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KNOWHOW

Wie man mehr aus E-Readern macht

Der größte Vorteil von E-Readern ist die gute Lesbarkeit ihrer E-Ink-Displays. Gerade weil die elektronische Tinte in der Sonne gute Kontraste bietet, stehen die günstigen Lesegeräte vor allem im Freien und im Urlaub hoch im Kurs. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass ihre Dateiformate (.epub bzw. .mobi) prinzipiell offen sind und sich alle möglichen Textdateien (HTML, Word, RTF etc.) mit den richtigen Tools in E-Books verwandeln lassen. Sieht man von kopiergeschützten E-Books ab, gibt es fast keine Beschränkungen.

Daraus ergeben sich jede Menge Möglichkeiten. Mit einem Kindle, PocketBook, Kobo, Sony Reader oder jedem anderen Lesegerät lässt sich eine Menge anstellen.

Ihre größten Konkurrenten sind iPads oder Android-Tablets, die schon alleine ob des ständigen Internetzugangs und jeder Menge Apps mehr Möglichkeiten bieten. Aber spiegelnde Displays sind im Freien nicht optimal und vieles am Tablet sorgt zudem für Ablenkung vom Lesen.

Noch ein Hinweis vorab: Die nachfolgenden Tipps beziehen sich zwar vielfach auf den Kindle, gelten aber meist auch für alle anderen Reader.

In Familien ist es durchaus üblich, dass mit einem Account bei Amazon bestellt wird. Mehrere Kindles unter einem Konto zu benutzen, hat den Vorteil, dass gekaufte Bücher auf allen Geräten auftauchen. Zuerst muss man jedoch den Kindle vom alten Account trennen ("deregister" oder "abmelden"). Die dafür nötigen Einstellungen finden sich am Kindle bzw. in der Kindle App im Menü "Settings".

Nach dem Abmelden vom alten Account, kann man sich beim Gemeinschaftskonto - ebenfalls im Menü Settings - anmelden.

Ist dies geschehen, taucht der neue Kindle auf der Geräteverwaltungswebsite von Amazon auf. Einmal gekaufte Bücher stehen als "Archived Items" am neuen Gerät zum Download bereit. Sämtliche Kindles eines Accounts lassen sich bequem auf der Website von Amazon verwalten (Mein Konto – Mein Kindle – Meine Geräte verwalten).

Hier kann man übrigens auch Kindle-Apps die Berechtigung erteilen oder diese wieder entziehen. Die Zahl der Geräte und Apps in einem Account ist nicht limitiert. Allerdings darf sich ein und dasselbe Buch nicht auf mehr als sechs Geräten befinden. Verleger können dieses Limit auf ein bis zwei Geräte reduzieren.

Bei anderen Buchhändlern sind kopiergeschützte Werke häufig ebenfalls auf bis zu sechs E-Readern pro Account (Adobe-ID) nutzbar. Nachfragen oder ein Blick in die Hilfe des jeweiligen Händlers vor dem Kauf schadet sicher nicht.

Ein Kindle kann jeweils nur mit einem Account betrieben werden. Bücher, die mit einem alten Account gekauft wurden, sind derweil nicht mehr zugänglich. Verloren sind sie jedoch nicht. Will man auf sie wieder zugreifen muss man die Ab- und Anmeldeprozedur erneut ausführen.

Wie physikalische Bücher kann man auch E-Books ausborgen. Diese Angebote sind auf jeden Fall einen Blick Wert, zumal sich mitunter auch E-Reader ausleihen lassen. Die Arbeiterkammer betreibt ebenso eine digitale Bibliothek wie Wien, Graz, Linz oder andere Städte und fast alle Universitäten.

Die öffentlichen Verleihangebote sind meist nur für E-Reader ausgelegt, die das Adobe DRM unterstützen. Wer einen Kindle hat, kann sich bei Amazon ebenfalls Bücher ausborgen. Voraussetzung dafür ist eine Prime-Mitgliedschaft, die 29 Euro im Jahr kostet. Hier gilt: Vier Personen können mitlesen und von der Prime-Mitgliedschaft profitieren.

Wer einen Kindle 3G hat, genießt fast in allen Ländern der Welt den Luxus, am Strand Bücher bestellen zu können. Neben Büchern gibt es im Store aber auch Zeitungen, die bald nach ihrem Erscheinen am Kindle landen können.

