Mindestens fünf Trojaner-Einsätze in Bayern
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In Bayern gab es mindestens fünf Trojaner-Einsätze. Damit überwachten sie nicht nur E-Mails und Internettelefonate, sondern nahmen auch Zehntausende von Bildschirmfotos auf. Rekord waren in einem der Ermittlungsverfahren 29.589 solcher Screenshots. In allen fünf Fällen war der Einsatz der sogenannten Trojaner richterlich genehmigt, wie es das Gesetz vorschreibt.
Bei den Verfahren in München, Landshut, Nürnberg und Augsburg ging es um Doping, Drogen, Hehlerei und eine Bande von Internet-Betrügern, die geschätzt 80.000 bis 120.000 Menschen um eine Summe von insgesamt 10 bis 30 Millionen Euro geprellt haben soll.
Im Behördenjargon heißt die Online-Überwachung TKÜ - Telekommunikationsüberwachung. Rechtlich umstritten ist aber, was die Genehmigung zur TKÜ eigentlich bedeutet. Das Landgericht Landshut kam im Januar in einem der fünf Fälle zu der Auffassung, dass das Aufnehmen von Bildschirmfotos rechtswidrig war.
Höchst umstritten
Denn deren Aufnahme geht laut Gericht über die genehmigte Überwachung der Telekommunikation hinaus. Das Landesinnenministerium hingegen argumentiert, dass die TKÜ-Genehmigung auch Bildschirmfotos umfasst - und verweist darauf, dass es dazu noch keine höchstrichterliche Entscheidung gibt.
Das Ministerium vertritt deswegen die Auffassung, dass der Einsatz der Software auch mit extra Screenshot-Funktion nicht rechtswidrig ist: „Das beim Bayerischen Landeskriminalamt durchgeführte umfangreiche Qualitätsmanagement stellt sicher, dass die eingesetzte Software nur die im richterlichen Beschluss geforderten Leistungen erbringt“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an die Landtags-Grünen.
Datenschützer will Einsatz prüfen
Der Baden-Württembergs Landesdatenschützer Jörg Klingbeil hat nun eine Überprüfung des Einsatzes von Trojaner-Software in seinem Bundesland angekündigt. „Wir wollen kontrollieren, ob die Überwachung von Telefon- und Mail-Kommunikation sich im gesetzlichen Rahmen bewegt hat“, sagte Klingbeil am Dienstag in Stuttgart. Zu klären sei, ob die Überwachung 2009 und 2010 über die richterliche Anordnung hinausgegangen sei.
Innenminister Reinhold Gall (SPD) hatte dies bestritten. Er betonte, die von Ermittlern verwendete Spionage-Software sei in jedem Einzelfall so programmiert worden, dass sie den Vorgaben des Gerichts entsprochen habe. Der Einsatz der Software war aber am Montag vorsorglich gestoppt worden.
Klingbeil sagte, er gehe nicht davon aus, dass es im Südwesten eine echte Online-Durchsuchung von Rechnern gegeben habe. Das baden-württembergische Polizeigesetz liefere dafür keine Handhabe. Von besonderem Interesse sei es, zu erfahren, ob etwa Dateien auf den Computern der überwachten Verdächtigen kopiert oder verändert wurden - dies wäre nicht gedeckt durch die gesetzlichen Vorgaben für die sogenannte Quellen-Telefonkommunikationsüberwachung.
Der in die Schlagzeilen geratene „Trojaner“ funktioniert ähnlich wie Programme, die Kriminelle zum Ausspähen etwa von persönlichen Bankdaten nutzen. Die vom Chaos Computer Club beanstandete, in Bayern und Baden-Württemberg genutzte Software enthält nach dessen Angaben weit über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Funktionen.
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