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ASFINAG

800 Kameras sollen Rettungsgasse überwachen

Immer wieder hat es seit der Einführung der Rettungsgasse im Jänner 2012 Probleme gegeben, zuletzt Ende März bei einer Massenkarambolage auf der Westautobahn (A1) nahe St. Pölten. Eine Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) soll nun die Möglichkeit für die Polizei schaffen, Lenker, die die Rettungsgasse ignorieren und jene, die sie widerrechtlich befahren, zu bestrafen. Insgesamt 800 Videokameras der Asfinag sollen für die Überwachung sorgen. „Die Exekutive muss ein Instrument bekommen, damit die Rettungsgasse funktioniert", sagte Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Rechtlich erst nach Novelle möglich
Die gesetzliche Grundlage für die Überwachung, die Novelle der StVO, hat Bures bereits dem Innenministerium übermittelt. „Ich hoffe, dass es in dieser Legislaturperiode noch beschlossen werden kann", sagte die Ministerin. Es habe laufend Gespräche gegeben. Bures geht davon aus, „dass die Exekutive in enger Kooperation die Möglichkeit nutzen wird". „Wir kommen damit auch einem immer wieder geäußerten Wunsch der Exekutive nach, die immer wieder beklagt hat, dass es schwer ist, bei einem Unfall auch noch die Rettungsgasse zu kontrollieren."

Mit einer umfassenden Medienkampagne sollen Autofahrer über die Neuerungen informiert werden. „Wir werden im ersten Halbjahr 2013 noch einmal eine knappe Million in die Hand nehmen", sagte Asfinag-Vorstand Klaus Schierhackl.

"50 Prozent des Netzes abgedeckt"
Die Videoüberwachung soll unter Einhaltung strenger datenschutzrechtlicher Kriterien erfolgen und „ausschließlich für Verwaltungsstrafverfahren bei Vorliegen eines konkreten Verdachts" verwendet werden, so Bures. Zudem dürfen die Aufnahmen nur so lange sie für die Strafverfolgung erforderlich sind gespeichert werden. „Unbeteiligte Personen und Kennzeichen müssen sofort unkenntlich gemacht werden", sagte Bures.

Insgesamt hat die Asfinag rund 800 schwenk- und zoombare Kameras im Freiland im Einsatz. Diese sind insbesondere im städtischen Bereich und an Unfallhäufungsstellen installiert und zeichnen nicht auf. In Summe sind damit „Pi mal Daumen 50 Prozent des Netzes abgedeckt", sagte Schierhackl. Diese sollen mit der Novelle von der Asfinag zur Verfügung gestellt werden, die Bearbeitung und Bedienung bei der Polizei erfolgen, so Schierhackl.

Polizist aktiviert Kamera
Mit den Kameras soll die Polizei über Videobedienstationen, die es bereits in Wien, Niederösterreich, Salzburg, Oberösterreich und Tirol gibt, bei einem Stau Lenker, die die Rettungsgasse befahren, ausforschen und anzeigen können. Ansonsten soll in den Landeskommandostellen der Polizei ein Computer dafür errichtet werden, sagte Bures.

Im Fall der Fälle sollen so Polizisten jene Kamera, die für den betroffenen Streckenabschnitt das beste Bild liefert, aktivieren, um damit die Videos aufzuzeichnen. Nach dem Stauende endet die Archivierung der Daten, in einem dritten Schritt werden die Aufzeichnungen ausgewertet, als Beweismittel gesichert und zur Anzeige gebracht.

Kritik: "Plan ist populistischer Unfug"
Der Plan des Verkehrsministeriums ist für Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten, ein „ganz unglaublicher populistischer Unfug, mit dem man versucht, eine Totgeburt wiederzubeleben“. Es gebe „sehr viele grundrechtliche Bedenken“ dagegen. Der Datenschützer glaubt nicht, dass eine derartige Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) halten würde.

Jede Aufzeichnung sei ein Eingriff in Grundrechte und in Österreich nur dann zulässig, wenn schon im vorhinein genau definiert wird, wofür die Überwachung genützt wird. Lediglich für schwerwiegende Fälle im Strafrecht können Kameras zusätzlich genützt werden, erläuterte Zeger. Die Verkehrskameras wurden für den Zweck installiert, um festzustellen, ob auf einem bestimmten Abschnitt viele Autos unterwegs sind etc. Des weiteren wurden sie so angebracht, dass die Verkehrsteilnehmer und Kennzeichen nicht erkennbar sind, denn das sei „für die Verkehrsüberwachung irrelevant“, so Zeger. Eine Umwidmung sieht der Datenschützer grundsätzlich problematisch.