19 davon stehen aktuell zur Auswahl. Die gute Nachricht: Bei allen gibt es ein 14-tägiges Probeabo.

Die meisten E-Reader kommen heute mit Wlan und einem Browser daher. Was liegt da näher, als damit im Web zu surfen, zumal es per Handy-Hotspot praktisch immer und überall auch Wlan gibt?

Gut, Browser und Displays sind alles andere als fix, aber ob der guten Lesbarkeit lohnt sich das für längere Artikel. Allerdings ist die Darstellung von Webseiten bei weitem nicht so schön. Die Lösung dafür ist am Kindle der "Article Mode", der sich im Menü versteckt und alles Unnötige von der Seite wirft. Mit mobilen Websites funktioniert das von Haus aus perfekt. Die Textgröße kann variiert werden (Taste [AA] am Kindle), gescrollt wird mit denselben Tasten, mit denen man ein Buch seitenweise durchblättert.

Je nachdem, wie viel man reist, könnte sich der Aufpreis für das 3G-Modell lohnen. Amazon schweigt sich darüber aus, welche Dienste man damit wirklich konsumieren darf - der Zugang zur mobilen Wikipedia (de.m.wikipedia.org) scheint aber global erlaubt zu sein. Bei allen anderen Urls streikt der Browser in Europa. In den USA sollte mehr gehen.

Kostenlose E-Books gibt es nicht nur bei diversen Piraten-Sites. Von Shakespeare über Goethe bis Zweig und Musil ist bei vielen Werken das Copyright bereits abgelaufen und so darf man sie frei verbreiten.

Für Amazon-Kunden ist der Kindle-Store die erste Anlaufstelle. Dort gibt es eine große Sammlung kostenloser Klassikern. Derzeit gibt es dort 4576 deutsche und 5949 englischsprachige Klassiker.

Eine weitere Sammelstelle für solche Werke ist das Projekt Gutenberg. Um hier Bücher herunterzuladen, surft man am E-Reader die mobile Website m.gutenberg.org an. Dort angelangt, kann man suchen oder sich durch den umfangreichen Katalog wühlen. Mit einem weiteren Klick wird das Buch in der jeweils richtigen Version für den Reader heruntergeladen und auf der Startseite dargestellt. Insgesamt stehen über 42.000 Bücher in vielen Sprachen zur Verfügung - fast 1000 auch auf Deutsch.

Haufenweise kostenlose Bücher gibt es auch in der OpenLibrary, einem Projekt des gemeinnützigen Internet Archive. Hier stehen 1,2 Millionen digitalisierte Bücher zur Verfügung - die überwiegende Mehrheit davon auf Englisch. Viele aktuellere Bücher lassen sich entlehnen, allerdings muss man bei beliebteren Titeln längere Wartezeiten in Kauf nehmen.

Auch bei Google Books steht so manches Werk zum freien Download bereit, allerdings bietet die Site nicht jenen Komfort wie Amazon oder das Projekt Gutenberg. Beobachten sollte man europeana.eu. Das europäische Online-Museum will in den nächsten Jahren Millionen Dokumente digital zur Verfügung stellen – viele davon im offenen epub-Format.

Apropos epub. Bei E-Books gibt es unterschiedliche Formate: Der Kindle akzeptiert nur .mobi-Dateien, andere Hersteller setzen auf das epub-Format. Gibt es keinen Kopierschutz, lassen sich Dateien einfach von einem ins andere Format umwandeln. Das erledigt beispielsweise die kostenlose Software Calibre (für Windows, Mac und Linux). Sie ist ohnehin ein Muss für jeden E-Book-Fan.

Das Programm verwaltet die komplette E-Book-Sammlung: Bücher, Comics, Zeitungen oder Feed-Abos. Unterstützt wird so gut wie jeder E-Reader (Sony Reader, Kindle, iPad/iPhone, Kobo, Iriver, Irex, Android Phones/Tablets und viele mehr). Die Hauptaufgaben von Calibre sind:

- Verwalten von E-Book-Dateien am Computer.

- Zusatzinformationen: Mit Calibre ist das Bearbeiten von Metadaten wie Titel, Autoren, Herausgeber etc. einfach. Die App fügt alle wichtigen Meta-Informationen und Buchcover von Amazon und anderen Webservices auf Wunsch selbständig hinzu.

