler. Wie der Klang durch das Kino rauscht, wird in der Postproduction festgelegt, und zwar in einem 3D-Modell. In diesem ist jede Box eingezeichnet, mit der Maus kann man die Klangkurve festlegen und den Sound quer durch den Raum ziehen. Spechtler: „Die Software rechnet diese Kurve dann in Tonsignale um und weist sie dem entsprechenden Lautsprecher zu." Zwar flogen auch schon beim System 7.1. die Klänge durch einen Raum, allerdings nicht so präzse und flüssig, wie dies bei Dolby Atmos der Fall ist.

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