Facebook-Chef soll vor US-Kongress und EU-Parlament aussagen
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Im Datenskandal bei Facebook muss sich Vorstandschef Mark Zuckerberg den kritischen Fragen der US-Abgeordneten stellen. Politiker von Republikanern und Demokraten erklärten am Donnerstag, bei einer Vernehmung von Facebook-Managern seien viele Fragen offen geblieben. Zuckerberg solle daher vor einem Kongress-Ausschuss aussagen.
Zudem drohen erste Werbekunden abzuspringen, obwohl sich Zuckerberg bei den Nutzern entschuldigte.
Entschuldigung nicht genug
"Das war ein großer Vertrauensbruch. Es tut mir wirklich leid, dass das passiert ist", sagte der milliardenschwere Gründer des Internetkonzerns in einem seiner seltenen Interviews dem Sender CNN. Der 33-Jährige kündigte an, den Zugriff von Entwicklern auf Nutzerdaten einzuschränken, Apps stärker zu kontrollieren und Mitgliedern die Datenhoheit zu vereinfachen. Er sei zu einer Aussage im US-Kongress bereit.
Ob dies ausreichen wird, einer schärferen Regulierung zu entgehen, ist fraglich. In mehreren Ländern laufen Untersuchungen, wie es zu der Datenpanne kam. In Deutschland kündigte Kanzleramtschef Helge Braun ein neues Datenrecht an. Für die Datennutzung müssten rasch gesellschaftlich ausgleichende Regelungen gefunden werden, sagte Braun dem "Handelsblatt". Justizministerin Katarina Barley bestellte europäische Facebook-Vertreter für kommende Woche zu einem Austausch ein. In Großbritannien forderte der für Digitales zuständige Minister Matt Hancock schärfere Gesetze. In den USA wie auch Europa mehren sich die Anzeichen, das im Sog des Skandals auch Google, Twitter und Microsoft ihren Umgang mit Daten ändern müssen.
EU: Fernbleiben wäre "großer Fehler"
EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani warnte Zuckerberg davor, die Einladung ins EU-Parlament zu einer Debatte über den Datenmissbrauch auszuschlagen. "Wir sind der wichtigste Markt und wir sind Gesetzgeber", sagte Tajani am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel. Ein Fernbleiben wäre "ein großer Fehler". Tajani wartet noch auf eine Antwort von Zuckerberg.
Der EU-Gipfel wird nach der Affäre auf Datenschutz für die EU-Bürger beharren. Dem Vernehmen nach soll eine entsprechende Passage auf Wunsch von Frankreich in die Gipfelerklärung aufgenommen werden. Der Gipfel soll demnach unterstreichen, dass soziale Netzwerke und digitale Plattformen transparente Praktiken sowie vollen Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Bürger garantieren müssen. Diese Frage soll zusammen mit anderen Digital-Themen wie Innovation und die Entwicklung digitaler Fähigkeiten von den EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem nächsten informellen Gipfeltreffen im Mai in Sofia behandelt werden.
Werbeboykott nach Skandal
Die Commerzbank stoppt wegen des Datenskandals ihre Werbung in dem Online-Netzwerk. "Wir pausieren mit Kampagnenschaltungen auf Facebook", sagte Markenchef Uwe Hellmann dem "Handelsblatt". Einem Bericht der Zeitung "The Times" zufolge droht die britische Werbewirtschafts-Vereinigung ISBA, die tausende Marken vertritt, mit einer Stornierung von Werbung, falls ein Datenmisssbrauch nachgewiesen werde.
Am Wochenende war bekannt geworden: Die Informationen von 50 Millionen Facebook-Mitgliedern von der britischen Analysefirma Cambridge Analytica mutmaßlich auf unlautere Weise eingesetzt wurden , um US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf zu unterstützen. Unklar ist, wie die Firma an die Daten kam und ob Facebook ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte. Zuckerberg will bei den nun angekündigten Änderungen aber nicht an das Herzstück seines Geschäfts gehen: Für Werbekunden gebe es keine wesentlichen Veränderungen bei der Nutzung von Facebook-Daten. Im vierten Quartal kamen 98 Prozent der Einnahmen des Unternehmens aus dem Werbegeschäft.
Die Facebook-Aktie verlor am Donnerstag an der Wall Street zeitweise 2,2 Prozent. Börsianer äußerten zwar Erleichterung darüber, dass es bisher keine grundsätzliche Änderung des Geschäftsmodells gebe. Sie zeigten sich aber besorgt über den Reputationsverlust des Unternehmens und die mutmaßlich hohen Kosten für das Aufpolieren des angekratzten Rufes.
Auch Google und Twitter im Visier
Während Facebook seit Monaten ohne großen Erfolg eine Transparenzoffensive betreibt, die den Konzern Millionen kostet, segeln die anderen großen Techkonzerne wie Google und Twitter bisher unter dem Radar. Diese 'Laissez-faire'-Politik im Umgang mit dem Zugriff von Drittparteien auf Daten dürfte sich bald ändern, sagte Branchenexperte Jason Costa, der lange für Google und Twitter das Geschäft mit APIs verantwortete, also den Schnittstellen, über die die Datenübergabe abläuft.
Viele Unternehmen, darunter Twitter, Microsofts LinkedIn und eben auch Facebook, haben den Zugriff von Drittparteien zwar bereits eingeschränkt. Nur eben die Einhaltung der Vorgaben sei kaum kontrolliert worden, sagte ein früherer Mitarbeiter des Netzwerks, der nicht näher genannt werden wollte. "Es kommen jetzt Dinge ans Licht über den Datenaustausch, die lange normal waren", sagte auch der Entwickler der Foto-App Boomerang, Alex Moore.
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