- Buch-Downloads: Calibre bietet eine eingebaute Suchfunktion für viele kommerzielle Bookstores und kostenlose Quellen für gemeinfreie Werke. Will man Bücher kaufen, sollte man dies hier tun, weil dies den Entwickler unterstützt.

- Umwandeln aller denkbaren Text- und Dokumentenformate in das jeweilige Format des Readers.

- Schreiben und lesen am PC: Calibre kann alle E-Book-Formate am PC darstellen und E-Books auch erstellen oder bearbeiten.

- Übertragen der E-Books auf den Reader. Damit sorgt das Programm zugleich für Ordnung am Gerät.

Das Programm wird ständig weiterentwickelt. Wöchentlich (!) gibt Updates, die neue Funktionen oder die Unterstützung für weitere Reader bringen. Die Benützung ist intuitiv, die Einrichtung über einen Assistenten für jeden machbar.

Wenn man Bücher auf E-Readern lesen kann, gilt dies erst Recht für jede Art von (längeren) Texten. Calibre erlaubt den automatisierten Download ganzer Websites.

Sortiert nach Sprachen und Ländern stehen zahllose Onlinemedien aus aller Welt zum Abo bereit. Weil viele Printmedien ihre Artikel auch 1:1 online stellen, ergibt das eine großartige Nachrichtenquelle. Leider blockieren manche Medien Calibre bei der Arbeit.

Um diese Funktion zu nutzen, klickt man in Calibre auf den Button “Nachrichten abrufen” und bekommt eine lange Liste aller verfügbaren Medien mitsamt Suchfunktion.

Abonnieren lässt sich damit übrigens fast jede Website. Um eine individuelle Nachrichtenquelle zu konfigurieren, klickt man nicht auf den Button "Nachrichten abrufen", sondern auf das kleine Dreieck rechts davon. Im folgenden Dialogfeld trägt man die Adressen von RSS-Feeds ein.

Das Ergebnis hat eine brauchbare Gliederung mitsamt Inhaltsverzeichnis aller Artikel. Sollte Werbung in Artikel eingebettet sein, bekommt man die auch hier zu sehen - allerdings blinkt am E-Reader nichts.

Oft sind es aber nicht ganze Ausgaben von Websites, die man lesen möchte. Im Web stolpert man immer wieder über gute Artikel, für die man im Moment keine Zeit hat. Eine Lösung dafür bieten Instapaper, Pocket und andere "Read Later"-Dienste.

Damit werden mit einem Mausklick Artikel für das spätere Lesen markiert. Dafür wird bei all diesen Diensten ein kleines Bookmarklet (hier "Read Later" für Instapaper) angeboten. Alternativ dazu kann man auch direkt aus dem sterbenden Google Reader oder seinen Nachfolgern wie Feedly bzw. aus der App Flipboard heraus Artikel für den späteren Konsum markieren.

So entsteht nicht nur eine Linkliste sondern auch ein E-Paper, das man auf Wunsch als .mobi- oder .epub-Datei herunterladen kann. Ist die E-Mail-Adresse für den Kindle eingerichtet, wird die täglich frische Ausgabe der letzten Artikel automatisch zugestellt. Die Settings dafür finden sich auf der Kindle-Seite von Instapaper.

Wer anstatt des Konvoluts an der "Später lesen"-Artikel lieber einzelne Texte an den Kindle senden möchte, kann dies mit diversen Send to Kindle-Erweiterungen von Amazon machen.

Die Browsererweiterungen sind für Chrome und den Firefox verfügbar, das Kontextmenü gibt es für Windows wie Mac und selbst Android-Smartphones können Inhalte direkt an den Amazon-Reader senden.

Praktisch ist auch der Versand von Dokumenten per E-Mail an das Gerät. Damit kein Spam am Kindle landet, muss man Absender-Adressen angeben. Nur was von diesen kommt, dringt auch tatsächlich zum Kindle vor.

Die zum Kindle gesandten Dokumente und Links tauchen meist binnen einer Minute auf. Die Zusendung per Wlan ist kostenlos, für 3G wird ein Entgelt verrechnet.

Für Blogger und Website-Betreiber ist der "Send to Kindle"-Button interessant, den man in WordPress und andere Websites integrieren kann.