"Reine Geldbeschaffungsaktion"
„Damit scheint man das Ziel der Rettungsgasse aus den Augen zu verlieren“, sagte Zeger. Dieses sei eine Erhöhung der Verkehrssicherheit und eine schnellere Anfahrt zum Unfallort und „nicht möglichst viel Körberlgeld zu bekommen“. Der Obmann sprach sich dafür aus, dass Einsatzkräfte die Kennzeichen jener Personen, die behindern, aufschreiben und zur Anzeige bringen können, „dagegen wäre nichts einzuwenden“.

Das die Überwachungsbänder im Nachhinein durchgesehen und Verfehlungen zur Anzeige gebracht werden sollen „wäre eine reine Geldbeschaffungsaktion“. „Ich vermute, würde man unter diesem Titel strafen und es wird Einspruch erhoben, so dass der VfGH so eine Regelung wieder aufheben würde“, sagte Zeger. Er verwies auf das Beispiel der Section Control, hier hatte der VfGH die elektronische Geschwindigkeitsmessung als rechtswidrig gewertet, da es dafür keine Verordnung gab.

Kritik von Mikl-Leitner und Neos
Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) äußerte Bedenken gegen den Vorschlag des Infrastukturministeriums. „Gerade im sensiblen Bereich des Datenschutzes halte ich Schnellschüsse jedenfalls für höchst bedenklich“, so Mikl-Leitner in einem Statement. „Ich denke, in erster Linie wäre es richtig, die Autofahrer besser zu informieren und nicht stattdessen flächendeckend zu überwachen.“

Die neue Partei NEOS, die bei der Bundesratswahl gemeinsam mit dem Liberalen Forum antreten wird, hat in einer Presseaussendung ebenfalls scharfe Kritik an der Umsetzung der Kontrollen geübt. So würde die manuelle Aktivierung der Kameras durch die Exekutive "geradezu zum Missbrauch einladen". Des weiteren würde ein Stau noch lange keine Videoüberwachung all jener Lenker rechtfertigen, die sich zufälligerweise gerade darin befinden. Außerdem könne man der Polizei "mit ihren beschränkten Ressourcen" ohnedies nicht zumuten, stundenlange Staubeobachtungen zu bewältigen.

"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser"
Vertreter der Einsatzkräfte begrüßten die Novelle der StVO. „Wie wir alle wissen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", sagte Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Samariterbundes. Der generalpräventive Aspekt stehe im Vordergrund. Für Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuz, ist die Bildung der Rettungsgasse „eine Frage der Verantwortung".

Wenn Patienten dadurch in einer vernünftigen Zeit erreicht werden können, könne man fünf, zehn, 20 Menschenleben zusätzlich retten. In Niederösterreich gibt es die Dienstanweisung, die Rettungsgasse rigoros zu benutzen, erläuterte Landesfeuerwehrkommandanten Dietmar Fahrfellner. Insbesondere in drei- und vierspurigen Bereichen gebe es noch Probleme bei der Bildung.

ÖAMTC: Regelung zu unklar
Auch ARBÖ-Generalsekträterin Lydia Ninz begrüßte, dass durch die Novelle „Kontrolle durch die Exekutive sichtbar ist" und dass diese auf „echte Gefahren reduziert wird" und nicht der Geldbeschaffung diene. Anders sieht die Videoüberwachung der ÖAMTC. Entgegen der Vorankündigung war kein Vertreter bei der Pressekonferenz anwesend. „Wir haben bis dato keinen Entwurf in den Händen", sagte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessensvertretung, im Gespräch mit der APA.

„Aus unserer Sicht ist es nicht zielführend, die Strafandrohung zu erhöhen, ohne vorher für Klarheit bei der Regelung zu sorgen." Für Autofahrer sei es noch zu unklar, wann die Rettungsgasse genau zu bilden ist. Die aktuelle Regelung sieht dies für stockenden Verkehr vor. Dafür gebe es allerdings „unterschiedliche Auslegungen", sagte Wiesinger.

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