... spendabler als im Vorjahr und wollen für den Liebestag rund 22 Millionen Euro - und damit um eine Million mehr als 2013 - ausgeben, ergab eine Umfrage der Wiener Wirtschaftskammer.
... spendabler als im Vorjahr und wollen für den Liebestag rund 22 Millionen Euro - und damit um eine Million mehr als 2013 - ausgeben, ergab eine Umfrage der Wiener Wirtschaftskammer.
© KURIER / Franz Gruber

Wissenschaft & Blödsinn

Jetzt bestecht mich doch endlich!

Der Wissenschaft sollte man kein Wort glauben, sie ist nämlich fest in der Hand mächtiger Lobbys. Immer wieder erklärt man mir das – in Internetforen, in Mails, in wütenden Diskussionen.

Wissenschaftler und Skeptiker wie ich wollen übernatürlichen und paranormalen Behauptungen wissenschaftliche Zahlen und Fakten entgegensetzen. Dabei weiß man doch, dass Zahlen und Fakten mit der Wissenschaft in engem Kontakt stehen und daher in einer Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und dem Paranormalen nicht als unparteiische Schiedsrichter gelten können.

Kritisiere ich Heilsteine und Homöopathie, dann wirft man mir vor, von der Pharmalobby gekauft worden zu sein. Wenn ich anzweifle, dass man ein Perpetuum Mobile bauen kann, das Energie aus dem Nichts saugt und damit ein Auto antreibt, dann gelte ich als bezahlter Handlanger der Erdöllobby. Und nachdem ich mich als Physiker auch mit Atomen beschäftigt habe, muss ich sicher auch von der Atomlobby gekauft worden sein.

Das Traurige daran ist nur: Niemand will mich bezahlen. Ich schreibe einen Artikel nach dem anderen, in der Hoffnung, irgendein Pharmariese würde sich endlich mal nach meiner Kontonummer erkundigen – doch nichts. Kein Cent. Weder die Reptilienmenschen noch die Illuminaten, weder die Gentechnik-Lobby noch russische Erdgas-Oligarchen wollen mich finanzieren.

Wissenschaftler sind auch nur Menschen

Eines stimmt natürlich wirklich: Auch Leute, die in der Wissenschaft arbeiten, sind keine Heiligen. Sie haben persönliche Interessen, sie wollen Geld verdienen, sie möchten ihre Theorien gegen die der Konkurrenz durchsetzen. Manchmal werden in der Wissenschaft sogar Ergebnisse gefälscht, Zahlen geschönt oder Messergebnisse in den Papierkorb geworfen, weil sie nicht so recht zur eigenen Lieblingstheorie passen wollen.

Doch die Wissenschaft insgesamt ist so angelegt, dass solche Dinge früher oder später von selbst korrigiert werden. Schließlich kann man gerade in der Wissenschaft zu Ruhm, Ansehen und Forschungsgeld kommen, wenn man falsche Vorstellungen anderer Leute mit guten Argumenten widerlegt. Für brave Ja-Sager gibt es keinen Nobelpreis. Für das Verändern gängiger Lehrmeinungen aber sehr wohl.

Bestechungsversuche in der Wissenschaft wären daher wohl nur zielführend, wenn man ausnahmslos alle Wissenschaftler unter Kontrolle bringen könnte. Man müsste alle jungen Leute an den Universitäten irgendwann diskret zur Seite nehmen und ihnen klarmachen, was man messen darf und was nicht. Und man müsste alle irgendwie motivieren, mit dieser Information nicht sofort zu den Medien zu laufen. Jeder, der schon mal versucht hat, eine Überraschungsparty zu organisieren, weiß: Das mit dem Geheimhalten ist verdammt schwierig. Eine internationale Verschwörung, an der tausende Leute beteiligt sein müssen, lässt die menschliche Natur wohl einfach nicht zu.

Auch Snowden hat man nicht geglaubt

Doch seit kurzem gibt es einen Präzedenzfall für eine angeblich aufgedeckte Verschwörungstheorie, der immer wieder gerne als Vergleich zitiert wird: Wie ist das mit den Abhör-Skandalen, die uns in den letzten Jahren beschäftigen? Wenn staatliche Organisationen jahrelang unsere Kommunikation anzapfen, Daten sammeln und analysieren, ohne dass es die breite Bevölkerung registriert, könnten dann innerhalb der Wissenschaft nicht ähnlich obskure Dinge ablaufen?

Der Vergleich hinkt: Dass Information abgehört werden kann, war immer ein bekanntes Faktum, nur haben sich die Medien einfach lange nicht dafür interessiert. Wie es um die Sicherheit in der digitalen Welt bestellt ist, wusste jeder, der sich mit der Funktionsweise des Internet beschäftigt hat. Abhöreinrichtungen in großem Stil galten nie als wissenschaftlich unmöglich. Man braucht dafür weder Verschwörungen noch die Verletzung physikalischer Gesetze, man braucht bloß Geld, Personal und ausreichend Datenspeicher.

Dass unsere Privatsphäre bedroht wird, ist ärgerlich und gefährlich. Dass Abhör-Affären nun auch noch als Argument für antiwissenschaftliche Verschwörungstheorien herhalten müssen, vergrößert meinen Ärger darüber noch einmal zusätzlich.

Unsaubere Menschen, saubere Wissenschaft

Wissenschaftler können unehrlich, selbstsüchtig und dogmatisch sein. Die Wissenschaft insgesamt ist das aber nicht. Die Vorstellung, man könne wissenschaftliche Ergebnisse durch Verschwörungen geheim halten oder verändern, ist ziemlich lächerlich. Es gibt kein Wahrheitsministerium der Schulmedizin, das alternative Heilmethoden unterdrückt, kein Zentralkomitee der Gentechnologie, das ungeliebte Widersacher mundtot macht, keinen Kontrollausschuss der internationalen Physik, der mit eiserner Faust Leute entfernt, wenn sie sich nicht an den Energieerhaltungssatz halten. Der Energieerhaltungssatz kann gut für sich selbst sorgen.

Wir sollte die Triebkraft von Machthunger und Profitgier nie unterschätzen. Doch wissenschaftliche Fakten lassen sich auch dadurch nicht verbiegen. Und das ist doch eigentlich ein tröstlicher Gedanke.

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen schreibt er jeden zweiten Dienstag in der futurezone.

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Florian Aigner

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, schreibt er regelmäßig auf futurezone.at und in der Tageszeitung KURIER.

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