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Wettbewerb

Internet-Suche: Google droht Milliardenstrafe von EU

Die EU-Kommission verschärft ihre Gangart im Wettbewerbsstreit mit Google. Die Brüsseler Kartellwächter schickten am Mittwoch nach einer fast fünfjährigen Untersuchung ihre Beschwerdepunkte in einer Ermahnung an den US-Internetriesen, in denen sie dem Unternehmen missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschende Stellung bei allgemeinen Online-Suchdiensten vorwerfen. Google hat jetzt zehn Wochen Zeit, um darauf zu reagieren.

Bis zu 6,6 Milliarden Euro Strafe

In letzter Konsequenz droht Google ein EU-Bußgeld von aktuell bis zu 6,6 Milliarden Euro sowie Auflagen für sein Geschäftsmodell in Europa. Zudem nimmt die EU-Kommission in einer getrennten Untersuchung die Dominanz von Googles Betriebssystem Android unter die Lupe, das auf Smartphones und anderen mobilen Geräten läuft.

Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager betonte bei der Pressekonferenz in Brüssel, dass es ihr um eine faire und objektive, faktenbasierte Untersuchung gehe. Die bisherigen Untersuchungen würden zeigen, dass Google seine eigenen Anzeigen für Shopping-Dienste bei den Suchanfragen künstlich bevorzuge. „Konsumenten wollen aber das sehen, was für sie am relevantesten ist und Mitbewerber bekommen dadurch nicht die Aufmerksamkeit, die ihre Produkte verdienen“, sagte die Wettbewerbskommissarin.

"Dominanz ist noch kein Problem"

Der Internet-Konzern hat im Suchmaschinen-Geschäft in Europa einen Marktanteil von 90 Prozent. „Wir verwenden die Internet-Suche von Google, weil der Konzern sehr gute Produkte hat. Das ist auch wichtig. Dominanz an sich ist auch kein Problem“, sagte die Kommissarin. „Aber dominierende Unternehmen haben die Verantwortung, ihre Position nicht auszunutzen. Google muss seine eigenen Anzeigen für Shopping-Dienste wie die der Konkurrenz behandeln“, sagte Vestager.

Die Entscheidung, ob es tatsächlich zu einem Wettbewerbsverfahren kommen wird, wurde mit der Übermittlung des Ermahnungsschreibens aufgeschoben. Google hat nun die Gelegenheit, die EU-Kommission vom Gegenteil zu überzeugen. Aus der Rede der EU-Kommissarin ging zudem hervor, dass es der Kommission vor allem darum geht, Besserungen für Konsumenten und für Mitbewerber zu erreichen, und weniger darum, Google zu hohen Strafen zu verurteilen.

Angesichts der Geldreserven von über 60 Milliarden Dollar wäre für Google eine Milliardenstrafe zwar leicht zu stemmen, Veränderungen in der Suchmaschine könnten den Konzern aber empfindlich treffen: Google macht sein Geld nach wie vor hauptsächlich mit Anzeigen im Umfeld der Internet-Suche.

Google: User hat die Wahl

Google selbst berief sich in ihren Argumenten darauf, dass Internet-Nutzer jederzeit eine andere Suchmaschine wählen könnten. Eine aktuelle Stellungnahme verweigerte der Konzern. Laut dem Grünen EU-Abgeordneten Michel Reimon sei dies eine Irreführung. „Wenn andere Anbieter durch Google daran gehindert werden, zu wachsen und Informationen zu verbreiten, schrumpft die Vielfalt der Informationen im Netz. Das regelt sich nicht von selbst oder durch das Verhalten von Nutzern“, warnte Reimon. Der Abgeordnete begrüßte daher die Untersuchung der EU-Kommission. „Das ist nicht nur ein Kampf um mehr Wettbewerb, sondern um die Meinungsfreiheit“, fügte Reimon hinzu.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch zudem eine kartellrechtliche Untersuchung gegen Google hinsichtlich des Betriebssystems Android für mobile Geräte eingeleitet. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob Google in Bezug auf Betriebssysteme, Anwendungen und Dienste für intelligente Mobilgeräte wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen oder eine etwaige marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt hat.

Android-Untersuchung

„Ich möchte sicherstellen, dass die Märkte sich im Bereich der mobilen Betriebssysteme, Apps und Dienste entwickeln können, ohne dabei von einem Unternehmen durch wettbewerbswidrige Handlungen behindert zu werden“, sagte Vestager in Bezug auf die Untersuchung zu Android.

Google hatte sich mehrfach zu Zugeständnissen bereiterklärt, die Vestagers Vorgänger Joaquín Almunia ausreichend fand. In der Kommission gab es jedoch Widerstände gegen eine Einstellung der Untersuchung. Den Konkurrenten und Unternehmen aus der Medienbranche gingen Googles Zugeständnisse nicht weit genug. Sie wollen unter anderem einen prominenteren Platz bei der Anzeige von Suchergebnissen.

Microsoft-Urteil

Das bisher aufsehenerregendste Wettbewerbsverfahren in Brüssel betraf den Software-Riesen Microsoft, der am Ende über zwei Milliarden Euro bezahlen musste. Jetzt ist Microsoft, das weitgehend erfolglos Hunderte Millionen Dollar in seine eigene Suchmaschine steckte, unter den Google-Kritikern in dem EU-Verfahren.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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