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Kommentar

Die Fake-News-Debatte ist zur Farce verkommen

Das Jahr ist noch jung und schon hat sich ein Begriff bzw. die Debatte darüber so abgenutzt, dass man diese getrost zu Grabe tragen kann: Fake News. Ja, Falschmeldungen im Netz - sei es auf eigens dafür geschaffenen Webseiten oder sei es in sozialen Netzwerken - sind ein stark angewachsenes Problem. Absichtlich gestreute Unwahrheiten auszuräumen oder wieder gerade zu rücken ist eine Herausforderung, die nur mäßig gelingt. Das liegt unter anderem daran, dass die Richtigstellung von Fake News meist nur noch einen Bruchteil jener Leute erreicht, als die viral gegangene Falschmeldung selbst.

Nun hat sich eine hitzige Debatte darüber entsponnen, wie diesem Problem beizukommen ist. Doch sieht man sich die Wortmeldungen aus Politik und Medien dazu an, kommt man leider zum Schluss, dass die Diskussion über Fake News völlig aus dem Ruder gelaufen ist und sich vom ursprünglichen Thema meilenweit entfernt hat.

Mittlerweile, so der Eindruck, wird jede unliebsame, unbequeme oder einfach nur blödsinnig daher gesagte Wortmeldung als Fake News bezeichnet. Da finden wir einen FPÖ-Chef Strache, der der Regierung vorwirft, “Produzent von Fake News” zu sein. Wir finden Kommentatoren in sozialen Netzwerken, die in jeder zweiten Diskussion zu jedem beliebigen Thema mit dem Begriff hantieren, wenn es an anderen Argumenten mangelt. Und noch brisanter: Der zukünftige US-Präsident Donald Trump schimpft jeden unerwünschten Medienbericht - wie zuletzt von CNN - als “Fake News” und erklärt sich gleich generell nicht mehr bereit, von dem Medium Fragen anzunehmen, da ja ohnehin alles “erlogen” sei.

Doch man muss gar nicht in die USA schauen, ähnliche Beispiele finden wir auch in der österreichischen Politik: Hier ist sich ein Innenminister Sobotka nicht zu schade, eine - bis dato unbestrittene - Recherche des Wochenmagazins Falter als “Fake News” zu bezeichnen. Dass ein großer Unterschied darin besteht, absichtlich und systematisch Unwahrheiten zu streuen oder aber sich mit einem Medienbericht konfrontiert zu sehen, der möglicherweise ein bisschen unangenehm ist, wird dabei völlig außer Acht gelassen. Und dieser Umstand ist, wenn es sich um ein Regierungsmitglied handelt, doch hochgradig bedenklich und dürfte eigentlich nicht unwidersprochen durch die Medien gehen.

Was ist Wahrheit?

Nun könnte man sich zurücklehnen und entspannt sagen: Holen wir uns Popcorn und schauen uns die Debatte eben noch ein bisschen an. Doch richtig heikel wird es, wenn gleichzeitig von politischer Seite - wie zuletzt in Deutschland - ein “Fake-News-Verbot” angedacht wird. Begriffe wie “ Wahrheitsministerium” sind gefallen und nun fordert ein CDU-Politiker Netzsperren gegen Fake News. Wer entscheidet dann, was wahr ist und was nicht? Stellen wir uns vor, Fake News sind so reguliert oder verboten, dass es strafrechtliche Konsequenzen gibt. Und dann stellen wir uns einen Minister vor, der die Recherche eines bestimmten Mediums nicht gutheißt. Worauf müssten sich Journalisten, die in bestem Wissen und Gewissen arbeiten, dann einstellen? Und was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn der Staat vorgibt, was wahr und was unwahr ist? Wie sollen wir dann mit Satire umgehen?

Wollen wir wirklich etwas gegen Falschmeldungen und deren Verbreitung erreichen, dann werden wir wohl auf anderer Ebene diskutieren müssen. Dann wird es nötig sein, hier vor allem Aufklärungsarbeit zu leisten und Medienkompetenz zu stärken, sodass mündige Bürger in der Lage sind, Fake News zu erkennen und von recherchierten Berichten zu unterscheiden. Letztlich wird es aber auch nötig sein, zur ursprünglichen Begrifflichkeit zurückzukehren. Wenn wir alles, was uns gerade nicht in den Kram passt, als Fake News bezeichnen, werden wir uns rückwärts und nicht vorwärts bewegen.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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