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iPhone

Apple hat sich entzaubert

Der Konsument entscheidet, ob eine Entwicklung oder ein Produkt ein Erfolg wird. Die Industrie kann uns zum Glück nicht einreden, was wir kaufen sollen. Sie kann nur Trends erkennen oder durch eine Innovation, etwas noch nie Dagewesenes, unser Leben (kurzfristig) revolutionieren oder eine Evolution passieren lassen. Alternativ wird etwas Vorhandenes derartig verbessert, dass es den Massenmarkt erreicht.

Die Vorreiterrolle

Das ist Apple in der Vergangenheit mehrmals gelungen, wie man schon beim iPod gesehen hat. Der Durchbruch gelang dem Konzern aber mit dem iPhone und dem iPad – obwohl es andere gab, die eigentlich die ursprüngliche Idee hatten. Nokia hatte mit dem Nokia N770 das erste mobile Gerät mit Touchscreen am Markt; es wurde übrigens offiziell als „Internet Tablet“ bezeichnet. Aber leider war die Technologie zu früh am Markt (manche meinen, die User waren 2005 noch nicht reif genug) und noch nicht wirklich ausgereift.

Nokia machte den Fehler und blieb nicht auf dem Thema, blieb nicht dran, sondern verbiss sich weiterhin in der Ansicht, dass die Menschen lieber Tasten als Touchscreens wollten. Apple ging den anderen Weg und präsentierte 2007 das iPhone, zu diesem Zeitpunkt eine Touchscreen-Sensation.

Zu früh dran sein

Auch beim Tablet war es ähnlich, denn schon Jahre vor dem iPad gab es Tablets und Microsoft bot sogar die Windows XP Tablet PC Edition an – ein Betriebssystem für Notebooks, deren Displays man umklappen und sie so zum Tablet verwandeln konnte. Hersteller wie HP, Acer etc. hatten solche Produkte im Angebot, aber sowohl Hard- wie auch Software waren nicht ausgereift und weder Microsoft noch Hardware-Hersteller verbesserten diese Innovation. Das tat Apple. Steve Jobs präsentierte das iPad und erfand damit eine ganz neue Produktgattung, das Tablet.

Das Ende des WOW-Effekts

Konsumenten sind Innovationen gewohnt, wollen den WOW-Effekt, und den gab es bei Apple; genau genommen, den gab es in der Ära Steve Jobs. Wenn er bei den Präsentationen „one more thing“ ankündigte, war dieses eine weitere Ding meistens etwas, was die Technik-Welt entzückte. Doch diese Zeiten sind vorbei, da hilft es auch nicht, dass Jobs-Nachfolger Tim Cook versucht, mit Eigenschaftswörtern nachzuhelfen. Auch wenn er die Wörter „incredible“, „amazing“ oder „stunning" verwendet, so „wunderbar“ sind die Erfindungen aus dem Hause Apple nicht mehr. Eine Analyse der Präsentation der neuen Produkte und iPhones lässt den Schluss zu, dass Apple die Innovationen ausgehen. Reaktionen der Community von „ich bleib bei meinem iPhone 5“ bis zu „mit den bunten 5Cs kopieren sie die – (letztlich erfolglose, Anm.) - kunterbunte Nokia-Welt“ sind nachvollziehbar.

Durch Leaks zum "alten Hut"

Ganz nüchtern betrachtet sind die neuen Apple-Smartphones freilich gute Geräte aber keine Sensation, keine Innovation, keine WOW-Geräte. Es wird eben auch immer schwieriger, Produkte geheim zu halten. Schon Wochen, mitunter Monate vorher leaken Informationen darüber, was dieses oder jenes Gerät können wird. Es war schon vorher so gut wie sicher, dass Apple sowohl das iPhone 5C als auch das iPhone 5S vorstellen wird – durch das Leaken fällt der Überraschungseffekt weg und die neuen Gerät werden zu einem „alten Hut.“

Der Mythos ist weg

Apple hat sich entzaubert, der Mythos, das Geheimnisvolle ist weg. Apple ist im Plastik-Zeitalter angekommen und auf dem Boden der Realität gelandet – dort geht es um Marktanteile in verschiedensten Zielgruppen. Es ist eigentlich gut, dass der Zauber verschwunden ist, denn ein Gerät ist ein Gerät – mehr nicht. Es ist kein Wunderding, kein Allerheiligstes, kein Ich-muss-auf-die-Knie-fallen-Objekt. Ein Smartphone ist ein Smartphone und die Geräte werden einander immer ähnlicher. Und was beim Smartphone losgeht, wird sich auch in anderen Produktgruppen fortsetzen. Immer mehr Konsumenten kaufen – so beobachte ich das in meinem Umfeld – ein Gerät nicht mehr als Status-Symbol.

Wo sind die Revolutionen?

Zudem wird es immer schwieriger, Innovationen einzubauen, die Revolutionen sind. Es ist eine Herausforderung, in der kurzlebigen und äußerst schnellen Technologie-Ära, immer noch einen draufzusetzen, das setzt die Konzerne unter immensen Druck. Aber die – ich bediene mich einer Floskel – Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Ob HTC, Sony oder Samsung – einige Konzerne waren in jüngster Vergangenheit innovativer als Apple - siehe Sonys Nanocover oder Samsungs Galaxy-Linie. Zwar hat der stärkste Konkurrent Apples, Samsung, noch nicht die richtige Antwort auf die praktische iTunes-Welt gefunden, doch mit den Smartphones hat der Konzern aus Korea, was die Funktionen anlangt, einiges vorgelegt. Samsung hat Apple als Innovationsführer abgelöst, denn die nächste Neuerung ist bereits im Anmarsch – flexible Displays. Wer dieses Wettrennen gewinnt, wird in den kommenden Jahren dominieren. Und da hat Samsung als einer der führenden Bildschirm-Hersteller derzeit die Pole-Position inne.

Innovation bedeutet nicht nur „Neuerung“, sondern „Erneuerung“ – und die braucht Apple dringend, wenn das Unternehmen nicht an Terrain verlieren will.

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