ARCHIV - Das EU-Parlament in Straßburg, aufgenommen am 02.10.2008. Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an die EU. Das teilte das Nobelkomitee in Oslo am 12.10.2012 mit. Foto: Lars Halbauer +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - Das EU-Parlament in Straßburg, aufgenommen am 02.10.2008. Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an die EU. Das teilte das Nobelkomitee in Oslo am 12.10.2012 mit. Foto: Lars Halbauer +++(c) dpa - Bildfunk+++
© dpa/Lars Halbauer

PRISM

EU-Parlamentarier nehmen sich Europas Geheimdienste vor

Im Zuge der NSA-Abhöraffäre hat das Europaparlament am Donnerstag seine Augen wieder nach Europa gerichtet. Die Sitzung des bereits achten Sonderausschusses stellte die mögliche Massenüberwachung von EU-Bürgern durch europäische Geheimdienste in den Mittelpunkt. Eine entsprechende Studie wurde den Parlamentariern präsentiert.

Mitautor Sergio Carrera vom Centre for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel, betonte dabei, dass "Geheimdienstarbeit nicht nur eine nationale Angelegenheit" sei. Hier müssten die Grundrechte der EU-Charta zur Anwendung kommen.

"Massenüberwachung"

Sein Kollege Francesco Ragazzi von der niederländischen Universität Leiden sprach von einer Massenüberwachung, die gemeinsam von europäischen mit US-Geheimdiensten durchgeführt würde. Besonders der NSA und der britische Geheimdienst GCHQ würden stark kooperieren: "Wir wissen, dass PRISM-Daten auch zum GCHQ gehen". In der vorläufigen Studie vom September 2013 wurden neben Großbritannien, auch Frankreich, Deutschland, Schweden und die Niederlande untersucht.

Ragazzi unterstrich, dass Überwachungsmaßnahmen wenig für die Terrorbekämpfung gebracht hätten, jedoch aus jedem Bürger einen potenziell Verdächtigen machen würden. Dieses Vorgehen sei weder mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, noch mit den Werten der EU vereinbar. Carrera ergänzte, dass die Geheimdienstarbeit nicht nur eine nationale Angelegenheit sei. Es ginge auch im "die innere Sicherheit der EU" und nach deren Rechtssystem sei das Individuum Eigentümer der Daten und das Vorgehen diverser Geheimdienste daher nichts anderes als Datendiebstahl.

"Es wurde Unsicherheit produziert"

"Was jetzt passiert ist, dass Unsicherheit produziert wurde, mit der Verheißung, dass man mehr Sicherheit hat", kommentierte der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer die Studie. Ihn beunruhige die Vermischung von öffentlicher und privater Sphäre. So hob Weidenholzer die "freiwillige" Kooperation von Unternehmen mit Geheimdiensten im Zusammenhang mit der kommerziellen Nutzung der erspähten Daten hervor.

Als "das neue Gold" bezeichnete Ragazzi diesen wirtschaftlichen Wert von Daten, die von IT-Unternehmen als wesentliches Grundelement ihrer Tätigkeit verwendet würden. Das Vertrauen der Kunden sei hier durch die jüngsten Enthüllungen untergraben worden, die Verbraucherrechte stünden auf dem Spiel. Die NSA habe etwa Google-Daten auch in Europa angezapft. Freiwilligkeit sei jedenfalls nicht immer gegeben: "Wir haben Beweise, dass Unternehmen auch zur Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten gezwungen wurden", so Ragazzi und wies etwa auf den verschlüsselten und inzwischen eingestellten E-Maildienst Lavabit hin, dessen prominentester Kunde wohl US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden war.

Kodex gefordert

Als politische Empfehlungen forderte Carrera einen Kodex und eine Leitlinie für das transnationale Management von Daten. Die Zuständigkeit liege hierfür bei der EU. Es brauche ein europäisches Modell für den Austausch von Geheimdienstinformationen. Missbrauch sollte zum Ausschluss aus dem Informationskreis führen.

Hubert Pirker, Europaabgeordneter und Sicherheitssprecher der ÖVP, erneuerte am Rande des heutigen Hearings seine Forderung nach einer raschen Einrichtung einer Europäischen Spionageeinheit nach dem Modell von Europol. "Es ist naiv zu glauben, dass mit so genannten Anti-Spionage-Abkommen die Spionage zu verhindern wäre. Das einzige wirksame Mittel ist eine europäische Spionageabwehr."

Dahingehend hatte sich zuletzt auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding geäußert. Allerdings dürfte dafür eine Vertragsänderung nötig sein.

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