Beim aktuellen Sony Reader PRS-T2 gibt es eine ähnlich elegante Art, Inhalte drahtlos aufs Gerät zu beamen: Inhalte eines Notizbuchs von Evernote können automatisch mit dem Reader synchronisiert werden.

Praktisch ist dies vor allem dann, wenn die Browsererweiterung für Evernote installiert ist. Dann reichen wenige Mausklicks aus und man hat eine Leseliste für das Wochenende zusammengestellt.

Fast unendlich werden die Möglichkeiten, wenn man ifttt.com nutzt. Dabei handelt es sich um einen Webdienst, der viele andere Webdienste miteinander verknüpft. Getreu dem Motto "If this than that" kann man mit einzelnen Aktionen andere automatisch auslösen.

Beispiele für solche Aktionen wären:

- Wenn man eine Nachricht in Gmail markiert, soll diese automatisch in ein Evernote-Notizbuch übertragen werden und von dort zum Kindle oder Sony Reader gelangen.

- Favorisiert man einen Tweet, wird der Link erst zu Instapaper und später weiter auf den E-Reader geschickt.

- Wer Pocket lieber hat als Instapaper, könnte sich neue Links dennoch von Instapaper abholen lassen, weil Inhalte von dort aus per E-Mail automatisiert an den Kindle geschickt werden können.

- Wenn neue PDF-Dateien in einem bestimmten Dropbox-Ordner landen, sollen diese automatisch an den Kindle weitergeschickt werden.

- RSS-Feeds einzelner Blogs können ebenfalls ohne Zutun per E-Mail an Kindle oder via Evernote an den Sony Reader geschickt werden.

Sie sehen: Die Menge an Möglichkeiten ist enorm. Ifttt ist ein wenig wie Kochen und auch dabei ist die Grenze des Machbaren nur durch die Anzahl an Zutaten (Accounts) und Ideen begrenzt. Wer nach Ideen sucht, kann bei ifttt.com unter Browse in den Rezepten anderer suchen.

Entscheidend ist aber, für welchen Reader man sich entscheidet. Amazons Kindle hat mit der hohen Bequemlichkeit und großem Angebot die Nase vorne. Zudem eröffnen sich durch das simple "Send to Kindle" ganz neue Möglichkeiten.

Wer E-Books auch beim lokalen Buchhändler ums Eck kaufen will, kann aus dem vollen Angebot von vielen sehr guten Readern schöpfen.

Wer Flexibilität sucht, sollte sich den Sony Reader PRS-T2 ansehen. Schon das Teamwork mit Evernote macht vieles sehr einfach möglich und angetrieben wird der Reader von Android 2.3. Im Prinzip ist der gesamte Reader ein etwas komplexerer Launcher.
Schade ist allerdings, dass Sony nicht daran dachte, den Reader für Apps zu öffnen. Wäre das Rooten einfach (und vor allem stabil) möglich, hätte die Japaner einen echten Killer-Reader. So steht der PRS-T2 im Schatten der - meist noch deutlich günstigeren - Konkurrenz.

1. Account-Sharing: 
Einer kauft, alle lesen.

2. Leihbüchereien: 
Ausborgen statt kaufen.

3. Zeitung im Urlaub gratis abonnieren: Am Laufenden bleiben.

4. Surfen am E-Reader:
das Schwarz-Weiß-Web.

5. Gratis-Bücher herunterladen: Lesen, bis der Arzt kommt.

6. Calibre - die Must-Have-App: OpenSource und gehört zu jedem E-Reader.

7. Ganze Websites abonnieren: eine Handvoll Web.

8. Lange Online-Artikel später lesen: lesen, wenn Zeit dafür ist.

9. Send to Kindle: 
Alles auf den Reader flutschen.

10. Teamwork mit Evernote: Missbrauchte Notizen.

11. IFTTT - das automatisierbare Web: wenn dies, dann das.

Welcher Reader?
Qual der Wahl.

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Georg Holzer

Geek aus dem Süden, der mindertalentiert aber dafür umso lieber fotografiert und kocht. Den Kopf immer voller Ideen hat, kaum etwas davon umsetzt und dennoch einen richtig fetten digitalen Fußabdruck hinterlässt. Liebt (das nun befreite) Kärnten und mag Wien immer noch nicht. Private Webseite: http://georgholzer.at

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