In der Türkei ist der Zugang zu Wikipedia nach wie vor blockiert
In der Türkei ist der Zugang zu Wikipedia nach wie vor blockiert
© Wikipedia/Montage

Zensur

Gericht: Wikipedia bleibt in der Türkei gesperrt

Die Blockade des Online-Lexikons Wikipedia in der Türkei bleibt bestehen. Ein Gericht in Ankara wies am Freitag eine Beschwerde der Wikimedia-Stiftung zurück, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.

Die Richter begründeten ihre Einscheidung mit zwei Wikipedia-Einträgen, in denen der Türkei vorgeworfen wird, Terrororganisationen zu unterstützen und den Bürgerkrieg in Syrien mitverursacht zu haben. Wikipedia ist in der Türkei seit fast einer Woche gesperrt.

Die Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologie hatte den Zugang zu der Online-Enzyklopädie am vergangenen Samstag per Verwaltungsanordnung blockiert. Am Montag wurde die Entscheidung von einem Gericht bestätigt, die Betreiber der Seite legten daraufhin Einspruch ein. Die Sperre verstoße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, argumentierte die Wikimedia-Stiftung.

Einspruch zurückgewiesen

Das Gericht in Ankara wies den Einspruch nun aber zurück. Die Meinungsfreiheit sei zwar ein Grundrecht, unter bestimmten Bedingungen könne sie aber eingeschränkt werden. Zudem erlaube es der seit dem gescheiterten Putschversuch geltende Ausnahmezustand, zeitweise entsprechende Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention außer Kraft zu setzen.

Konkret bezogen sich die Richter auf zwei Einträge in der englischen Wikipedia-Version. Darin werde die Türkei als "einer der Akteure, die den Bürgerkrieg in Syrien initiiert haben" dargestellt. Zudem werde Ankara beschuldigt, "Terrorgruppen zu unterstützen und zu bewaffnen". Dies schade "dem Ansehen" der Türkei, erklärten die Richter. Die Türkei hat den Vorwurf, jihadistische Gruppen in Syrien zu unterstützen, stets zurückgewiesen.

Die Blockade der kompletten Wikipedia-Website rechtfertigte das Gericht mit technischen Problemen. Es sei nicht möglich gewesen, nur die beiden beanstandeten Artikel zu sperren. Das Onlinelexikon ist derzeit nur mit Hilfe technischer Mittel wie VPN-Verbindungen erreichbar. Doch auch diese Verbindungen würden zunehmend blockiert, klagten Nutzer.

Zensur

Die Türkei steht seit Langem wegen der Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in der Kritik. Der Regierung in Ankara wird immer wieder vorgeworfen, nach Anschlägen und Demonstrationen vorübergehend den Zugang zum Internet zu blockieren.

In der Vergangenheit waren vor allem soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter betroffen, aber auch das Videoportal YouTube und der Messaging-Dienst WhatsApp wurden bereits zeitweise gesperrt. In der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) rutschte die Türkei um vier Plätze auf Rang 155 ab. Rund 150 Journalisten sitzen derzeit in türkischen Gefängnissen, unter ihnen der deutsch-türkische "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare