Men typing in Whatsapp on Iphone
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Netzpolitik

Österreich lehnt EU-Pläne zur Chatkontrolle strikt ab

Damit Kinderpornos gefunden werden, sollen alle Chats aller EU-Bürger*innen überwacht werden. Das sieht eine Verordnung der EU-Kommission zur Bekämpfung von Kindesmissbrauchsdarstellungen im Netz vor. Darin ist die Verpflichtung der Anbieter von Kommunikationsdiensten enthalten, sämtliche Inhalte auf verdächtiges Material hin zu durchsuchen. Das soll insbesondere für Chatanbieter und Messengerdienste wie WhatsApp, Signal, Telegram & Co. gelten, aber auch für Telefonie, E-Mail oder Videokonferenzen. 

Österreich ist nun das erste EU-Land, das die von der EU-Kommission vorgelegte Verordnung wegen Grundrechtsbedenken klar ablehnt. Beschlossen wurde dies in einem EU-Unterausschuss des Nationalrats in einer Resolution. Der österreichische Parlamentarier Süleyman Zorba (Grüne) hatte sich politisch dafür eingesetzt. Sein Antrag für die Resolution wurde von einer Mehrheit von Abgeordneten der Grünen, ÖVP, SPÖ und Neos unterstützt und angenommen.

Ablehnung von Überwachung

Gefordert wird von der EU nun, dass die Verordnung grundrechtskonform ausgestaltet wird, und generelle Überwachungspflichten für Online-Anbieter ausgeschlossen werden. Zudem müsse die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Kommunikation bewahrt bleiben. In der derzeitigen Vorlage der EU-Kommission ist keine Ausnahme der Kontrolle für Dienste vorgesehen, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung beinhalten.

Der Beschluss des EU-Unterausschusses ist für Regierungsmitglieder insofern bindend, dass diese nur aus „zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen“ davon abweichen dürfen. Das österreichische Innenministerium sicherte zu, die Bedenken in den österreichischen Rechtsakt einarbeiten zu wollen. Die nächste Tagung des EU-Innenministerrats, wo die Chatkontrolle besprochen wird, soll Anfang Dezember stattfinden.

Bürgerrechtsorganisationen gegen Chatkontrolle

Bürgerrechtsorganisationen, die vor der Chatkontrolle seit Monaten warnen, sind erleichtert. „Ein guter Tag für das offene, freie Internet und die Privatsphäre“, nennt die Resolution etwa epicenter.works. „Die Gefahr, die von verpflichtenden Filtern ausgeht, die unsere gesamte Kommunikation scannen und noch dazu fehleranfällig sind, ist mit einer liberalen Demokratie nicht vereinbar“, heißt es weiters.

Der Chaos Computer Club (CCC) fordert nun die deutsche Bundesregierung auf, Österreich nachzueifern. „Nachdem die österreichische Politik in ihrem Votum ein klares Zeichen gegen die Chatkontrolle gesetzt hat, muss nun auch die deutsche Politik nachziehen und diesen gefährlichen und unsinnigen Plänen einen Riegel vorschieben.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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