Crackdown

Wie Netflix seine Nutzer in ihren Ländern einsperren könnte

Netflix hat auf Druck der Contentindustrie angekündigt, künftig strenger gegen die Nutzung von VPNs und anderer Anonymisierungsdienste vorzugehen. In Australien hat der Videostreamingdienst bereits begonnen, dieses Vorhaben umzusetzen (die futurezone berichtet). So soll gewährleistet werden, dass sich Nutzer nicht in das Netflix-Angebot in anderen Ländern einloggen können. Vor allem das Angebot in den USA, das weitaus größer ist als anderswo, ist international sehr begehrt.

Wie Netflix die schummelnden Nutzer enttarnen will, hat das Unternehmen bislang nicht dargelegt. Eine vollständige Schließung der Schlupflöcher, die das Netflix-Länderhüpfen ermöglichen, ist laut Experten aber unwahrscheinlich. Das liegt zum einen daran, dass effiziente Maßnahmen nicht einfach umzusetzen sind und zum anderen daran, dass Netflix wohl nicht alle Hebel in Bewegung setzen will, da sonst eine Kundenabwanderung droht.

Katz-und-Maus-Spiel

Die einfachste Möglichkeit, Nutzer zu erkennen, die aus dem Ausland auf den Netflix-Katalog eines Landes zugreifen, ist die Prüfung der IP-Adressen. Viele VPN- und Proxyserver sind anhand ihrer IP-Adressen, die den Nutzern als Tarnung zur Verfügung gestellt werden, mehr oder weniger einfach zu identifizieren. Über eine Liste mit verbotenen IPs könnten so Kunden ausgesperrt werden. Das wird laut Netflix auch bisher schon gemacht, wenn auch nicht mit sonderlich viel Nachdruck.

Sollte diese Methode forciert werden, ist es für die Anbieter von Anonymisierungsdiensten aber trivial, auf andere IP-Adressen zu wechseln. Große VPN-Anbieter haben bereits angekündigt, entsprechende Pläne in ihren Schubladen zu haben. Das würde also zu einem Katz-und-Maus-Spiel führen, bei dem Netflix wohl immer einen Schritt hinterher wäre. - Das haben selbst hochrangige Netflix-Manager offiziell zugegeben.

Zudem wären auch Kunden betroffen, die VPNs in ihrem eigenen Land verwenden, etwa aus Sicherheitsgründen oder um providerseitige Traffic-Beeinflussung zu vermeiden. Allgemein gilt, dass durch strengere Maßnahmen auch die Wahrscheinlichkeit steigt, unbescholtene Kunden auszusperren.

Kreditkarten überprüfen

Die Überwachung von Accounts, deren IP-Adresse in kurzen Intervallen zwischen Ländern hin- und herspringt, wäre ebenfalls eine Methode, die allerdings nicht sonderlich zielführend ist und nur bei bestimmten Kunden wirken würde. Eine Sperrung von Ports, die von bestimmten VPN-Protokollen verwendet werden, wäre ebenfalls möglich, lässt sich durch die VPN-Anbieter aber auch schnell umgehen.

Die einzig sichere Möglichkeit, die Netflix umsetzen könnte, ist die Limitierung von Accounts auf das Angebot in dem Land, in dem sie gekauft wurden. Das wäre etwa über eine Prüfung der Kreditkarten, Rechnungsadressen oder Smartphone-Verträge machbar. Ob die Kunden erfreut darüber wären, wenn sie im Urlaub oder auf Dienstreisen keinen Zugang zu ihrem Account hätten, ist aber unwahrscheinlich.

Schein wahren

Andere Streaming-Anbieter, wie etwa Hulu, haben in der Vergangenheit ebenfalls versucht, Nutzer aus dem Ausland von länderspezifischen Angeboten fernzuhalten, allerdings mit sehr überschaubarem Erfolg. Eine kurze Internet-Suche führt schnell zu Anleitungen, die solche Sperren umgehen. Bei der Ankündigung von Netflix könnte es sich deshalb auch schlicht um den Versuch handeln, die Rechteinhaber zu besänftigen.

Der Streaming-Anbieter gibt selber auch nach wie vor an, dass das eigentliche Ziel ein weltweit einheitlicher Inhaltekatalog ist. Das Risiko eines wirklich harten Eingreifens wäre für Netflix sehr hoch. Schätzungen gehen davon aus, dass über 30 Millionen Menschen Netflix über Anonymisierungsdienste nutzen, darunter über 20 Millionen in China, wo das Angebot gar nicht verfügbar ist. Der Verlust auch nur eines Bruchteils dieser Kunden wäre äußerst schmerzhaft.

Netflix wird also wohl versuchen, einige der offensichtlichsten Anonymisierungsanbieter auszusperren, um die Rechteinhaber zufriedenzustellen. Andere Schlupflöcher werden aber offen bleiben und weiterhin die Kassen des Streaminganbieters klingeln lassen.

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Markus Keßler

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